Der italienische Geliebte (German Edition)
Nerven gehen würden, auch wenn sie sich bisher wirklich gut vertrugen. Und außerdem – dieses verdammte Feldbett.
Meriel empfahl ihr ein Hotel, in dem sie selbst bei gelegentlichen Reisen nach London abstieg, und Rebecca bestellte telefonisch ein Zimmer. Ihr war ein wenig bang bei dem Anruf, sie hatte noch nie ein Hotelzimmer gebucht, diese Dinge hatte immer Milo erledigt.
Das Hotel Wentworth lag am Elgin Crescent in Notting Hill. Der Portier trug ihr Gepäck nach oben ins Zimmer, und Rebecca kramte in ihrem Portemonnaie nach einem Trinkgeld. Als er ging und die Tür hinter sich schloss, wusste sie nicht, ob sie ihm zu viel oder zu wenig gegeben hatte.
Die Einrichtung des Zimmers war schlicht: ein Bett mit Nachttisch, ein Schrank, eine Kommode, ein Stuhl und ein Waschbecken. Der Anblick des Einzelbetts deprimierte sie. Sie strich mit der Fingerspitze über den Kaminsims – wenigstens schien das Zimmer sauber zu sein. Müde von der langen Fahrt setzte sie sich hin und zog ihre Schuhe aus. Sie merkte, wie ihre Stimmung sich zu trüben begann, und wusste aus Erfahrung, dass der Absturz folgen würde. Da half nur ein Plan. Sie musste einen Plan fassen. London hatte so viel Abwechslung zu bieten. Sie konnte einen Einkaufsbummel machen, in ein Museum gehen oder in einen der vielen Parks. Als Studentin hatte sie Spaziergänge in den Londoner Parks geliebt.
Sie warf einen Blick in den Spiegel, um ihr Make-up zu prüfen, dann ging sie los. Auf dem Weg zu den Kensington Gardens kaufte sie sich ein Sandwich und einen Apfel. Es war ein schöner, heller Sommertag, und die Gewissheit, dass ihre Entscheidung, nach London zu gehen, richtig war, kehrte wieder. Auf einer sonnigen Bank im stillen italienischen Garten aß sie ihr kleines Mittagessen, danach ging sie zu Fuß nach Knightsbridge und sah sich bei Harvey Nichols die neueste Mode an. Wunderbar, dachte sie, einen Schaufensterbummel machen zu können, ohne Angst haben zu müssen, dass Milo sich langweilte.
Als sie wieder aus dem Kaufhaus kam, suchte sie, ermuntert vom Erfolg ihres Ausflugs, eine Telefonzelle und rief Toby Meade an.
»Ja?« Es war mehr ein Knurren als eine höfliche Frage.
»Toby, bist du das?«
»Nein, hier ist Harrison.«
»Ich hätte gern mit Toby Meade gesprochen.«
»Kann sein, geht aber nicht.«
Wie ungezogen, dachte Rebecca. Im Hintergrund waren gedämpfte Stimmen zu hören. »Aber ich habe doch die richtige Nummer?«
»Toby ist nicht da. Er hat bei irgendeiner Galerie zu tun.« Harrison sprach mit einem nordenglischen Anklang.
»Könnten Sie ihm etwas ausrichten?«
»Das wird sich machen lassen.« Rascheln. »Verdammt, hier muss doch irgendwo ein Stift sein. – Also. Sie sind?«
»Rebecca Rycroft.« Sie begann ärgerlich zu werden. »Würden Sie Toby bitte ausrichten, dass ich angerufen habe. Und sagen Sie ihm doch bitte, dass ich in London bin.« Ihr fiel ein, dass sie die Telefonnummer ihres Hotels nicht wusste. »Ich wohne im Wentworth am Elgin Crescent. Vielleicht kann er mich dort anrufen…«
»Okay.«
»Ich danke Ihnen.«
»Ich richte es Toby aus«, sagte Harrison. »Sie haben übrigens eine schöne Stimme, Rebecca.«
»Oh«, sagte sie verblüfft, aber er hatte schon aufgelegt.
Während sie im Hotel bei ihrem einsamen Abendessen saß, kam der Kellner zu ihr an den Tisch. Es sei jemand für sie am Telefon. Sie nahm den Anruf am Empfang entgegen. Toby meldete sich. Ein kurzes Gespräch – sie konnte nicht viel erklären, weil die Empfangsdame, eine grimmig aussehende junge Frau mit langen Stirnfransen und dicken schwarzen Augenbrauen, praktisch neben ihr stand –, dann sagte Toby: »Ich habe ein paar Leute da, nur eine kleine Fete. Hast du Zeit, auf ein Glas vorbeizukommen?«
Sie sagte zu und kehrte gar nicht erst zu ihrem Nachtisch zurück, sondern ging direkt in ihr Zimmer hinauf. Ein seltsames Gefühl, sich zum Ausgehen zurechtzumachen und zu wissen, dass kein Milo da war, um sie zu begleiten. Ihr ganzes gesellschaftliches Leben hatte sich nur in Milos Begleitung abgespielt; er mochte ohne sie zu seinen Londoner Einladungen gefahren sein, sie war seit fünfzehn Jahren nicht mehr ohne ihn auf einer Gesellschaft oder einem Fest gewesen. Würde es schlimm sein, so allein? Aber sie und Toby waren ja alte Freunde – es würde schon gut gehen, sagte sie sich. Sie fuhr sich mit dem Kamm durch die Haare und trug frischen Lippenstift auf. Ein letzter
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