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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Robbins, und er hatte hohes Fieber und eine offene Wunde in der Seite davongetragen, als er sich durch den Stacheldrahtzaun rund um das Gefangenenlager gezwängt hatte. Faustina wusch die Wunde, verband sie, und dann richteten sie dem Mann im obersten Stockwerk des Herrenhauses ein Bett.  
    Jeder Italiener, der einen Kriegsgefangenen aufnahm, war verpflichtet, der nächsten deutschen Kommandostelle innerhalb von vierundzwanzig Stunden Mitteilung zu machen. Wer gegen die Anordnung verstieß, würde vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Einmal, als Sam, der Australier, noch sehr schwach und fiebrig war, machten Tessa und Olivia zusammen sein Bett. »Warum tun Sie das für mich?«, fragte er Olivia. »Warum? Es kann Sie den Kopf kosten.«  
    Olivia strich glättend über das bestickte Kopfkissen. »Ich tue das für den Sohn einer Mutter«, antwortete sie. »Ich tue es, weil ich aus tiefstem Herzen hoffe, dass eine andere Mutter das Gleiche für meine Söhne tut.«  
    Er kam allein einen der Fußwege herunter, die die Straße zum Herrenhaus kreuzten. Er war lang und schlaksig, das Gesicht unter dem strohblonden Haar von der Sonne verbrannt. Auf dem Nasenrücken schälte sich die Haut. Er trug einen abgerissenen, notdürftig geflickten Mantel, Stiefel und eine zerlumpte Hose. Er konnte ein Deserteur oder ein entflohener Gefangener sein. Er konnte auch ein faschistischer Spion sein.  
    Plötzlich blieb er stehen und sagte: »Hallo, Tessa.«  
    Tessa erstarrte. Der blonde Mann kam auf sie zu und streckte ihr die Hand entgegen. »Desmond Fitzgerald«, sagte er. »Paddys Freund. Erinnerst du dich?«  
    Desmond Fitzgerald … Paddys Freund. »Das Mirabelle«, rief Tessa. »Das ist Jahre her – Julian hätte sich beinahe mit Max geprügelt.«  
    » Ich hatte gerade ein Vermögen beim Pferderennen verloren.« Desmonds Stimme klang wehmütig. »Später bin ich auf die Geburtstagsfete beim Freund meiner Schwester gegangen. Da stand eine Riesenpyramide aus Champagnergläsern. Irgendein Idiot hat sie umgestoßen, und ich hatte eine Glasscherbe im Fuß. Ich bin wochenlang gehumpelt. War ein toller Abend.«  
    Sie umarmte ihn. »Gott, ist das schön, dich zu sehen. Aber wie kommst du ausgerechnet hierher, Desmond?«  
    »Ich bin abgehauen.« Er wirkte höchst zufrieden mit sich. »Und du, was tust du hier?«  
    »Ich wohne hier«, sagte sie.  
    Sie fragte ihn, ob er etwas frühstücken wolle, und er sagte, ja, er habe einen Bärenhunger, er habe seit vierundzwanzig Stunden nichts mehr gegessen. Auf dem Weg zum Haus erzählte er ihr seine Geschichte. Leutnant bei einem Kavallerieregiment, war er vor mehr als einem Jahr bei Tobruk in Gefangenschaft geraten und, nach Italien transportiert, in einem Kriegsgefangenenlager zwischen Bologna und Florenz gelandet. »Es war gar nicht übel«, sagte er mit philosophischer Gelassenheit. »Unter den Wärtern waren ein paar anständige Kerle, aber das Essen war schauderhaft. Nicht schlimmer als im Internat allerdings.«  
    Am Tag nach dem Waffenstillstand waren sie von den Wärtern gewarnt worden, dass deutsche Truppen im Anmarsch seien, um das Lager zu übernehmen. »Also haben wir ein Loch in den Stacheldraht gemacht und sind getürmt«, sagte Desmond. »Keiner von uns hatte Lust, den Rest des Krieges im Vaterland zu verbringen.«  
    Einige aus der Gruppe waren schon am folgenden Tag wieder gefasst worden. Desmond war mit einem Freund zusammen nach Süden geflohen, um zu den Linien der Alliierten zu stoßen. Doch der Freund war beim Abstieg in eine Bergschlucht auf dem Geröll ins Rutschen geraten und hatte sich den Fuß verstaucht. Er hatte zwar versucht, mit Hilfe eines Stocks weiterzugehen, aber am Ende hatten sie sich getrennt, und der Freund war auf einem Bauernhof geblieben, wo man ihn versteckte.  
    Desmond ging allein weiter. Einmal hatte er Glück und wurde von einem Heuwagen mitgenommen, auf dem er selig schlief, während das Fuhrwerk auf kleinen Landstraßen dahinrumpelte, aber meistens ging er zu Fuß, immer auf Wanderwegen, nie auf größeren Straßen, und nächtigte in Heuschobern oder Bauernhäusern, wo man ihm etwas zu essen, ein Glas Wein und ein Bett gab. Auf manchen der Höfe arbeitete er ein paar Tage, und wenn er wieder aufbrach, ging er nie ohne einen Tipp seiner Gastgeber, welches die sicherste Route sei und wo es Möglichkeiten gebe, die folgende Nacht unterzukommen. Der alte Soundso sei zwar ein elender Geizhals und könne einem seinen sauersten Wein

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