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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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vorsetzen, aber seine Frau sei eine hervorragende Köchin. Diesen oder jenen Hof solle er unbedingt meiden, die Leute hätten Freunde bei den Faschisten. Ein paar Mal war er nur mit viel Glück entkommen; am Vortag war er gerade noch rechtzeitig in einen Fluss gesprungen, um sich vor einem Zug deutscher Soldaten zu verstecken.  
    »Überall auf dem Land wimmelt es von Deutschen«, sagte er.  
    Tessa warf ab und zu einen Blick auf ihn; sie konnte es immer noch nicht glauben, dass er hier war. Desmond Fitzgerald war ein kleines Stück ihres alten Lebens, ihres Londoner Lebens, das während der Jahre in Italien in immer weitere Fernen gerückt war.  
    Ihm schien es ähnlich zu gehen wie ihr. Er grinste und schüttelte den Kopf. »Ich kann es immer noch nicht fassen. Tessa Nicolson ausgerechnet in Italien! Wie lange bist du schon hier?«  
    Sie sagte es ihm und sah, wie er die Stirn runzelte. »Was ist?«, fragte sie.  
    »Dann hast du das mit Paddy gar nicht mitbekommen.«  
    Mit einem bangen Gefühl schüttelte Tessa den Kopf.  
    »Er ist bei der Luftschlacht um England abgeschossen worden. Im September vierzig. Seine Maschine wurde getroffen und stürzte ins Meer.« Desmond rieb über die raue Haut auf seinem Nasenrücken. »Tut mir leid, ich hasse es, schlechte Nachrichten überbringen zu müssen. Aber es ist bestimmt sehr schnell gegangen, das ist wenigstens ein Trost.«  
    Sie dachte, Ach Paddy . Sie erinnerte sich, wie er sie nach Paris geflogen und vor Begeisterung gejubelt hatte, als sie bei der Landung in Le Bourget über die Rollbahn gehüpft waren. Sie erinnerte sich seines Ehrgeizes, seiner Lebenslust, seines aufbrausenden Temperaments – wie er damals das ganze schöne Abendessen gesprengt hatte, weil er zu viel getrunken und die Gäste angepöbelt hatte; wie er sich einmal in einem Pub geprügelt hatte. Und sie erinnerte sich an seine ausgelassenen Juchzer, wenn er in seinem Auto eine leere Straße entlanggebraust war, und an die unerwartete Sanftheit seiner Umarmungen.  
    Das passierte, wenn man davonlief. Man verlor die Verbindung. Was war mit ihren anderen Freunden in England? Obwohl die Logik ihr sagte, dass deren Leben sich, genau wie das ihre, verändert haben musste, zog sie es vor, sie so zu sehen, wie sie damals gewesen waren, als hätte nichts sie berührt. Hier saß sie, eingemauert in ihrer Bergfeste, und hatte keine Ahnung. Alles Mögliche konnte geschehen sein.  
    In der Küche stellte sie Desmond etwas zu essen hin. Während sie Kaffee kochte, fragte sie ihn nach den anderen, nach Ray, Max, Julian und natürlich nach Freddie.  
    Aber er kannte sie alle nicht. Sie gehörten anderen Kreisen an, die sich mit seinen kaum überschnitten. Immerhin hatten sie, wie sie entdeckte, einige gemeinsame Freunde. Einer war in Dünkirchen zurückgelassen worden, eine andere, ein Mannequin, war mit ihrer Tochter im Londoner Blitz umgekommen. Und London war auch nicht mehr das, was es einmal gewesen war, obwohl man immer noch genug Spaß haben konnte.  
    Dann sprachen sie über den Krieg.  
    Er sagte: »Ich fürchte, das wird ein elender Schlauch werden. Und dann kommt auch noch der Winter, das wird die ganze Sache zusätzlich erschweren.« Er würde morgen weiterziehen, sagte er. Wenn er eine Chance haben wolle, zu den Alliierten durchzukommen, müsse er sich beeilen. Je länger er brauche, desto mehr feindliche Truppen würden im Süden zusammengezogen werden und desto schwieriger würde es werden, sie zu umgehen.  
    »Nur nicht in dieses Lager zurück«, sagte er. »Es war ein verdammt harter Marsch, seit ich abgehauen bin, aber ich kann dir nicht sagen, wie herrlich es ist, wieder draußen zu sein. Die Leute waren alle unheimlich nett zu mir. Mein Italienisch ist erbärmlich, und die meisten sprachen kein Wort Englisch, und man konnte sehen, dass sie selbst kaum etwas zu beißen hatten. Sie kannten mich nicht, trotzdem haben sie mich aufgenommen, mir zu essen gegeben, mich versteckt. Unglaublich.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Einfach unglaublich.«  
    Im Morgengrauen des nächsten Tages brach er auf. Die Luft war herbstlich kühl, und von den Hängen leuchtete es kupferrot und golden. Tessa küsste ihn und wünschte ihm Glück. Am Waldrand drehte er sich noch einmal um und winkte ihr zu. Dann verschwand er.  
    Eine Woche später wurde im Herrenhaus ein Brief abgegeben. Nur die Adresse des Guts und einige wenige Sätze standen auf dem Blatt Papier. Der Brief war aus einem

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