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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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seiner einsamen Telefonzelle fragte, ob Tessa Nicolson sich an ihre kurze Begegnung am Weiher erinnern würde.  
    Es knisterte, als der Hörer wieder aufgenommen wurde. Tessa Nicolson sagte: »Mr. Rycroft, ich dachte, Sie hätten mich vergessen.« Ihre Stimme war leise und amüsiert. Sie ging ihm unter die Haut wie damals.  
    »Wie könnte ich Sie vergessen?«, fragte er. »Wie geht es Ihnen, Miss Nicolson?«  
    »Sehr gut, danke. Und Ihnen? Machen Sie immer noch Nachtwanderungen?«  
    Er lachte gedämpft. »Im Moment feiere ich gerade die Fertigstellung meines Romans. Ich habe ihn heute meinem Verlag gebracht.«  
    »Gratuliere. Heißt das, dass Sie in London sind?«  
    »Richtig.« Milos Mund war trocken. »Und ich wollte eigentlich fragen, ob Sie Zeit haben, ein Glas mit mir zu trinken?«  
    Schweigen – sein Herz raste. Dann sagte sie: »Ja, warum nicht? Wo kann ich Sie treffen?«  
    Er schlug das Savoy vor. Da brauchte er nicht zu fürchten, Bekannte zu treffen. Die Leute, die er kannte, bevorzugten das Café Royal, die Pubs in Bloomsbury oder im leichtlebigen Fitzrovia-Viertel. Sie fanden das Savoy zu aufgedonnert, immer voll wiehernder Adelssprosse und spatzenhirniger Schauspielerinnen. Milo, mit seinem Faible für Glanz und Gloria, mochte die American Bar.  
    Er nahm ein Taxi zum Strand, bestellte sich einen Drink und wartete. Und wartete. Seine Stimmung trübte sich zusehends in den anderthalb Stunden, in denen er allein herumsaß und mehrere Martinis schlürfte, während er auf das Erscheinen von Tessa Nicolson wartete. Ihrer Telefonnummer zufolge wohnte sie in Highbury – wie lange konnte ein Taxi von Highbury zum Strand brauchen? Hatte sie es sich anders überlegt? Hatte sie einen interessanteren Zeitvertreib gefunden?  
    Aber dann kam sie endlich. Sie trug ein grün-weißes Kleid und eine grüne Jacke, und ihr blondes Haar war unter einem grünen Hütchen hochgesteckt. Sie sah atemberaubend schön aus. Während er auf sie gewartet hatte, war ihm der Gedanke durch den Kopf geschossen, dass er vielleicht enttäuscht sein würde, wenn er sie jetzt wiedersah, dass vielleicht der Mond und die Einsamkeit des eisglänzenden Weihers den Zauber ihrer ersten Begegnung gewirkt hatten. Aber als er aufstand, um sie zu begrüßen, flogen alle Bedenken davon, und er fühlte sich großartig, von allen Männern rundherum beneidet.  
    Von da an ging es leider schnell bergab. Sie schien mit jedem im Raum bekannt zu sein. Unentwegt kamen Leute an den Tisch und sagten: »Tessa, Darling«, und »Hallo, wie geht es denn?« Die Küsschen auf die Wange hörten gar nicht auf. Anfangs war es faszinierend, Tessa Nicolson in Aktion zu sehen, ihre Lebendigkeit und ihren Charme, die sie an alle zu gleichen Teilen verströmte, nie ermattend, immer sprühend. Aber bald kam er sich nur noch vor wie einer von vielen, sein Kopf schmerzte, er fühlte sich abgeschlagen. Um sechs hatte Tessa einen Termin, und Milo strich seine Übernachtungspläne und beschloss, nach Hause zu fahren. Im Zug bekam er dann richtig dröhnende Kopfschmerzen, ein widerlicher Geschmack lag ihm im Mund, und er wand sich innerlich, als er sich, während draußen die Londoner Vorstädte vorüberzogen, eingestand, dass er – wie ein echter Narr – gehofft hatte, sie könnte etwas Besonderes in ihm sehen.  
    Immerhin hatte sie im letzten Moment, als er sich von ihr verabschiedete, noch einen kleinen Trost parat gehabt. »Ich feiere demnächst meinen Geburtstag«, hatte sie gesagt. »Am sechsundzwanzigsten im 400 . Wenn Sie Lust haben zu kommen, Milo, würde ich mich freuen.«  
    »Sind die Vorhänge neu?«, fragte Rebeccas Mutter. »Ihr hattet doch sonst immer blaue hier.«  
    »Ich habe sie fürs Frühjahr machen lassen, Mama«, sagte Rebecca. »Findest du nicht auch, dass sie viel freundlicher aussehen?«  
    »Du hast offenbar zu viel Geld, Rebecca – neue Vorhänge, nur weil Frühling ist. Außerdem habe ich Gelb noch nie gemocht.« Mrs. Fainlight wandte sich wieder ihrem Lammbraten zu.  
    Es war der 21. März, Rebecca, Milo und Meriel feierten Mrs. Fainlights Geburtstag. Nach dem Mittagessen würde das Öffnen der Geschenke folgen, dann waren Tee und Kuchen geplant, und am Ende des Nachmittags würde Meriel ihre Mutter nach Hause fahren. Rebecca hatte einmal die Masons eingeladen, weil sie hoffte, die Feier würde dann etwas heiterer werden, aber es war eine Katastrophe geworden. Mrs. Fainlight hatte Glyn nicht gemocht und mit ihrer

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