Der Jadereiter
verändert.«
»Verändert?«
Schweigen.
»Vollkommen anders. Er hatte seine Seele verloren, das hat er selbst zugegeben. Er betrank sich, rauchte ganja und zerfetzte seine Bibel. Er sagte: ›Ich habe um Gnade und Erlösung gebetet, aber mir ist der Teufel geschickt worden. Vielleicht gibt’s nur den Teufel, und alles andere sind Kindergeschichten.‹«
»Und da haben Sie angefangen, das Östradiol zu nehmen?«
»Ja, da begann der High-Tech-Teil der Verwandlung. Östradiol. Computerprogramme, medizinische Nachschlagewerke, Spezialistenforen im Internet.«
»Und Dr. Surichai?«
»Ja, nach ein paar Monaten Dr. Surichai. Bill saß jeden Tag am Computer und spielte mit Diagrammen, Farbabbildungen von Männer- und Frauenkörpern, bewegte die einzelnen Teile, schnitt hier was ab, fügte dort was an, und ich stand, die Arme um seinen Hals, bewundernd hinter ihm und sagte: ›Ja, Schatz, die Titten gefallen mir. Für dich lasse ich mir drei Titten und zwei Mösen machen, alles, was du willst.‹«
»Das heißt, Sie wurden völlig neu entworfen?«
»Genau. Aber das machte mir nichts aus. Ich fühlte mich geschmeichelt, daß mein Mann so verrückt nach mir war. Wer wäre das nicht gewesen? Es hätte mir nicht mal was ausgemacht, mich von ihm in den Teufel verwandeln zu lassen. Was hatte Gott je für mich getan?« Ein kurzes Aufleuchten ihrer großen schwarzen Augen. »Es war, als wäre ich in der Hölle geboren worden und aufgewachsen und dann plötzlich in den Himmel gekommen. Ich hatte zum erstenmal Liebe, ein Zuhause, ein Gefühl der Zugehörigkeit gefunden. Sie verstehen, was ich meine?«
»Ja.«
»Und wenn man so etwas erlebt, fühlt man sich wie auf Wolke sieben. Man kann sein Glück nicht fassen.«
»Sie wußten, daß Sie nicht dem üblichen Profil des Transsexuellen entsprachen? Sie hielten sich nicht für eine im Körper eines Mannes geborene Frau?«
»Ach was, das ist farang- Scheiße . Hier in Krung Thep haben wir bereits Designerkörper – die Jungs von der Straße schneiden sich alles ab, lassen sich alles wachsen, nehmen alle Drogen, wenn’s sein muß. Wir sind die Zukunft, Schätzchen. Der farang braucht noch ein bißchen, bis er das begreift. Sie werden schon sehen, er hört auch mit dem Psycho-Quatsch auf, wenn er erst merkt, wieviel Geld sich mit so was machen läßt.«
»Aber Sie haben doch sicher daran gedacht, daß der Chirurg irgendwann alles abschneiden würde, oder?«
Achselzucken. »Nicht wirklich. Ich hab’s aus Liebe gemacht, Schätzchen. Sie sind auch ein Kind der Straße, Sie wissen, was es heißt, wenn man nichts zu verlieren hat. Und es war letztlich kein Verlust, denn er hat mich in eine Göttin verwandelt.«
Ich schalte das Diktaphon aus. Dr. Surichais Frage: Was ist ein Transsexueller? Ein mittelalterlicher Eunuch, vollgepumpt mit Östrogen? kommt mir in den Sinn. Stellt Fatima sich diese Frage auch bisweilen, wenn es ihr nicht so gutgeht? Ich drücke wieder auf den Aufnahmeknopf.
»Aber Sie selbst hatten keine Verbindung zu dem Schmuckhändler?«
»Nein, abgesehen davon, daß anfangs das Geld von ihm stammte. Dann hat Bill die Kontakte des Schmuckhändlers genutzt, um in den yaa-baa- Handel einzusteigen, der später alles finanzieren sollte. Aber plötzlich war gar nicht mehr so viel Zeit für die Sorgen; ich hab die Medikamente genommen, bin zum Arzt gegangen; Bill hat sich immerzu Gedanken über meinen Adamsapfel gemacht und darüber, wie sich meine Stimme anhören würde – nach einer Weile ist sogar die Sache mit dem Teufel in den Hintergrund getreten. Wahrscheinlich hat Bill seine Vereinbarung mit dem Schmuckhändler einfach verdrängt.«
»Wann haben Sie’s rausgefunden?«
»Nun, das Geschäft mit dem yaa baa ging nicht so gut wie erhofft. Etwa alle zwei Monate kam eine Lieferung, die wir am Flughafen abholten. Ich habe ihn immer begleitet für den Fall, daß er einen Dolmetscher brauchte – sein Thai war nicht sonderlich gut. Das Zeug wurde von einem birmesischen Armeegeneral geschickt, der die Grenzbeamten und das örtliche Syndikat bezahlte. Dieses Syndikat brauchte Bill eigentlich nur für den Transport vom Flughafen zur Dao Phrya Bridge, zu den Squattern. Das sind alles Karen; sie haben Verbindungen zu den Leuten im Grenzdschungel. Es hätte merkwürdig ausgesehen, wenn alle zwei Monate einer von den Squattern aufgetaucht wäre, um einen großen glänzenden Aluminiumbehälter vom Flughafen abzuholen, aber ein Amerikaner mit einem Mercedes paßte
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