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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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wären wir verloren.«
    Das ist das erste Zeichen von Schwäche, das er zeigt, und ich muß es ausnützen. Mit einem kurzen Blick und einem Kinnicken bedeutet er mir, ihm in seine Hütte zu folgen, wo der Whisky langsam durch den Stoffilter in ein Gefäß tröpfelt. Der Stammesführer holt eine Flasche und zwei Plastikbecher. Wir wünschen einander viel Glück, dann rinnt der Alkohol beißend meine Kehle hinunter und frißt sich in meinen Magen. Es ist gemütlich in der Hütte, in den Dämpfen der über der Holzkohle köchelnden Maische.
    »Du gehörst zum District 8, stimmt’s?«
    Ich sehe ihn an. »Und?«
    Er zuckt mit den Achseln. »Euer Colonel ist berühmt. Vikorn heißt er, stimmt’s?«
    »Du kennst ihn?«
    Vorsichtiges Schürzen der Lippen. »Nicht persönlich. Wie gesagt, er ist berühmt.«
    »Willst du direkt mit ihm sprechen?«
    Ein entwaffnendes Lächeln. »Das wollte ich nicht damit sagen. Hör zu, wir möchten nicht, daß die Typen vom FBI hier rumschnüffeln. Unsere Leute wissen wirklich nichts. Sie waren entweder betrunken oder haben Karten gespielt. Old Tou hat kaum noch ’ne funktionierende Gehirnzelle im Kopf.«
    »Vielleicht hast du ja was gesehen?«
    Zögern. »Tja, ich war tatsächlich in der Nähe der Straße, als der Mercedes an der Brücke hielt.«
    »Vorher hast du gesagt, du warst nicht da.«
    Achselzucken. »Ich bin gerade von Geschäften auf der anderen Seite der Stadt zurückgekommen.«
    »Und?«
    »Es war ziemlich genau so, wie Old Tou es beschrieben hat, bloß daß der Mercedes am oberen Ende der Straße angehalten hat, und dann sind ein paar Motorräder aufgetaucht. Jemand ist aus dem Wagen ausgestiegen, zu einem der Biker auf die Maschine geklettert und mit ihm weggefahren, aber das war auf der anderen Seite vom Auto, deshalb hab ich’s nicht so genau gesehen.«
    Nur noch mehr Moonshine wird seine Zunge weiter lösen. Ich habe weniger als ein Drittel des Bechers ausgetrunken, bin aber bereits benebelt. Er füllt nach, nimmt einen großen Schluck und leckt sich die Lippen. Ich versuche, konzentriert zu bleiben, während ich ihn durch die Alkoholdünste ansehe. »Was war sonst noch?«
    Ein Grinsen. »Du bist richtig gut, was?« Er leert seinen Becher. »Die Biker hatten Waffen, wie diese kleinen Automatik-MPs in den Filmen. Sie haben damit auf den Wagen gezielt. Es hat ausgeschaut, als würde der schwarze farang entführt.« Er sieht mich an. »Natürlich …«
    »Natürlich hast du dich weggedreht. Du wolltest ja nicht später als Zeuge aussagen müssen.«
    Der Stammesführer nimmt meinen ironischen Unterton nicht wahr, strahlt mich erleichtert an. »Du verstehst mich also?«
    Ich leere meinen Becher und stehe auf. »Ich glaube nicht, daß die Leute vom FBI sich für dein Moonshine interessieren. Vielleicht kommen sie trotzdem. Wenn, hetz einfach Old Tou auf sie. Mach dir keine Sorgen.«
    »Willst du Geld?« fragt der Stammesführer. »Ich kann dir ein bißchen was von den Erlösen der letzten Woche geben. Das werden meine Leute verstehen.«
    Ich schüttle den Kopf. »Viel Glück, Bruder.«
    Er schenkt mir sein aufrichtigstes Lächeln. »Danke, Bruder. Mögest du deinen Partner rächen und in Frieden leben.«
    Ich nicke.
    Ich habe meinem Motorradtaxifahrer gesagt, daß er warten soll, und sehe ihn bei der Brücke stehen. Es hat keinen Sinn, die Sache noch länger hinauszuschieben. Ich muß mit dem Colonel reden.

17
    Ein Polizeirevier in der Dritten Welt, soll heißen ein zweistöckiges Stahlbetongebäude mit unserer Fahne und Büsten unseres hochverehrten Königs, ein großer Empfangsbereich, der den Hauptteil des Erdgeschosses einnimmt, an einem Ende offen, als hätte man eine Wand vergessen. In diesem offenen Teil befinden sich mehrere Reihen stabiler, unter den Sitzen durch Metallbalken miteinander verbundener Plastikstühle; der Aufenthalt des Bürgers hier kann bisweilen endlos sein.
    Sie dürfen nicht vergessen, wir sind Buddhisten und somit zu Mitgefühl verpflichtet, auch wenn sich Korruption nicht vermeiden läßt. Die Armen kommen, weil sie Geld und Essen brauchen; Analphabeten wollen sich beim Ausfüllen von Formularen helfen lassen; Leute, die keine Verbindungen zu den richtigen Stellen haben, bitten um Führungszeugnisse und Hilfe bei der Jobsuche; Frauen wenden sich an uns, weil sie es satt haben, von ihren Männern geschlagen zu werden, Männer, weil ihre Frauen mit den Ersparnissen der Familie das Weite gesucht haben. Prostituierte kommen wegen Problemen mit ihrer

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