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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Angelo entgegenhielt und fragte, ob sie ihn einmal auf den Arm nehmen wollten, wichen manche erschrocken zurück und erklärten, sie hätten Angst, ihn fallen zu lassen, während andere routiniert zupackten, den Kleinen an die Schulter drückten und ihm den Rücken klopften. Die einen erschienen mit imposanten Blumenarrangements und riesigen Pralinenschachteln, andere überreichten Tessa ein Sträußchen Schneeglöckchen in Zeitungspapier oder eine Tüte voll Petits Fours. Als Freddie Mitte Januar ins Internat zurückfuhr, war sie hinsichtlich Angelos Herkunft so klug wie zuvor. Tessa verstand es, ihre Geheimnisse zu hüten.  
    Wenn er weinte, war es ein Schluchzen ohne Tränen. Dafür flossen bei Tessa die Tränen reichlich und bei jedem Anlass – wenn sie sich beim Wickeln mit der Sicherheitsnadel in den Finger stach, wenn sie daran dachte, dass ihre Mutter gestorben war, ohne ihren Enkel kennenzulernen, wenn ihre Brüste schmerzten. Der Anblick seines nackten kleinen Körpers in der Wanne, sein Gewicht, wenn er auf ihrem Bauch liegend langsam einschlief, beglückten sie so tief und schmerzlich, dass sie das Gefühl hatte, durch die Geburt sei ihr eine schützende Haut genommen worden.  
    Wenn sie nachts im Morgenrock schlaftrunken in die Küche tappte, um sein Fläschchen warm zu machen, war es, als bewohnten sie und Angelo ihre eigene geheime Welt, in die kein Geräusch eindrang außer seinen regelmäßigen Atemzügen und ihrer leisen Stimme, wenn sie für ihn sang. Die Augen fielen ihr zu, während sie ihn fütterte; sie zuckte zusammen und setzte sich aufrecht, um wach zu bleiben. Schreckensbilder tauchten vor ihr auf – ein Säugling, von seiner schlafenden Mutter erdrückt, ein anderer, erstickt, während seine Mutter eingenickt war. Auch wenn nach den ersten Wochen keine Milch mehr aus ihren Brüsten austrat und sie langsam wieder ihre frühere Figur bekam, wusste sie, dass die Geburt sie verändert hatte. Sie hatte ihre Unbekümmertheit, ihr unbegrenztes Vertrauen in einen glücklichen Ausgang der Dinge verloren. Die Pflichten, die sie so dankbar abgeschüttelt hatte, als sie nach London gekommen war, holten sie jetzt hundertfach ein. Sie war immer wachsam, achtete mit scharfer Aufmerksamkeit darauf, dass ihr nicht aus Übermüdung oder Leichtsinn irgendein schrecklicher Fehler unterlief – dass sie etwa das schlafende Kind in seinem Körbchen im Taxi zurückließ oder nachts keine Milch mehr für es hatte, weil sie vergessen hatte, sie einzukaufen. Es gab Tage, an denen sie es nicht vor dem Nachmittag schaffte, sich zu waschen und anzuziehen. Als sie das erste Mal mit Angelo im Kinderwagen, einem hochrädrigen Silver Cross mit glänzendem Metallchassis, den Ray ihr geschenkt hatte, zum Einkaufen ging, brauchte sie Stunden für die Vorbereitungen.  
    Milo sah seinen Sohn das erste Mal, als dieser drei Wochen alt war. Wegen Freddies Verbindung mit Meriel Fainlight wartete er sicherheitshalber, bis sie ins Internat zurückgekehrt war. Tessa bedauerte ihn, weil er die ersten Lebenswochen seines Kindes versäumte. Angelo veränderte sich täglich, wie eine Blume, die sich langsam öffnet. Milo kam mit Geschenken für sie und das Kind und einer Tüte voll Delikatessen von Fortnum and Mason’s. Er bestand darauf, das Mittagessen selbst zu machen. Sie werde jetzt einmal keinen Finger rühren, sagte er, sie solle sich ein bisschen Ruhe gönnen, er werde den Tisch decken, das Essen richten und hinterher abspülen. Sie war ihm dankbar dafür, zumal das Mädchen nicht da gewesen war und die Wohnung chaotisch aussah – überall schmutziges Geschirr, Babyfläschchen, Windeln, kleine Nachthemdchen, die zum Trocknen aufgehängt waren. Milo räumte auf, spülte Geschirr, kochte Tee. Er hielt Angelo behutsam und vorsichtig im Arm, und nach dem Essen, als Tessa müde war, legten sie sich beide, das schlafende Kind zwischen sich, aufs Bett.  
    Manchmal hatte Rebecca Angst, sie würde verrückt werden. Sie begann, ihr Misstrauen als etwas Lebendiges zu sehen, ein hässliches, graues, unförmiges, fratzenhaftes Wesen, das sie verfolgte, sie auf ihrer Schulter hockend mit höhnischem Grinsen daran erinnerte, dass Milo wieder einmal zu spät aus Oxford zurückkam, oder ihr spöttisch ins Ohr zischelte, wenn Milo vor dem Frühstück nach unten rannte, um die Post zu holen.  
    Sie überlegte, ob sie mit ihrem Arzt sprechen sollte. Ich habe diese seltsamen Vorstellungen; jeden Tag versuche ich, nicht daran zu denken,

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