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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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im Wesentlichen intakt. Auf der einen Seite stand Wald, auf der anderen lag eine breite Talsenke. Selten kam hier jemand vorbei. Wenn nötig, würde der Wald Schutz und ein Versteck bieten.  
    Das Fuhrwerk bog von der Straße in einen von Gras überwachsenen Fußweg ein. Guido lag reglos hinten im Wagen. Hin und wieder bat Faustina Stefano zu halten, damit sie nach ihrem Bruder sehen konnte. Dann ging die Fahrt weiter, immer höher hinauf. Die Wiesen waren voller Blumen, und die Luft wurde frischer. Den Berghang auf der anderen Seite von ihnen bedeckte dichter tiefgrüner Wald.  
    Bald verlor sich auch der Fußpfad, nichts mehr markierte ihren Weg.  
    Morgens, wenn sie aufstand, um nach Guido zu sehen, hörte Tessa aus dem Wald das Gezwitscher der Vögel. Wenn sie seinen fieberheißen Körper abwusch und ihm den Schweiß von der Stirn wischte, begleiteten Vogelgesang und das sanfte Rauschen des Waldes Guidos keuchendes Atmen, das mühsame Einatmen und den kurzen, japsenden Ausstoß der Luft. Wenn die japsenden Stöße schneller wurden, hielt sie seine Hand und zählte für ihn, ein eins, zwei, drei, aus eins, zwei, drei, bis sein Atem sich beruhigte.  
    Als das Fieber zu sinken begann, fragte er, wo er sei. Dann blinzelte er und sagte: »Tessa? Bist du das?«, schloss aber die Augen, bevor sie antworten konnte. Sie erinnerte sich, wie sie sich damals gefühlt hatte, als sie nach dem Unfall im Krankenhaus gelegen hatte, wie benebelt, unfähig zu verstehen, was vorging. Guidos Wangenknochen standen unter der Haut seines Gesichts hervor, sein von der Sonne tiefbraun gebrannter Körper, auf dem alte Narben erkennbar waren, war völlig abgemagert. Wenn sie ihm mit kühlem Wasser den Rücken wusch, wie Faustina angeordnet hatte, spürte sie unter ihren Fingern jede einzelne seiner Rippen. Wenn er husten musste, hielt sie ihm den Becher an den Mund, damit er einen Schluck Wasser trinken konnte. Es war eine andere Art von Nähe, dachte sie, eine andere Art von Vertrautheit, und sie empfand sie als Geschenk.  
    Sie schlief auf dem Boden neben seinem Feldbett – nein, schlafen konnte man es nicht nennen, es war ein Dämmern, aus dem sie jedes Mal herausgerissen wurde, wenn er sich bewegte oder stöhnte. Sie legte ihm dann ein kühles feuchtes Tuch auf die Stirn und redete mit ihm, bis er ruhiger wurde. Als sein Zustand sich eines Nachts plötzlich verschlechterte, sie seine klamme Haut fühlte und seine hechelnden Atemzüge hörte, wusch sie ihn mit lauwarmem Wasser ab, um das Fieber zu senken. Sie pflegte ihn mit beinahe grimmiger Inbrunst, entschlossen, sich nicht geschlagen zu geben. Sie würde ihn nicht sterben lassen, sie würde ihn nicht gehen lassen. Am Morgen war das Fieber gefallen, und er schlief fest.  
    Es berührte sie jedes Mal seltsam, wenn sie Guido Faustinas oder Olivias Pflege überlassen und ins Herrenhaus zurückkehren musste. Ihr Leben dort erschien ihr weniger greifbar, als die Tage in dem kleinen Bauernhaus.  
    Einmal sah sie vom Bauernhaus aus einen Schäfer mit seiner Herde, die Schafe wie weiße Rauchwölkchen auf dem grünen Gras jenseits des Tals. Ein andermal bemerkte sie zwei Menschen, die über den Hügel wanderten. Schwarz vor dem hellen Himmel, sahen sie aus wie Papierpuppen. Sie schätzte die Entfernung vom Haus bis zum Wald und fragte sich, ob sie die Kraft besäße, Guido über die Wiese zu helfen, damit sie sich unter den Bäumen verstecken konnten. Aber die beiden Gestalten gingen weiter und verschwanden hinter der Hügelkuppe. Als sie gewiss war, dass sie nicht zurückkommen würden, setzte sie sich wieder an Guidos Bett.  
    Die einschneidenden Ereignisse des Krieges – der Fall Roms und die Landung der Alliierten in der Normandie nur zwei Tage später – schienen weit entfernt. Wenn Tessa abends an Guidos Bett saß, dachte sie stattdessen über die Liebe nach, die einfach vergehen und manchmal trotz körperlicher Entfernung und aller Missverständnisse fortbestehen konnte; die über alles einen zauberischen Glanz breiten konnte, wie der Mond und die winterliche Stimmung bei ihrer ersten Begegnung mit Milo, und von der nach dem Wegfall dieses Glanzes dennoch bisweilen nicht einmal eine Erinnerung daran blieb, warum man den anderen geliebt hatte. Wenn sie in den letzten Jahren an Milo gedacht hatte, waren ihr immer nur Eitelkeit, Egoismus und Gier in den Sinn gekommen.  
    Aber auch Liebe, die dauerte, konnte sich verändern. Sie war siebzehn Jahre alt gewesen, als sie sich

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