Der Insulaner
war wunderschön; ihr Gesicht zeigte jedoch bereits die ersten Spuren von Verlebtheit. Über dem prächtigen Mieder wölbten sich die Brüste, so dass die dunklen Brustwarzen ein wenig zu sehen waren. Meletta hatte dem angebotenen Wein bereits heftig zugesprochen.
Nachdem er Hael bekannt gemacht hatte, sagte Pashir: »Meine Tochter hat mir von eigenartigen Begebenheiten erzählt, die sich heute Nachmittag bei den Ställen zutrugen. Und zwar so eigenartig, dass ich es nicht geglaubt hätte, wenn ich es nicht aus Shazads eigenem Mund vernommen hätte.«
»Oh, das müsst Ihr mir erzählen«, sagte Meletta, lächelte Hael an und warf ihm einen so eindeutigen Blick zu, dass sich der Junge fragte, ob sich ihr Ehemann nicht erzürnt. Der Botschafter sah allerdings nur höchst gelangweilt drein.
»Es war ungeheuer spannend«, verkündete Shazad. Atemlos und mit vielen Ausschmückungen versehen, beschrieb sie Haels Reitkünste auf dem halbwilden Mondfeuer und erwähnte mehrmals, dass es sich um einen blutigen Anfänger handelte.
»Ich musste unzählige, recht schmerzhafte Reitstunden hinter mich bringen, ehe ich ein Cabo reiten konnte«, erklärte Pashir, als die Geschichte zu Ende war. »Ist es wirklich wahr, dass du heute zum ersten Mal eines gesehen hast?«
»Das ist wahr, aber ich entstamme einem Hirtenvolk und bin mein Leben lang mit Tieren umgegangen. Vielleicht hat das Cabo es gespürt.« Obwohl er ein Ausgestoßener seines Volkes war, wollte Hael nicht mit Fremden über die Geisterwelt sprechen.
»Unglaublich!« staunte Pashir. Als der erste Gang serviert wurde, lenkte er das Gespräch auf eine Expedition, die Shong gerade plante. Anscheinend war der Kaufmann gleichzeitig ein Abenteurer, der unerschlossene Gebiete für die Nevaner erforschte, die sich etwaige Reichtümer des Neulandes zunutze machten. Hauptsächlich handelte der Mann aus Gewinnsucht, denn eine Expedition war sehr kostspielig, wurde aber meist vom König unterstützt. Selbst wenn keine lohnenswerte Ware nach Neva gebracht wurde, waren die Nachrichten über das bisher unerforschte Gebiet wertvoll.
»Welche Route wollt Ihr nehmen?« erkundigte sich Pashir.
»Nach Nordosten, durch Omia und über die Berge, bis ins Hochland von Dakos. Das Land ist gänzlich unbekannt, nur Jäger und Fallensteller hausen dort. Vielleicht birgt es Reichtümer.«
»Vielleicht erweist es sich auch als wertlos«, warf Shazad ein.
»Ganz gleich«, meinte ihr Vater, »es wäre gut, wenn wir mehr darüber wüssten. Seine Majestät, König Oland von Omia, hat uns gnädigerweise gestattet, dass die Expedition auf dem Hin- und Rückweg sein Land durchqueren darf.«
Marakh lächelte. »Das tat er mit großer Freude, da ihm die friedlichen und erquicklichen Beziehungen unserer beiden Länder sehr am Herzen liegen.«
Hael hatte den Verdacht, dass hinter dieser Herzlichkeit entschieden mehr lag als nur Freude über die guten Beziehungen zwischen Neva und Omia. Sein Volk war nicht so primitiv, dass er kein Gespür für ein falsches Lächeln und gespielte Freundlichkeit gehabt hätte. Anscheinend glaubten diese Leute hier, er sei zu unschuldig, um sie zu durchschauen. Wenn das der Fall war, ergab sich daraus ein Vorteil für Hael, der sich an diesem fremden Ort bestimmt einmal als hilfreich erweisen konnte.
»Hael«, sprach ihn Pashir an. »Ich erwähnte bereits, dass es eine Arbeit für dich geben könnte, die deiner Abenteuerlust entgegen kommt. Wie findest du meinen Vorschlag? Würdest du gern an der Expedition des Kaufmanns Shong teilnehmen? Ein erfahrener Krieger ist immer willkommen, und einer, der so geschickt mit Tieren umzugehen weiß wie du, scheint mir doppelt so wertvoll. Außerdem könntest du mir einen besonderen Dienst erweisen.«
»Das hört sich in der Tat gut an«, antwortete Hael. »Welchen Dienst meinst du?«
»Bei deiner Rückkehr erstattest du mir einen genauen Bericht. Verschiedene Männer sehen unterschiedliche Dinge. Unser verehrter Shong ist ein Kaufmann, der über bemerkenswerte Weitsicht verfügt. Wenn er wieder daheim ist, weiß er alles über Handelswaren und was die Eingeborenen uns anbieten können und was sie als Gegenleistung von uns erwarten. Er wird alle einheimischen Händler kennen, die Gesetze und Tarife, wenn es sich um einen geordneten Staat handelt, und auch die Beamten und die Dinge, mit denen wir uns in Zukunft abgeben müssen. Ein königlicher Kartograph wird die Expedition begleiten, vielleicht auch ein Pflanzenkundler, der nach
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