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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Kopf.«
    Ich sehe zu, wie Warren ihrer Anweisung folgt. Zitternd steht er da, das wertvolle Artefakt auf dem Kopf, während sie zehn Schritte zurücktritt. Sie läßt die Peitsche nach hinten schnalzen. Von den Almosenschalen ist lautes Scheppern zu hören. Warren beginnt, an seinen Lippen zu nagen. Plötzlich saust die Peitsche auf uns zu, und ich ducke mich unwillkürlich. Sie züngelt in Richtung von Warrens Gesicht, so daß er gezwungen ist, beim Ausweichen den Tiger zu packen. Das Leder reißt ein großes Stück aus seiner Jacke, seinem Pullunder sowie seinem Hemd und trifft auf das Fleisch. Trotzdem läßt er den Tiger nicht los.
    »Du hast geschummelt«, zischt Fatima. »Wer hat dir erlaubt, dich zu bewegen?« Wieder saust die Peitsche herab, diesmal auf die Hände, die den Tiger halten. Noch immer läßt er ihn nicht los, doch das Leder windet sich darum und entreißt ihn ihm. Er fällt herunter und zerbirst in tausend Stücke. Ich stehe mit offenem Mund da, sehe zuerst Warren, dann die Scherben auf dem Boden an. »Er hat geschummelt«, zischt sie noch einmal. »Das haben Sie doch gesehen, oder?« Warren und ich ducken uns, als sie die Peitsche über dem Kopf schwingt. Sie trifft ein Regal voller Keramikfigurinen, reißt sie alle mit einem Schlag herunter. Warren ist schluchzend in die Hocke gegangen. Auf allen vieren versucht er, die Stücke des zerbrochenen Tigers und die Scherben der Figurinen aufzuheben.
    Ich habe keine Zeit, mir einen Reim auf diese bizarren Vorgänge zu machen. Die Khmer eskortieren mich zum Lift, Fatima und Warren bleiben allein im Lager zurück. Draußen erwartet mich die schwüle Flußluft, wo Touristen träge bummeln und Longtail-Boote auf und ab brausen. Kimberley Jones wartet auf dem Rücksitz ihres Mietwagens auf mich. Sie verbirgt ihre Erleichterung nicht, als sie mich sieht.

48
    Während wir versuchen, den Sinn meines Abenteuers in Warrens Keller zu ergründen, lassen Kimberley Jones und ich uns ziellos durch die Stadt treiben, landen in hundert Verkehrsstaus, fahren hinaus nach Pattaya, essen in einem Fischrestaurant am Meer, wo die FBI-Frau mich, weil ich nicht mit ihr schlafen will, bestraft, indem sie über die Thai-Küche herzieht (Chili im Fisch: Wie soll man denn was schmecken, wenn der Mund brennt wie Hölle?), und kehren schließlich nach Bangkok zurück, ohne eine Erklärung für das Rätsel gefunden zu haben. Eine einzige Äußerung der FBI-Frau scheint sachdienlich zu sein: »Fest steht nur, daß Fatima irgendwie an das Video gekommen ist, von dem Iamskoij gesprochen hat. Lassen Sie sich das von einer Amerikanerin sagen: Warren würde sich so was nicht gefallen lassen, wenn sie nicht die Möglichkeit hätte, ihn zu ruinieren.«
    »Und die Khmer, seine Leibwächter?«
    »Keine Ahnung, Sie sind doch unser Hausasiate.«
    Es dämmert bereits, als ich mich von Kimberley Jones verabschiede. Der Hof vor meinem Haus ist schlecht beleuchtet, nur der illegale Laden mit den Motorradtaxifahrern, die stoned auf ihren Liegen herumlümmeln, erstrahlt in hellem Licht. Ich gehe die Treppe zu meiner Wohnung hinauf, wo ich sehe, daß jemand sich am Schloß zu schaffen gemacht hat. Normalerweise beehren Einbrecher mich nicht, weil alle wissen, daß ich, obwohl ich Cop bin, nichts besitze. So etwas ist nur ein einziges Mal passiert, als der Fernseher eines Nachbarn mitten in einer Seifenoper den Geist aufgab und er in dem festen, aber leider falschen Glauben in mein Zimmer eindrang, daß ich einen hätte. Ich frage mich, ob wieder ein Fernseher kaputt ist oder ich mir schlimmere Gedanken machen muß. Ich komme zu dem Schluß, daß meine Feinde zu klug sind, um mein Schloß aufzubrechen und dann in meiner Wohnung auf mich zu warten, doch mir fehlt der Mut, diesem beruhigenden Schluß gemäß zu handeln, bis ich nach einer Weile eine ziemlich lange Furzfanfare aus dem Innern höre. Vorsichtig öffne ich die Tür. Ich kann ihn nicht sehen, aber mein Instinkt läßt mich seinen riesigen Körper erahnen und seinen schweren Atem wahrnehmen. Als ich das Licht einschalte, reibt er sich grunzend die Augen. Auf dem Futon, der viel zu schmal für ihn ist, obwohl er ihn in die Mitte des Raums gezerrt hat, liegen Verpackungsfetzen von Bierkartons. Sein Körper hängt auf beiden Seiten über den Rand, doch es gelingt ihm bemerkenswert mühelos, sich aufzusetzen.
    »Ich hab Sie angelogen«, begrüßt er mich mit seinem kehligen Harlem-Slang.
    »Ich weiß. Haben Sie mir ein Bier übriggelassen?«
    Als

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