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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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seit dem Auftauchen des Wesens vergangen waren. Irgendjemand stand vor ihm und starrte ihn an. Es war Gasam, der ihm ein höhnisches Grinsen schenkte. Dann wandte er sich ab und gesellte sich zu den übrigen Kriegern.
    Er hofft, dass ich sterbe, dachte Hael, dessen Benommenheit gewichen war. In diesem Augenblick ergriff ihn ein unbändiger Lebenswille. Gasam durfte nicht die Oberhand behalten. Hael stützte sich auf einen Ellenbogen, um die Kämpfenden beobachten zu können. Mindestens vierzig junge Krieger umringten den Langhals. Sie fieberten danach, den Gegner zu töten, mussten aber gebührenden Abstand wahren, um nicht zermalmt zu werden. Gasam lief umher, laute Befehle ausrufend, wagte sich jedoch nie nahe genug heran, um in die Reichweite des Wesens zu gelangen.
    Donnergrollen war zu hören, obwohl der Nachthimmel wolkenlos und klar blieb. Dann begriff Hael, dass es sich um die heranstürmenden älteren Krieger handelte, die mit den Speergriffen auf die Schilde schlugen.
    Ihm wurde schwindlig, und er schüttelte den Kopf, um wieder klar sehen zu können. Endlich erkannte er die aus der Dunkelheit auftauchenden Schilde und sah das Leuchten der Fackeln. Der Langhals schlug wild um sich und kreischte fortwährend. Blut floss aus zahlreichen Wunden am Hals, dem Kopf, den Flanken und Beinen. Das Feuer blendete ihn, und die breiten Schilde schienen ihn zu verwirren. Wütend und verunsichert suchte er nach einem Fluchtweg. Auf der Seite, die der Herde abgewandt war, befanden sich nur wenige Männer. Der Langhals brach den Kampf ab, warf sich herum und sprang nach vorn. Die flinkeren Krieger sprangen zur Seite, als hätten sie den Angriff erwartet, aber drei ältere Männer, durch die schweren Schilde behindert, stolperten und stürzten zu Boden. Instinktiv zogen sie Köpfe und Beine unter die Schilde, wie es auch Brauch war, wenn ein Krieger den Lockvogel für eine große Raubkatze spielte, die sich auf den Schild stürzte, während seine Gefährten sie mit ihren Speeren durchbohrten. Urplötzlich, so schnell, wie er gekommen war, war der Langhals verschwunden.
    Das Geschrei verstummte. Ein paar Männer schleuderten ihre Waffen in die Richtung, in der sie den Feind vermuteten. Minda rief mit befehlender Stimme: »Nicht verfolgen! Versucht nicht, ihn in der Dunkelheit zu jagen! Bei Tageslicht werden wir nach ihm suchen. Bringt die Verwundeten zum Feuer.«
    Jubelrufe schallten durch die Nacht, und die Krieger stimmten Triumphgesänge an. Speere und Schilde wurden freudig in die Höhe gerissen, und die jungen Burschen tanzten übermütig im Kreis. Nach einer Weile unterbrach die schrille Stimme einer Frau das Freudenfest.
    »Wir arbeiten hier, und inzwischen hätten uns sämtliche Raubkatzen und Streiflinge fressen können, während ihr Narren fröhlich umherspringt! Auch wenn wir Frauen euch gleich sind, solltet ihr wenigstens Sorge um das Vieh haben. Kommt sofort zurück!«
    Lachend kehrten die Männer auf ihre Wachtposten zurück. Raba und ein älterer Krieger ergriffen Hael bei den Armen und zogen ihn auf die Füße. Bis zu diesem Augenblick hatte er vor Angst und Aufregung nichts gespürt, aber nun überflutete ihn der Schmerz mit aller Gewalt, und er musste sich anstrengen, um nicht laut aufzuschreien. Das rechte Bein stand von der Hüfte bis zum Knie in Flammen, aber das war nur eine Wunde von vielen. Von Kopf bis Fuß bestand er aus Schmerzen und war mehrfach kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren, ehe sie das Lagerfeuer erreichten. Als man ihn niederlegte, war er dankbar für die wärmenden Flammen, denn trotz der milden Nachtluft zitterte und fröstelte Hael.
    Die Knaben, die das Feuer in Gang hielten, hatten Taschen und Beutel mit Gras gestopft, um Rückenstützen für die Verwundeten herzustellen. Pendu stieß den Speer in den Boden und sah Hael an. »Den lasse ich hier, damit wir morgen früh sofort wissen, um wessen Leichnam es sich handelt. Dein Gesicht sieht im Augenblick gar nicht gut aus. Und wenn sich erst die Totenstarre einstellt, wäre es wirklich unangenehm für deine Brüder, dich noch mal ansehen zu müssen.«
    »Ich werde mich dereinst mit deinen Witwen auf deinem Grab vergnügen«, erwiderte Hael matt.
    Pendu lachte und ging davon. »Er wird schon wieder«, sagte er zu einem Gefährten. »Er ist genauso unverschämt und beleidigend wie immer.«
    Hael war sich dessen nicht so sicher. Im Feuerschein sah er, dass sich vier tiefe Pässe über seinen Oberschenkel zogen. Sie bluteten nicht

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