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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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eifriger Verfechter der Umverteilung des globalen Reichtums von West nach Ost.
    »Ich an Ihrer Stelle würde tausend Dollar verlangen.« Er rechnet im Kopf um: fünfundvierzigtausend Baht, kein Vermögen, aber ein erkleckliches Sümmchen. Er legt die Handflächen vor der Stirn zusammen. »Danke, Detective.«
    »Gern geschehen. Und falls Sie die Frau noch einmal sehen sollten, lassen Sie es mich wissen.«
    Draußen auf der Straße bekomme ich plötzlich wackelige Knie. Das Meth hat alle Nährstoffe aus meinem Blut gesaugt, und mir wird fast schwindelig. In meinem Kopf hämmern die Bässe aus einem nahe gelegenen Musikgeschäft, und ich habe das Gefühl, daß ich gleich kotzen muß. Die Welt neigt sich um etwa dreißig Grad, als ich die schmale soi finde, in der Bradleys Wohnung sein soll.

14
    Zu meiner Überraschung handelt es sich bei Bradleys Adresse nicht um eine Wohnung, sondern um ein altes Teakhaus auf Stelzen. Ich ziehe die Schuhe aus und gehe die Holztreppe zur Tür hoch. Unter dem Messingklingelzug, einer antiken Kuriosität, siebzig Jahre oder älter, steht, ebenfalls in Messinglettern: William Bradley.
    Ich klingle und warte etwa fünf Minuten, bis ich das klatschende Geräusch nackter Füße auf Teakbohlen zu hören meine. Ganz sicher kann ich mir wegen des gedämpften Verkehrslärms und des endlosen Wumm-Wumm-Wumm aus den Lautsprechern auf der Khao San Road nicht sein. Ich versuche es noch einmal. Erst nach einer Weile merke ich, daß mich durch ein offenes Fenster eine Frau über Sechzig mit ängstlichem Blick beobachtet. Ich schenke ihr mein schönstes Lächeln.
    »Ist Khun Bradley da?« Sie starrt mich an. »Ich bin von der Polizei.« Ich hole meinen Ausweis aus der Tasche und halte ihn ihr hin, obwohl sie vermutlich Analphabetin ist. Sie starrt mich weiter an, also versuche ich es mit einer anderen Strategie: »Mutter, ich habe Ihren Lohn für vergangene Woche.«
    Ein unschuldiges, freundliches Bauernlächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Die rosige Zunge und das Zahnfleisch heben sich von ein paar elfenbeinfarbenen Stumpen ab. Offenbar hat dieses Haus sogar eine echte Oma mit echter Betelsucht. Sie verschwindet, und überraschend schnell öffnet sich die Tür. Die Frau ist nicht mal einsfünfundfünfzig groß und trägt ihr schwarzes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, der ihr bis zum Po reicht; ich sehe keine einzige graue Strähne darin. Sie ist mit einem Sarong sowie einer cremefarbenen Bluse bekleidet und hat eine Goldkette mit dem Medaillon eines früheren Königs von Thailand um den Hals. Sie legt die Handflächen zum wai- Gruß , aneinander. Jetzt, da sie beschlossen hat, mir zu vertrauen, gewährt sie mir durch ein weiteres Lächeln einen Blick auf ihr lauteres Gemüt.
    Als ich das Haus betrete, beugt sie sich über das Treppengeländer und spuckt üppig rote Flüssigkeit auf den Boden unten.
    »Mutter, ich habe vergessen, wieviel wir Ihnen pro Woche zahlen.«
    »Vierhundertfünfzig Baht.«
    Ich hole eine Rolle Scheine aus der Tasche. »Tut mir leid, daß ich so spät dran bin.«
    »Du bist nicht zu spät, heute ist Zahltag.«
    »Wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen?«
    »Vor zwei Tagen. Aber sie ist noch einmal zurückgekommen und hat ihre Sachen geholt. Das muß gestern gewesen sein, als ich mit meiner Tochter in der Nakhon Sawan Road war.«
    »Gestern hatten Sie Ihren freien Tag?«
    »Ja.«
    »Schlafen Sie hier?«
    »Ja.«
    Ich gehe in die Hocke, damit ich neben ihr nicht so groß wirke. Sie tut es mir gleich, so daß ihre Augen sich nicht über den meinen befinden. Ich hole das Foto von Bradley aus der Tasche. »Das ist Khun Bradley, stimmt’s?« Sie nickt heftig. »Schade, daß ich kein Bild von Madame Bradley besitze. Haben Sie eins?« Sie schüttelt den Kopf.
    »Könnten Sie sie beschreiben?« Ich sehe nur einen kurzen Moment des Zweifels in ihrem Blick; sie ist zu dem Schluß gekommen, daß ich ein anständiger Mensch bin, und ein paar merkwürdige Fragen können ihren Glauben daran jetzt nicht mehr erschüttern.
    »Sie ist groß, sehr groß. Ich habe noch nie eine so große Frau gesehen.«
    »So groß wie er?«
    »Wie er? Niemand ist so groß wie er. Er ist ein Riese.«
    »Von wem haben Sie Ihre Anweisungen erhalten?«
    »Von ihr.«
    »Hat sie Thai gesprochen wie Sie und ich?« Die Frage verwirrt sie. »Ist sie eine farang? «
    »Nein, sie ist eine Thai und spricht so wie wir. Zuerst dachte ich, sie kommt aus Afrika« – die Frau deutet mit der Hand einen Afrolook an

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