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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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»Hat es ihn sehr getroffen?«  
    »Das kann man wohl sagen. Aber er hat inzwischen eine Frau kennengelernt, die beim Heimatsender arbeitet. Sie hat eine wahnsinnig vornehme Stimme und sagt Sachen an wie, ›Und nun ein Konzert mit Stücken von Wagner und Brahms, gespielt vom Symphonieorchester der BBC‹. Du bist also nicht unersetzlich.«  
    Tessa lächelte. »Das habe ich auch nie geglaubt.«  
    »Du hast den Granatschmuck doch absichtlich zurückgelassen, oder?«  
    »Ich habe ihn für dich dagelassen. Ich dachte, du würdest besser auf ihn aufpassen als ich. Ich passe oft nicht gut genug auf.« Tessas Lächeln war verschwunden. Sie sah Freddie an und sagte: »Ich musste weg. Kannst du das nicht verstehen?«  
    »Ja, ich habe mich gefragt, ob London dich zu sehr an Angelo erinnert.« Na also, sie hatte den Namen gesagt, diese Brücke hatte überschritten werden müssen, auch wenn sie Tessa damit vielleicht in neue Unruhe stürzte.  
    »Angelo ist hier, in meinem Herzen. Für immer.« Tessa drückte die Faust auf ihre Brust. »Ich bin nicht Angelos wegen aus London weggegangen«, sagte sie dann. »Ich bin wegen seines Vaters gegangen. Er hat nach Angelos Tod nicht einmal angerufen oder geschrieben. Nicht ein einziges Mal, Freddie. Ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass ich ihm irgendwo an einer Straßenecke begegnen würde und wir uns nichts zu sagen hätten. Oder er irgendein kluges, taktvolles Sprüchlein von sich geben würde. Das wäre tödlich für mich. Das verstehst du doch, Freddie?«  
    »Ich verstehe nur, dass er uns voneinander getrennt hat. Und dafür hasse ich ihn. Sag mir doch endlich, wer es ist.«  
    »Warum? Damit du weißt, wen du hassen musst?«  
    Ja, dachte Freddie, warum nicht? Laut sagte sie: »Ich würde ihm klarmachen, was er angerichtet hat.«  
    »Sprichst du von Rache?«  
    Wollte sie Rache? »Ich würde es ausgleichende Gerechtigkeit nennen«, entgegnete sie.  
    »Und welchen Sinn sollte das haben?«  
    » Ohne ihn wäre das alles nicht passiert. Ohne ihn wärst du jetzt nicht hier.«  
    »Aber hier geht es mir besser, Freddie.« Tessa beugte sich über den Tisch und umfasste Freddies Hand. »Ich würde nicht sagen, dass ich glücklich bin, aber ich weiß, dass ich mich besser fühle. Ich habe gewusst, dass ich noch einmal ganz neu anfangen muss. In London wäre das unmöglich gewesen. Ich wäre immer Tessa Nicolson geblieben, die einmal schön und berühmt war, oder Tessa Nicolson, die ein uneheliches Kind gehabt hat. Oder die arme Tessa, die ihr Kind verloren hat.«  
    Die Geschäftsleute lachten wiehernd. Einer von ihnen schaute Freddie an und hob sein Glas.  
    Tessa sagte leise: »Hier weiß niemand von Angelo und dem Unfall, ich habe mit niemandem darüber gesprochen und werde es vielleicht auch nie tun. Ich habe ein Dach über dem Kopf, ich habe Arbeit und ich komme zurecht, Freddie. Sei mir also bitte nicht böse.«  
    »Ich bin dir nicht böse.« Sie wandte sich ab, weil sie fürchtete, sie würde anfangen zu weinen. »Du fehlst mir nur so sehr.«  
    »Du mir auch. Du fehlst mir immer.« Tessa lehnte sich zurück und sah Freddie lächelnd an. »Du kannst jederzeit hier bei mir bleiben. Überleg es dir.«  
    »Max hat gesagt, wenn es Krieg gibt, giltst du hier als feindliche Ausländerin.«  
    Dieses Gespräch konnten sie nur im Schutz von Tessas Wohnung führen. Freddie, die am Nachmittag, während Tessa arbeitete, durch die Stadt gebummelt war, hatte in den Straßen von Florenz eine Atmosphäre des Argwohns und der Bedrücktheit gespürt. Im gleißenden Mittagslicht waren die in den blauschwarzen Schatten der Loggien und Gassen eingeschlossenen Erinnerungen an alte Feindschaften beinahe greifbar.  
    »Ich spreche fließend Italienisch«, sagte Tessa. »Ich kann leicht als Italienierin durchgehen.«  
    »Aber dein Pass –«  
    »Ich schaffe das schon, Freddie. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«  
    »Ich habe aber Angst. Ich habe Angst, dass du gar nicht erkennst, wie schwierig es für dich werden kann. Dass du nicht verstehst –« Sie brach ab, als sie Tessas Gesicht sah.  
    Tessa arbeitete an einer Änderung an einem Kleid aus dem Laden, in dem sie beschäftigt war. Sie schnitt ein Fädchen ab, dann meinte sie: »Würdest du mir mal sagen, was schlimmer sein soll als das, was mir schon passiert ist?«  
    »Ich wollte nicht –«  
    »Doch, wolltest du. Du hast Angst, dass ich nicht auf mich selbst achten kann. Du hast Angst, dass

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