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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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ihren elegant geschwungenen Armen, ihren schmalen, in der Pose einer Thai-Tänzerin gehaltenen Händen, ihren verführerischen Mandelaugen, ihren vollen, vielleicht ihrer Nacktheit wegen ironisch lächelnden Lippen sowie ihrer geraden langen Nase, die vermutlich westliches Erbe ist, setze ich mich aufs Bett. Die Hände hinter dem Kopf gefaltet, lege ich mich hin, um über Bradley nachzudenken.
    Man stelle sich einen Mann vor, dem noch nie ein anderer Mann das Wasser reichen konnte: ein hervorragender Sportler und Soldat reinen schwarzen Blutes, heterosexuell und gewiß ein Kenner der Frauen auf der ganzen Welt, an der Schwelle zum mittleren Alter und dem Rückzug aus dem Berufsleben, aber vitaler als die meisten seiner nur halb so alten Geschlechtsgenossen; ein Mann, der in Bangkok stationiert und wie so viele süchtig ist nach dieser Stadt, ein häufiger Gast der Clubs an der Nana Plaza, seit Jahrzehnten auf der Suche nach dem perfekten Frauenkörper.
    Dieser Mann war mit Sicherheit kein normaler Soldat. Er hatte ein Auge für Schönheit, wie andere seiner Rasse ein Ohr für Jazz besitzen. Wie war so ein Mann wohl auf die Idee gekommen, Soldat zu werden? Vielleicht entwickelte sich sein vorzüglicher Geschmack erst im Lauf der Zeit, als er seine berufliche Laufbahn bereits eingeschlagen hatte, möglicherweise mit Ende Zwanzig? Wie unangenehm, in der funktionalen Welt des Militärs leben zu müssen; führte der Druck zu ständiger Unzufriedenheit und dem stets wiederholten, immer eindringlicher werdenden Schwur, nach dem Ausscheiden aus dem Militär werde ich …? Er hatte seinen Ruhestand sorgfältig geplant, einen Ruhestand, wie er einem erfolgreichen Soldaten gebührt: zusammen mit der schönsten Frau, der er je begegnet war, in einem wunderbaren Haus, dazu das ernsthaft betriebene Edelsteinhobby, für das er im Internet mit einem höchst ästhetischen Jadephallus warb. Können wir von einem gewissen Narzißmus ausgehen? Ein solcher Mann mußte sich einfach selbst lieben, egal, wie streng seine berufliche Disziplin war. Sogar auf der Bahre in der Leichenhalle war er trotz des schlaffen, durch Schlangenbisse entstellten Fleisches noch immer der Inbegriff vollkommener Männlichkeit gewesen.
    Stellen Sie sich den Augenblick vor, als Bradley diese Frau das erste Mal sah. Schlug sie ihn sofort in ihren Bann? Sie war eine Frau, der Durchschnittsmänner sich nicht zu nähern wagten, die vielleicht ihrerseits schon lange auf den perfekten Mann gewartet hatte. Aber wo hatte sie sich versteckt? Wäre sie in den Bars an der Nana Plaza oder in Pat Pong aufgetreten, hätte ich mit Sicherheit von ihr gehört. So eine Frau wäre berühmt geworden, sobald sie begonnen hätte, mit kreisenden Bewegungen um eine der Edelstahlstangen in den Clubs zu tanzen.
    Ich stehe auf, um mir das Bild genauer anzusehen. Ihre Haltung ist aristokratisch; sie wirkt nicht wie eine Frau, die nackt in der Öffentlichkeit tanzen würde. Aber wenn sie tatsächlich das uneheliche Kind eines amerikanischen Soldaten war, wie hatte sie sich dann ihren Lebensunterhalt verdient? Als Tochter eines Barmädchens hätte sie keine nennenswerte Ausbildung genossen, ihre Qualifikationen wären gleich Null, und außerhalb der Clubszene besäße sie so gut wie keine Kontakte.
    Ich beginne, eine Verbindung zwischen ihr und dem Rest des Hauses herzustellen, was nicht schwierig ist. Die beiden scheinen genau aufeinander abgestimmt zu sein, als wären sie von einem Kenner aus unterschiedlichen Katalogen ausgewählt worden. Dies ist kein Zuhause – jedenfalls nicht in meinen Augen –, sondern ein Ambiente, ein Schutzwall gegen die Häßlichkeit der Stadt, ein bewußter und sehr westlicher Versuch, eine eigene, ganz persönliche Realität zu schaffen.
    Ein sehr großer Teil dieser Realität hat mit Erotik zu tun. Man muß sich einfach vorstellen, wie die beiden sich leidenschaftlich, zwei sich paarenden Panthern gleich, umschlingen. Ich male mir einen Liebesakt aus, wie ich selbst ihn nie erlebt habe, ein ausgedehntes Bankett der Lust, das bewußte Hinauszögern des Höhepunktes, das langsame, unerbittliche Fordern des Mannes, die Ekstase der Frau unter diesem schwarzen Gott. Auf einem Regal im Bad finde ich eine Sammlung von Parfüms und Aromaölen, manche aus Thailand, andere aus einem Geschäft in San Francisco.
    Mein erschöpfter Körper erträgt einen solchen Ansturm der Sinnesreize nicht. Hatte der Marine auch eine andere Seite? Ich entdecke einen Computer mit

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