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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Birkenhain, küssten sie sich.  
    Sie waren auf dem Rückweg zum Bauernhaus, als sie Stimmen hörten. Guido hielt ihre Hand fester. Sie standen so still wie die Bäume.  
    Drei Männer in feldgrauen Uniformen kamen in Richtung auf das Haus den Hügelrücken herunter. Guido legte einen Finger auf die Lippen. Rühr dich nicht , sagte er beinahe lautlos. Tessa wünschte, sie hätte nicht ausgerechnet Pink angezogen. Shocking Pink, Schiaparelli-Pink. Solche Farben gab es in den Wäldern nicht. Was, wenn einer dieser Soldaten in den Wald blickte und es dort grellrosa leuchten sah?  
    Die deutschen Soldaten gingen ins Haus. Tessa hörte einen Freudenschrei. Einer der Männer kam mit einer Flasche Wein in der einen Hand und einem Laib Brot in der anderen wieder heraus und blieb einen Moment vor der Tür stehen. Dann setzte er sich auf die Stufe und begann zu essen. Er war jung und blond, seine Uniform schmutzig und abgerissen. Die anderen folgten ihm mit Beute beladen, und zu dritt ließen sie sich im Gras zwischen dem Haus und dem Wald nieder. Tessa konnte den Tabak riechen, den sie rauchten. Alle Muskeln taten ihr weh vom langen Stillstehen.  
    Endlich schulterten sie ihre Seesäcke und zogen ab, den Hügel hinunter. Sie hörte Guido aufatmen. Sie warteten noch einige Minuten, dann gingen sie zum Haus zurück.  
    Körbe und Vorratskrüge waren geleert, Kleider und Bettwäsche durcheinandergeworfen. Sie standen voreinander und sahen sich an, ihre Hand in seiner Hand. Sein Mund glitt über ihre Lippen und ihre Stirn. Dann knöpfte er ihre Bluse auf und legte die Handflächen auf ihre Haut.  
    Sie kannte ihn so lange. Mehr als zehn Jahre waren vergangen, seit sie sich im Park der Villa Millefiore das erste Mal geliebt hatten. Und dennoch, dachte sie, als er sie jetzt in die Arme nahm, kannte sie ihn kaum. Sie erfuhr ihn ganz neu, die Schatten und Geheimnisse seines Körpers, den Geschmack seiner Haut und die Berührung seiner Hände. Sie erfuhr, wie es war, mit einem Mann in vollkommenem Einklang zu sein, die Augen zu schließen und zu wissen, dass sie ein Teil von ihm und er ein Teil von ihr war und sie beide eins waren.  
    Später sagte sie:  
    »Ich möchte dir von meinem Sohn erzählen. Er hieß Angelo, Angelo Frederick Nicolson. Ich dachte immer, was für ein langer Name für so ein winziges Kind. Er starb bei dem Autounfall. Es war meine Schuld. Ich bin gefahren. Wenn einem so etwas geschieht, verliert man einen Teil von sich selbst. Ich kann mich an den Tag des Unfalls nicht erinnern. Hinterher erzählten mir andere, dass schlechtes Wetter war und der Wagen gerutscht ist. Ich habe solche Angst, dass ich damals nur aus einer Laune heraus losgefahren bin, weil ich den Regen und das Herumsitzen zu Hause satt hatte. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass Angelo aus einem völlig nichtigen Grund ums Leben gekommen ist. Er ist gestorben, und ich lebe. Wie oft habe ich mir gewünscht, ich wäre mit ihm gestorben.«  
    Er küsste sie aufs Haar. »Wünschst du es immer noch, Tessa?«  
    »Nein, jetzt nicht mehr. Nein.«  
    »Ich bereue, dass ich dir nicht nach England gefolgt bin«, sagte er. »Ich bereue, dass ich dich habe gehen lassen. Ich bereue meinen Stolz, der mich daran gehindert hat, dir nachzureisen. Du glaubst, es hätte Streit zwischen uns gegeben – ich bin mir da nicht so sicher. Ich glaube, es wäre ein Abenteuer geworden. Ich glaube, wir wären einander niemals überdrüssig geworden.«  
    Ihr Kopf ruhte auf seiner Schulter, und seine Atemzüge wurden tiefer. Nach einer Weile merkte sie, dass er eingeschlafen war. Sie spürte im Rücken die Buckel und den groben Stoff des Feldbetts, sie sah ihre Kleider auf dem Boden, einfach abgeworfen, hier die leuchtendrosa Bluse, dort eine Sandale. Ihre Lider wurden schwer, während sie dem Vogelgesang und dem Seufzen des Windes in den Bäumen lauschte.  
    Am nächsten Morgen ging Guido fort. Er würde sich südwärts halten, sagte er, den Linien der Alliierten entgegen. Wenn er unterwegs auf Partisanengruppen stieße, würde er sich ihnen anschließen.  
    Tessa begleitete ihn durch den Wald bis zum Fuß des Steilhangs. Dort sagten sie einander Lebewohl, und Guido ging allein weiter. Die Liebe dauert, so lange sie eben dauert, dachte sie, und sah ihm nach, bis er die Höhe des Hangs erreicht hatte. Er drehte sich um und winkte ihr zu.  
    Als er verschwunden war, drückte sie fest die Augen zu. Komm gesund wieder, Guido , flüsterte sie, und sei

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