Der Infekt
Auftragsforschung betrieb.
In der dritten Schublade stieß der Australier allerdings auf Namen, von denen er noch nie etwas gehört hatte. Er zog einige der Hängeordner heraus und warf einen Blick hinein. Sie enthielten allesamt nur wenige Blätter Papier, meist Kopien von irgendwelchen Verträgen und Blunstones Notizen dazu. Der Hauptteil der Unterlagen beschäftigte sich mit einer Firma namens Breedwell Farms Inc. Lundquist runzelte die Stirn. Wo saßen die denn? In Uruguay?
Er steckte die Papiere zurück und zog den untersten Schub auf. Ah, sieh an, dachte er, da haben wir's ja! Royal Army stand auf dem weißen Aktenreiter. Lundquist blickte in die Hängeordner und zog vor Enttäuschung ein langes Gesicht. Leer!
Er sah sich um. Der Wandsafe! Sicher bewahrte Blunstone Papiere solcher Art im Safe auf. Lundquist seufzte. An den Safe traute er sich nicht heran, denn der war mit größter Wahrscheinlichkeit an die Alarmanlage gekoppelt.
»Scheiße!« fluchte er leise, drückte die unterste Schublade wieder zu und begann dann, die Hängeordner einzeln nach nebenan unter den Schreibtisch zu tragen und zu fotografieren. Zwischendurch mußte er eine kleine Pause einlegen, denn es war 3 Uhr geworden und der nächste Kontrollgang war fällig.
Um 3.46 Uhr hatte der Australier die zweiundsiebzig Mikroaufnahmen im Kasten. Er sperrte die Verbindungstür zum Aktenraum zu, hängte die Übergardine in Blunstones Büro wieder auf und stellte die Ordnung auf dem Schreibtisch des Interclone- Chefs wieder so her, wie er sie vorgefunden hatte. Dann packte er sein Einbrecherwerkzeug zusammen und widmete sich der Mikrofilmkamera. Er spulte den Film zurück, holte den winzigen Film heraus und steckte ihn in eine passende silberne Metalldose mit Schraubdeckel. Die wasserdichte Spezialanfertigung schützte den Film vor Licht, Nässe und Strahlung, letzteres vor allem wegen der Strahlungsdetektoren auf den Flughäfen. Dann verbarg er die silberne Kapsel in seiner Hosentasche und wartete auf den Wachmann, der um 4 Uhr wieder durch die Flure gehen sollte.
Um 4.10 Uhr wurde Lundquist langsam unruhig. Der Wachmann kam nicht. Vielleicht ist er eingenickt, dachte Lundquist, aber im selben Moment fiel ihm ein, daß das nicht so einfach möglich war, mußte der Mann doch zu bestimmten Zeiten von verschiedenen Punkten im Gebäude aus per Spezialschlüssel dem Computersystem mitteilen, daß der Kontrollgang ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Geschah das nicht, würden die Sirenen zu heulen beginnen.
Aber der Wachmann war nicht zu sehen, und die Alarmanlage schwieg trotzdem.
Langsam wurde Lundquist klar, daß der Mann im Wachhaus die Alarmanlage abgeschaltet haben mußte, denn sonst hätte es bereits mächtig geklingelt. Aber wieso, verdammt? Der Idiot brachte seinen ganzen Zeitplan durcheinander!
Nach weiteren zehn Minuten kam er zu dem Schluß, daß der Kontrollgang um 4 Uhr schlichtweg ausgefallen war, womöglich wegen Unlust des Wachhabenden. Auf jeden Fall mußte etwas passieren. Einfach hier zu bleiben war sicher keine gute Idee.
Vorsichtig schloß er mit dem Nachschlüssel die Tür zum Flur auf. Draußen war alles ruhig und dunkel. Er zog die Tür ins Schloß und versperrte sie von außen. Dann ging er leise zum Foyer und spähte hinaus in die Nacht. Im Wachhaus sah alles ganz normal aus. Der Wachhabende saß an seinem Tisch und blätterte in einem Magazin. Wieso war der Kerl bloß nicht auf Kontrolle gegangen?
Lundquist schlich leise zur Sicherheitsschleuse des Labortrakts. Nachdem er die Stahltür mit der Magnetkarte geöffnet hatte, eilte er zu seiner Bürotür und trat ein, ohne sich noch einmal umzublicken.
Das hätte er allerdings besser getan, denn in dem Moment, als er seine Tür schloß, öffnete sich lautlos die Tür der Herrentoilette.
Lundquist hatte unterdessen die Mikrofilmkamera im Schreibtisch untergebracht, verstaute sein Werkzeug im Geheimfach seines Aktenkoffers und setzte sich auf den Drehsessel, um den nahenden Morgen zu erwarten.
Gegen halb acht würde er zum Tor gehen und ein wenig mit dem Wachhabenden plaudern. Dabei konnte er unauffällig seine Magnetkarte in das Lesegerät schieben und so erreichen, daß der Computer die morgendliche Ankunft des Dr. Stan Lundquist registrierte.
Die Aufnahmen hatte er auf jeden Fall im Kasten. Und am Abend würde er sie entwickeln und sich den ganzen Kram zu Gemüte führen. Der Australier streckte die Beine aus und legte sich im Sessel zurück.
Im selben Moment hörte
Weitere Kostenlose Bücher