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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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er sich umdreht, entdecke ich einen neuen Gegenstand in meinem Haushalt, einen Getränkekühler. Er taucht die Hand in das geschmolzene Eis und reicht mir eine tropfende Dose Singha.
    »Das ist die letzte. Soll ich Nachschub aus dem Laden unten holen? Ich hab mich mit dem Inhaber und seinen Jungs angefreundet. So anders als in Harlem ist das hier gar nicht. Ich hab sie gefragt: ›Auf was seid ihr, Jungs, auf Meth oder auf ganja? ‹ Mir war schon klar, daß es ganja sein muß, Meth macht nicht so träge. Sie haben mir Meth angeboten, aber ich hab ihnen gesagt, daß ich keine Drogen nehme. Also wollten sie mir Frauen besorgen; die wären sofort aufs Motorrad gesprungen und hätten mir ein halbes Dutzend gebracht. Ein Nigger könnte sich heimisch fühlen in diesem Land. Vielleicht hatte Billy doch nicht so unrecht. Woher wußten Sie, daß ich lüge, und wie sah die Lüge Ihrer Meinung nach aus?«
    »Sie haben mir nicht den wahren Grund für Ihren Aufenthalt hier genannt. Die FBI-Frau hat herausgefunden, daß Sie in Paris nicht nur den Flieger, sondern auch die Fluggesellschaft gewechselt haben, also wollten Sie inkognito reisen. Sie hätten bei einer Airline bleiben können. Ich glaube nicht, daß Sie in Paris zwischengelandet sind, um den Eiffelturm zu bewundern.«
    Grunzen. »Dann bin ich also Ihrer Meinung nach hier, weil ich was mit Billys Meth-Geschäften zu tun hatte?«
    »Nein.«
    Schweigen. »Ich hole uns ein Bier.«
    Als er sich erhebt, ist kaum noch Platz in meinem Wohnloch. Er erinnert mich an eine Buddhastatue in einer zu kleinen Höhle. Ich muß einen Schritt beiseite treten, damit er hinauskann. Als er zurückkommt, begleiten ihn ein paar Motorradtaxifahrer, die mehrere Six-packs und Tüten mit Eiswürfeln schleppen. Elijah greift in seine Tasche und holt ein neues Schloß mit den dazugehörigen Schlüsseln heraus. »Tut mir leid, daß das andere kaputt ist, aber ich hab einfach keinen gemütlichen Platz zum Warten gefunden.«
    »Macht nichts. Wie haben Sie’s geschafft, es so sauber aufzubrechen? Ich habe keine Kratz- oder Stemmspuren an der Tür gefunden.«
    Er schnaubt verächtlich. »Das kleine Ding? Mit der Hand. Wissen Sie, mein Freund, Muskelkraft öffnet doch noch hin und wieder Türen.«
    »Wie bitte?« frage ich, plötzlich von dem Eiskühler fasziniert.
    »Ich habe Billy geliebt«, sagt Elijah. »Wahrscheinlich, weil er mich liebte. Wir kannten unseren Vater kaum, also war ich das einzige männliche Vorbild, das er hatte. Wir waren unzertrennlich, bis ich mit fünfzehn wegen ’nem kleinen Heroinhandel, der schiefgelaufen ist, in die Besserungsanstalt mußte. Als ich wieder raus war, kriegte ich ’nen guten Bewährungshelfer, einen Schwarzen, der wußte, wo ich herkam, und der meine Mutter kannte. Er hat zu mir gesagt: ›Vielleicht hast du den Grips und die Reaktionsschnelligkeit, aber was ist mit deinem kleinen Bruder? Willst du den ruinieren? Billy ist nicht so hart wie du. Du bist schuld, wenn er in der Hölle landet.‹ Ich wußte, daß er recht hatte. Also hab ich mich von dem Jungen distanziert, obwohl mir das fast das Herz brach. Ich kann nicht behaupten, daß ich begeistert war, als er zu den Marines gegangen ist, aber immerhin mußte ich mir keine Sorgen mehr um ihn machen, auch nicht, als er aufhörte, mich anzurufen. Ich bin mir vorgekommen wie ein Vater, der seinem Sohn ein besseres Leben ermöglicht hat als sich selbst. Und als er dann wieder anrief, war ich ganz aus dem Häuschen. Plötzlich zählten die zehn Jahre dazwischen nicht mehr. Wir waren wieder Freunde. Seit er tot ist, wache ich jeden Morgen mit dem Gedanken auf, die Leute kaltzumachen, die ihm das angetan haben. Ich werde sie mit meinen Händen zerquetschen, jeden einzelnen von ihnen.«
    Es ist zwei Uhr vierunddreißig, und wir haben fast das ganze Bier getrunken. Elijah hat mir erklärt, wie man Meth herstellt, ein Netzwerk aufbaut, in New York bestechliche Cops findet. Ich bin jetzt Experte in puncto Beutelabpackung (sie müssen die richtige Größe haben – wenn sie zu groß sind, werden sie zu teuer für den durchschnittlichen Drogensüchtigen; mit zu kleinen macht man sich selbst unnötig Arbeit. Vor allen Dingen darf man nicht übermütig werden und irgendein Kennzeichen wie Goldsterne oder ähnliches darauf drucken, denn das bewerten die Richter als organisiertes Verbrechen). Er hat mir alles verraten, was ich wissen muß, falls ich jemals in den amerikanischen Drogenhandel einsteigen sollte, und nun sagt

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