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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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überallhin schicken. Eine ziemlich deprimierende Beschreibung, nicht?«  
    »Und absolut ungenau.« Er sah sie liebevoll an. Seine Augen waren braun und freundlich. »Meinst du, der Flugzeugbau wird dir Spaß machen, Freddie?«  
    »Ich hoffe es. Aber die Trennung von meinen Freunden wird mir sicher schwerfallen.« Sie lächelte ihn an. »Auch von schlechtgelaunten. Ich versuche, mich bei allen zu verabschieden, bevor ich fahre.«  
    Er zündete sich eine frische Zigarette an. »Auch bei Marcelle?«  
    »Ja, das habe ich eigentlich vor.«  
    »Würdest du ihr einen Brief von mir mitnehmen?«  
    »Max –«  
    »Sie legt auf, wenn ich anrufe. Bitte, Freddie.«  
    Er tat ihr ungeheuer leid. Sein dunkles Haar war an den Seiten ergraut und brauchte einen Schnitt. Die Augen waren bläulich umschattet. Das magere Gesicht wirkte kantig; er ähnelte, dachte Freddie, einer müden und zerrupften Krähe.  
    »Ich tu’s natürlich, wenn du es willst«, sagte sie, »aber wäre es nicht besser zu warten, bis sie sich bei dir meldet?«  
    »Du meinst, ich soll mich rar machen?«  
    »Lass sie schmoren. Dann wird sie vielleicht lernen, dich mehr zu schätzen. Warum wartest du nicht, bis sie sich bei dir entschuldigt?«  
    »Weil sie das nicht tun wird. Niemals. Das weiß ich.« Er sah tieftraurig aus und ein wenig beschämt. »Ich weiß, dass ich sie mehr liebe als sie mich. Und deshalb werde ich ihr nachlaufen wie ein treues kleines Hündchen, auch wenn sie mich dafür verachtet.«  
    Sie konnte sich nicht verkneifen zu sagen: »Aber hat denn so eine Liebe überhaupt einen Wert?«  
    »Wenn es nichts anderes gibt, ja.«  
    Eine Viertelstunde später verabschiedete sich Freddie mit Max’ Brief in der Tasche. Sie fuhr mit der Untergrundbahn bis South Kensington und ging von dort zu Fuß weiter zum Cheyne Walk in Chelsea. Der faulige Ölgeruch des Flusses machte sich bemerkbar, als sie sich Marcelle Scotts Haus näherte. Zwei Bretter waren quer über die Haustür genagelt. Sie stieg die Außentreppe zum Kellergeschoss hinunter und klopfte ans Küchenfenster.  
    Marcelle öffnete. Sie trug ein schwarzes Cocktailkleid, um den Hals eine Jadekette, die das Grün ihrer Augen spiegelte. »Freddie«, sagte sie und bot Freddie die Wange zum Kuss.  
    Die Küche war groß und kalt. Am Spülbecken stand Betty Mullholland in einem blassblauen Unterrock und drehte sich die Haare ein, die sie vorher mit Zuckerlösung befeuchtete, damit die Locken besser halten würden.  
    »Lewis liegt oben und schläft«, sagte Marcelle.  
    Freddie erinnerte sich von dem Abend im Dorchester an Lewis Coryton, sein dunkles Haar und seine koboldhaften Züge.  
    »Wir versuchen, ganz leise zu sein«, flüsterte Betty. »Der arme Lewis hat seit Wochen nicht geschlafen. Er dient auf einem Atlantikschiff, weißt du. Es muss ganz fürchterlich gewesen sein.«  
    Freddie erzählte von ihrer Versetzung. Betty stieß einen kleinen Schrei aus und sagte, ja, sei es nicht schrecklich, sie sei auch versetzt worden, nach Plymouth, endlos weit weg von Frances, die auf einem Luftstützpunkt in East Anglia stationiert war. Dann ging sie nach oben, um sich anzukleiden.  
    Marcelle stellte sauberes Geschirr weg. Freddie nahm Max’ Brief aus der Tasche. »Das soll ich dir von Max geben.«  
    »Du hast ihn gesehen?«  
    »Ja, ich komme von ihm.« Sie wartete darauf, dass Marcelle fragen würde, wie es Max ging. Als nichts kam, sagte sie von sich aus: »Es geht ihm nicht gut.«  
    Marcelle stellte eine Suppenterrine in den Schrank und schloss die Tür. Dann riss sie den Umschlag auf. Sie überflog flüchtig das Geschriebene, ließ das Papier auf den Küchentisch fallen und räumte weiter Geschirr in die Schränke.  
    »Sprichst du mit ihm?«, fragte Freddie.  
    »Keine Ahnung. Vielleicht.«  
    »Er vermisst dich.«  
    »Eigentlich möchte ich nicht darüber reden.«  
    »Aber ich möchte darüber reden .«  
    »Es geht dich nichts an, Freddie«, sagte Marcelle leise.  
    »Doch, tut es. Max ist mein Freund.«  
    »Natürlich, das hatte ich vergessen. Max Fischer, der Busenfreund der Schwestern Nicolson.« Marcelles Stimme hatte einen spöttischen Unterton.  
    Max hatte Tessa jahrelang geliebt, aber Freddie konnte sich nicht erinnern, ihn je so unglücklich gesehen zu haben wie er jetzt war. Der Unterschied, dachte sie, lag darin, dass Tessa nie grausam zu ihm gewesen war, jedenfalls nicht bewusst.  
    Marcelle polierte Messer mit einem Geschirrtuch.

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