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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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eine Peitsche, die einem Mann mit einem Schlag das Rückgrat brechen konnte. Glücklicherweise tauchten diese Wesen sehr selten auf, nur ungefähr alle zehn Jahre einmal suchten sie Herden oder Dörfer heim. Am schlimmsten war die Tatsache, dass Langhälsen eine überaus große magische Bedeutung beigemessen wurde, und es war, außer unter ganz besonderen Umständen, strengstens verboten, eines dieser Tiere zu töten. Bisher war das auch eingehalten worden, daher gab es keine Langhalsbruderschaft.
    Wenige Minuten später trafen die Ältesten in Begleitung der wichtigsten erwachsenen Krieger ein, die ihre Schilde mit sich brachten. Auch Tata Mal war bei ihnen.
    Minda, der Sprecher des Rates, packte Tusa bei der Schulter. »Erzähl uns ganz genau, was du gesehen hast.«
    Der junge Mann hatte sich inzwischen wieder erholt. »Heute Nachmittag, als die Sonne den Zenit überschritten hatte, erspähten unsere Wachen eine Bewegung im Gras. Etwas Großes schlich sich an. Es hob den Kopf nicht alle paar Schritte in die Höhe, wie es eine Katze tut, und es war auch nur ein Tier, keine Horde, wie es bei den Aasfressern der Fall ist. Die Wachen folgten der Spur und stießen schon bald auf Dunghaufen, wie sie sie nie zuvor erblickt hatten und rochen ekelhaft stinkenden Urin. Die Tatzenabdrücke waren riesengroß.« Er hielt die Hände acht Zoll weit auseinander. »Die Späher sahen die Eindrücke starker Klauen. Also vermag das Tier sie nicht einzuziehen wie die Katzen ihre Krallen. Sie waren sich sicher, dass es sich um einen Langhals handeln müsse, riefen aber vorsichtshalber einen alten Jäger herbei, der in unserem Dorf lebt. Er bestätigte ihre Vermutungen. Unsere schnellsten Läufer wurden in die umliegenden Ortschaften geschickt. Da ich der schnellste bin, sandte man mich zu euch, denn der Langhals scheint sich in diese Richtung zu schleichen.«
    Tusa holte tief Luft. Noch immer war er schweißüberströmt. »Mein Totem verlieh mir größtmögliche Schnelligkeit. Ich fürchtete bei jedem Schritt, der Kreatur gegenüberzustehen.«
    »Du bist ein tapferer Bursche«, sagte Minda. Dann wandte er sich an die Nachtkatzen. »Wer von euch ist der beste Läufer? Luo? Eile nach Norden und warne die Leute von Motuta. In diesem Jahr kalben ihre Kaggas südlich des Dorfes. Du müsstest ihre Feuer erblicken, ehe du unsere aus den Augen verlierst. Lauf so schnell wie der Wind.« Wortlos stürmte Luo davon.
    Der Anführer sah besorgt aus. »Tata Mal, was sollen wir tun? Ein Langhals, der frisches Blut wittert, gerät in Raserei und tötet so lange, bis jedwedes Leben erloschen ist.«
    »Es ist die Zeit des Kalbens, Minda. Die Rituale der Frauen sind vollzogen, die Geburten finden statt. In dieser Zeit ist kein Tier heilig und wird nicht verschont, wenn es Menschen oder Vieh angreift – nicht einmal ein Langhals.«
    Zu jedem anderen Zeitpunkt war die Tötung eines Langhalses ein schreckliches Verbrechen und nicht einmal zur Selbstverteidigung gestattet. Wurde der Übeltäter nicht sofort umgebracht, konnte die Reinigung von dieser Tat Jahre dauern.
    »Heute Nacht und in der ganzen Zeit, in der die Kälber zur Welt kommen, darf der Langhals getötet werden, wenn er angreift, und jene, die ihn erlegen, sollen mit Ruhm und Ehre überhäuft werden.«
    »Gut. Das habe ich auch angenommen, wollte es aber von deinen Lippen hören. Krieger!« Die älteren Männer schlugen mit den Speeren gegen die Schilde. »Geht hin und warnt alle Menschen. Sorgt dafür, dass die Außenposten ganz besonders auf der Hut sind. Wenn das Tier angreift, müssen alle sofort zur Stelle sein, um es zu bekämpfen. Aber es darf keinen falschen Alarm geben. In dieser Nacht wird jeder Knabe in. jedem Schatten einen Langhals sehen. Und bitte keine Einzelkämpfe! Ein Mann mit seinem Speer ist kein Gegner für eine derartige Kreatur. Als ich noch jung war, töteten die Graskatzen einen Langhals, der die Frauen am Wasserloch angriff. Fünf Krieger durchbohrten ihn mit ihren Speeren, doch er tötete noch zwei weitere Männer, ehe er verendete. Die drei Überlebenden mussten sich ein Jahr in die Einöde zurückziehen, um sich zu reinigen.«
    »Da haben sie Glück gehabt«, bemerkte Tata Mal. »Die Geisterbeschwörer entschieden, dass die beiden toten Krieger die größte Schuld traf. Es gibt bedeutend Schlimmeres, als ein Jahr zurückgezogen zu leben.«
    Die älteren Krieger eilten davon, und die Ältesten berieten sich mit leisen Stimmen. Der Bote setzte sich auf den Boden, und

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