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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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klar, daß es sich um ein Wohnloch handelt. Die Fahrt dort hinaus macht man am besten an einem Sonntag, wenn nicht soviel Verkehr ist.
    Ich brauche nur eineinhalb Stunden, um die Blocks aus Stahlbeton zu erreichen, die sich kilometerweit in jede Richtung erstrecken. Der Wohnungsbau ist ein besonderes Geschäft, nicht wirklich geeignet für Cop-Entrepreneure, die es normalerweise dem Lands Department und seinen Planern überlassen. Zu den beliebtesten Betrügereien gehört es, beim Bau ein zu niedriges Verhältnis von Zement und Sand zu verwenden. Anfangs sieht das Gebäude wunderbar aus, aber der Beton besitzt nicht die nötige Widerstandskraft gegen das Wetter und – wichtiger – gegen die Spannung. Nach und nach tauchen Löcher auf, so daß Luft an die Stahlbewehrung gelangt, die zu rosten beginnt. Irgendwann muß dann ein Behördenvertreter den optimalen Zeitpunkt für die Räumung bestimmen – natürlich so spät wie möglich, denn man wird ein paar Tausend Menschen ein neues Dach über dem Kopf besorgen müssen, aber auch nicht so spät, daß der Einsturz zu zahlreichen Todesfällen und einem internationalen Skandal führt. Ich kann mich nicht erinnern, jemals von dieser Wohnanlage gehört zu haben, die ausschaut, als hätte sie die Pocken. In den Wänden vieler Wohnungen befinden sich riesige Löcher, der nackte Stahl der kurz vor dem Einknicken stehenden Pfeiler ist zu sehen. Offiziell lebt hier seit Jahren niemand mehr, aber es gibt eine prächtig gedeihende Gemeinde von Squattern, die draußen auf den Parkplätzen kampieren. Wie nicht anders zu erwarten, sitzen Kartenspieler im Schneidersitz auf dem Boden, Frauen stehen gebeugt über Gasbrennern mit Kochtöpfen, Fernseher sind provisorisch an die öffentlichen Stromleitungen angeschlossen, Männer leeren an diesem schwülen Sonntagmorgen Becher mit Reiswhisky, räudige Hunde liegen herum, Kinder spielen zwischen der Wäsche. Niemand schenkt mir Beachtung, als ich mich Block E nähere und die gefährlich baufällige Betontreppe bis zum zwölften Stockwerk hinaufgehe – die Aufzüge funktionieren schon lange nicht mehr. Schwer atmend komme ich oben an.
    Hemd und Hose sind schweißnaß. Meine Haut juckt von der Hitze, der Anstrengung und vielleicht auch von dem Ungeziefer in diesem verfallenden Gebäude.
    Zimmer 967 befindet sich an einer Ecke. Die Tür öffnet sich beim ersten Tritt, und schon stehe ich in einer quadratischen Kammer, wie ich bereits viele gesehen habe. Vermutlich gibt es eine Behördenvorschrift, mit wie wenig Platz ein Thai auskommt, ohne verrückt oder Kommunist zu werden. Die Abmessungen des Raumes entsprechen denen meiner eigenen Unterkunft, doch Fatima hatte das unschätzbare Privileg von Fenstern auf zwei Seiten. Durch beide sind die wildwuchernden Ausläufer der Stadt am Horizont zu sehen. Die Gegend ist flach, und es gibt keine wirklichen Orientierungspunkte, nur die bekannte Mischung aus großen Wohnanlagen und Squatterhütten mit Wellblechdächern, die im Dunst alle ein bißchen unwirklich erscheinen. Das Zimmer selbst macht den Eindruck, als wäre es von seinem Bewohner einfach verlassen worden. Wahrscheinlich würde sich kein Dieb die Mühe machen, bis in den zwölften Stock hinaufzuklettern, um einen Blick auf die Besitztümer eines armen Strichers zu werfen. Fatima schlief in dieser Phase ihres Lebens auf einer Bambusmatte, rauchte Marlboro Reds und Joints und hatte Schwarzweißfotos von jungen, an AIDS sterbenden Männern an den Wänden: Ihre Körper sind ausgezehrt, knochig; auf Gesicht und Brust prangen die Insignien des Kaposi-Sarkom, bei einem von ihnen sogar am Auge. Wenn ich in einer Ecke gegenüber der Tür in die Hocke gehe, habe ich diese Galerie in beiden Richtungen im Blickfeld. Jetzt bin ich Ussiri, lange bevor er zu Fatima wurde. Mit dem Rücken zur Wand starre ich stoned meine Zukunft an, das Versagen des Immunsystems, Erkrankungen der Atemwege, die sich zu einer Lungenentzündung oder -krebs auswachsen, die Unfähigkeit des Körpers zur Selbstheilung, der allmähliche Verlust der geistigen Fähigkeiten, Gehirntumore, Verwirrung. Und das alles wofür?
    Auf dem Boden neben dem Toilettenloch finde ich eine Patientenkarte für eine Klinik nicht weit von Pat Pong entfernt. Ich kenne das Krankenhaus, das sich, wie fast alle anderen in dieser Gegend, auf Tests für Geschlechtskrankheiten spezialisiert hat. Dorthin gehen die Nutten und Stricher zu ihren monatlichen Untersuchungen.
    In der Soi 7, an der Silom Road,

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