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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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riesigem Bildschirm in einem kleinen Raum, der offenbar als Büro diente. Dieses Büro ist karg eingerichtet, ohne jeden Hinweis auf die Frau – nackte Teakholzwände und -böden, eine bescheidene Sammlung von Büchern, darunter auch einige sehr große, die nach Fotobänden aussehen, sowie ein einziges Kunstobjekt an einem Ehrenplatz in einem Regalfach ganz oben: ein Jadepferd mit Reiter. Vermutlich handelt es sich um eine Fälschung. Wer würde schon echte Jade in einem Holzhaus aufbewahren, auch wenn es sich um ein Haus wie dieses handelt?
    Ich schalte den Computer ein; auf dem Monitor erscheint das Emblem der Windows Millenium Edition. Als ich »Programme« anklicke, finde ich eine lange Liste von dreißig bis vierzig Anwendungen: Word in Englisch und Thai, Astrologie und Astronomie, Gemmologie, Mathematik, englische Stilistik, ein Thai-Übersetzungsprogramm, die Encyclopaedia Britannica, Webster’s New World Dictionary, How to Write a Winning Business Plan – das alles sieht aus wie ein Do-it-yourself-Programm zur Erlangung von Wissen, und zwar von null auf hundert.
    Es ist zwölf Uhr sechsundvierzig; mein Problem ist nun nicht mehr der Mangel, sondern der Überfluß an Informationen. Eine genaue Überprüfung der Daten sowie der Internet-Aktivitäten von Bradley wird Tage dauern. Ich klicke Word an, gebe »Willkommen, Khun Rosen und Khun Nape« ein, schalte den Monitor aus, aber nicht den Computer.
    In der Khao San Road lasse ich mir einen Zweitschlüssel für den Raum im Obergeschoß machen und kaufe eine Einwegkamera mit Blitz, dann kehre ich zurück, um die Porträts der Frau, den Jadereiter und den Computer zu fotografieren. Ich verschließe die Tür, gebe den Originalschlüssel wieder der alten Frau, die betelkauend auf dem Teakholzboden im unteren Raum hockt, gleich neben einem Fenster, durch das sie bequem hinausspucken kann. Sie scheint mich völlig vergessen zu haben, denn sie zuckt zusammen, als ich mich ihr nähere. Ohne mich anzusehen, läßt sie den Schlüssel wieder unter ihrer Bluse verschwinden. Draußen auf der Straße winke ich ein Motorradtaxi heran.

16
    Der Mercedes ist von der Dao Phrya Bridge verschwunden, zweifellos von der Polizei entfernt. An der Stelle, an der der Wagen stand, finde ich zwei tote Kobras, die nicht erschossen, sondern erschlagen worden sind.
    Als ich von dem Motorrad herunterklettere, höre ich aus einer der Squatterhütten ein kaum noch menschliches Geräusch. Ein Mann brüllt aus voller Kehle wie ein wütender Bulle: »Scheiß aufs FBI, Scheiß auf die Mutter vom FBI, ICH HAB DURST!«
    Der Stammesführer kommt mir mit besorgtem Blick entgegen, als ich mich dem Rand der Siedlung nähere. »Du bist spät dran. Du hast gesagt, du bist mittags da. Jetzt ist es halb zwei.«
    »Ich hatte viel zu tun heute vormittag. Was ist los?« Sie haben Old Tou mit einem leuchtend orangefarbenen Seil um Arme, Rumpf und Beine aufrecht stehend an einen Pfosten gefesselt und an eine der stabileren Hütten gelehnt.
    Nur Hals und Kopf des alten Mannes sind frei. Die Sehnen an seinem Hals treten beim Brüllen hervor.
    »Du hast gesagt, du willst ihn nüchtern. Anders ging’s nicht.«
    »Könnt ihr ihm denn kein Wasser geben?«
    »Wir haben ihm jede Menge eingeflößt. Der will kein Wasser.«
    »Bindet ihn los.«
    »Machst du Witze? Den binde ich erst los, wenn er wieder betrunken ist. Wenn der hier rumtobt, ist die ganze Siedlung im Eimer. Willst du ihn nun fragen oder nicht?«
    Der alte Mann starrt mich mit blutunterlaufenen Augen an. »Bist du dieses Polizistenschwein, von dem sie die ganze Zeit reden? Ich reiß dir die Nase mit den Zähnen ab.«
    »Ich will dir bloß ein paar Fragen stellen.«
    »Scheiß auf deine Fragen. Ich will Whisky. Reiswhisky.«
    Ich nicke dem Stammesführer zu, der eine bis zum Rand mit durchsichtiger Flüssigkeit gefüllte Plastikflasche bringt.
    »Gib ihm einen Schluck, nicht zuviel.«
    Er gießt etwas in einen Plastikbecher. Der alte Mann reckt den Kopf wie ein Jungvogel, als der Stammesführer ihm den Alkohol einflößt. »Mehr.«
    »Wenn du meine Fragen beantwortet hast, kannst du dich meinetwegen zu Tode saufen.«
    Der alte Mann leckt sich die Lippen. »Wenn die mich loslassen, bringe ich dich um. Was für Scheißfragen?«
    »Du hast den Mercedes mit dem schwarzen farang gestern hier ankommen sehen?«
    Er spuckt aus. »Klar. Ich hab an der Brücke gesessen und was getrunken. Hab alles gesehen.«
    »Was hast du gesehen?«
    »Die Roten Khmer.«
    Gelächter

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