Der italienische Geliebte (German Edition)
Details verschone.«
»Du brauchst nicht gleich aufzubrausen, Rebecca.«
»Tue ich doch gar nicht. Ich stelle lediglich eine Tatsache fest.«
Danach trat einen Moment gespanntes Schweigen ein. Mrs. Fainlight schien starr vor Zorn. Dann brach es aus ihr heraus.
»Wenn wenigstens ein Kind da gewesen wäre. Dieser niedliche kleine Junge vorhin! Das wäre wenigstens eine kleine Entschädigung gewesen.«
Auch Rebeccas Zorn kochte jetzt über. »Ein Kind?«, wiederholte sie. »Willst du wissen, warum es kein Kind gibt? Ich sag’s dir. Weil ich keine Kinder bekommen kann.« Ihre Stimme schwoll an. »Wir haben in unserer Ehe die Verhütung jahrelang auf die leichte Schulter genommen –«
»Rebecca!«
»– und nichts ist passiert. Milo hat jetzt ein Kind, wusstest du das?«
Mrs. Fainlight sah erschrocken aus. »Nein«, flüsterte sie.
»Ja, er hat ein Kind. Er hat wieder geheiratet, vor anderthalb Jahren. Ich habe es dir nicht erzählt, weil ich deine Häme kenne. Er hat eine Amerikanerin geheiratet und unterrichtet an einer amerikanischen Universität, und sie haben ein kleine Tochter, die Helen heißt. Es war meine Schuld, dass wir keine Kinder hatte, nicht Milos. Meine ganz allein.«
Rebecca lief aus dem Wintergarten. Sie nahm ihre Jacke vom Haken und ging durch die Küche hinaus. Es kostete sie große Anstrengung, die Tür nicht hinter sich zuzuknallen.
Hinter dem Garten lagen Felder. Durch ihre Tränen konnte Rebecca den wogenden Weizen des Felds, an dem sie vorbeiging, nur verschwommen erkennen. Ihr Hand zitterte, als sie sich die Nase schnäuzte.
Von Milos Wiederverheiratung hatte sie von Milo selbst erfahren. Er hatte ihr geschrieben, dass er eine Frau namens Mona Greer heiraten werde, die er in Boston kennengelernt hatte, wo er jetzt unterrichtete. Rebecca vermutete, dass Mona Greer eine seiner Studentinnen gewesen war.
Von dem Kind hatte sie durch Roger Thoday, Milos Verleger, erfahren. Sie war ihm eines Tages in der Buchhandlung Hatchards begegnet, als sie in London gewesen war, um Simone Campbell zu besuchen. Milo und Mona, hatte Roger erzählt, hatten eine kleine Tochter bekommen, die sie Helen genannt hatten. »Ich dachte, du würdest es nicht aus dem Klappentext eines Buchs erfahren wollen«, hatte Roger hinzugefügt. »Wobei es heutzutage verdammt schwierig ist, überhaupt etwas zu veröffentlichen. Und Milos letzte beide Bücher sind leider nicht so gut gegangen.«
Ein Kind. Eine Tochter. Helen Rycroft . Sie hatte sich einzureden versucht, es mache ihr nichts aus. Milo habe nichts mehr mit ihr zu tun. Und wie typisch für Milo, hatte sie gedacht, sich nach Amerika davonzumachen, als das Leben hier durch den Krieg schwierig wurde.
Als sie jetzt einen Feldrain entlangstolperte, fragte sie sich, ob es ihr nicht doch etwas ausmachte. Milo hatte eine angesehene Stellung an einer amerikanischen Universität, eine neue Frau und eine kleine Tochter. Ein Kind, das das verlorene Kind ersetzte. Während sie sich immer noch abstrampelte, hatte Milo sich ein neues Leben aufgebaut. Sie hatte nichts.
Sie durchquerte ein kleines Waldstück und geriet auf einen Trampelpfad zwischen hohen Hecken, in denen Jelängerjelieber und Hundsrosen wuchsen. Es hatte die ganze Woche nicht geregnet, und der Matsch auf dem tiefgefurchten Weg war hart geworden. Rebecca ging weiter, und während sie bei jedem Schritt den harten Boden unter ihren Füßen spürte, vergingen allmählich Gekränktheit und Selbstmitleid. Sie hatte doch etwas. Sie hatte sogar sehr viel. Sie hatte eine Beschäftigung und eine Kunst, die ihr zunehmend mehr bedeutete. Sie liebte ihre Schwester und ihre Freunde. Sie hatte die briefliche Verbindung mit Connor, die ihr sehr wichtig war. Sie wusste nicht, was die Zukunft bringen würde, aber wozu auch? Heutzutage wusste das kaum jemand.
Und was ihre Mutter anging… War es nicht möglich, dass ihre Mutter von Anfang an Schwächen bei Milo erkannt hatte, vor denen sie sich blind gestellt hatte? Und war es nicht auch möglich, dass die beißenden Bemerkungen ihrer Mutter schützender Fürsorge entsprungen waren – dass sich hinter Kritik und Genörgel Liebe verbarg? Rebecca schaute auf ihre Uhr. Es war viertel nach sechs. Was würde ihr Engel ihr jetzt raten? Sie versuchte, sich sein Gesicht ins Gedächtnis zu rufen, sein gütiges, mildes Lächeln. Er würde ihr raten, nach Hause zu gehen und das Abendessen zu machen, dachte sie. Und nicht
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