Der Jadereiter
Bier, bestellt ein neues und öffnet die Flasche Mekong-Whisky, die die Mädchen auf den Tisch gestellt haben. Er füllt zwei Schwenker und gibt Eis aus einem Eimer dazu. »Sonchai, jetzt sag mir doch, was du von dem Fall hältst.« Das ist keine unschuldige Frage.
»Ich bin erst seit einem Tag dran.« Ich sauge an einer Schnecke. »Bis jetzt habe ich noch nichts wirklich Interessantes herausgefunden. Warum haben Sie uns überhaupt die Anweisung gegeben, dem farang zu folgen?«
Er gibt ein mißbilligendes Geräusch von sich und schüttelt den Kopf. »Warum kommst du immer so schnell zur Sache? Liegt das an deinem farang- Blut?Kein Wunder, daß du so unbeliebt bist.«
»Ich bin unbeliebt, weil ich kein Geld nehme.«
»Das auch. Du und dein verstorbener Partner, ihr habt in den letzten zehn Jahren nie etwas in die Gemeinschaftskasse eingezahlt – wie Mönche auf einem endlosen Almosentrip.«
»Warum haben Sie uns dann weiter beschäftigt?«
»Weil mein Bruder mich darum gebeten hat.«
»Ich denke, Sie wollen sich Prestige erwerben. Möglicherweise sind wir die einzige gute Tat, die auf Ihr Konto geht.«
»Nun bild dir mal nicht zuviel ein. Meinem Bruder zuliebe habe ich euch vor der Strafverfolgung wegen Mordes geschützt. Was soll daran gut sein?«
Was kann ich darauf erwidern? Ich starre in die tomyum-Suppe, in der leuchtend rote Chiliteilchen schwimmen. »Dann wollen Sie mir also nicht verraten, warum wir Bradley folgen mußten?«
»Könnte es sein, daß das FBI mich darum gebeten hat?«
Ich schüttle den Kopf. »Die Leute vom FBI hatten bis gestern keine Ahnung von der Sache. Sie wußten nicht mal, wo seine Wohnung ist.«
»Du sprichst vom FBI in der Botschaft. Ich meine das FBI in Washington.«
»Haben Sie mit den Leuten in Washington Kontakt aufgenommen?«
»Natürlich nicht. Sie haben sich über einen Mittelsmann mit mir in Verbindung gesetzt.«
»Tatsächlich?«
»Weil die CIA mit dem FBI Informationen austauscht – jedenfalls manchmal. Und weißt du auch, mit wem die CIA redet?« Ich zucke mit den Achseln. »Mit denselben Leuten, mit denen wir uns unterhalten, in Laos, Birma, Kambodscha. Die CIA zahlt bar, wir erweisen uns erkenntlich, indem wir auf die Verfolgung von Zollvergehen verzichten. Am Ende bekommen wir dieselben Auskünfte.« Er spielt mit dem klebrigen Reis. »Die Sache hat was mit Jade zu tun.« Er will sehen, wie ich reagiere.
»Kann ich mir nicht vorstellen. Welchen Grund hätten Jadehändler, die Konkurrenz mit Schlangen auszuschalten? Und überhaupt, wie sollte ein schwarzer farang es schaffen, ernsthaft im Jadehandel mitzumischen? Der wird von den Chiu-Chow-Chinesen beherrscht, und die verhandeln in einer geheimen Zeichensprache. Wieso sollte das FBI sich dafür interessieren?«
Er runzelt die Stirn. »Na schön, es ging also nicht um Jade.«
»Vielleicht um yaa baa? «
» Yaa baa? Warum nicht Heroin?«
Ich zwinge mich, eine Kugel Reis zu essen, um das Feuer in meinem Magen zu löschen. »Weil die DEA ein Auge auf den Opiumhandel hat. Heroin ist etwas für Desperados. Yaa baa ist sicherer, und es handelt sich um einen Markt mit Wachstumspotential.«
Der Colonel breitet die Hände aus. »Tja, dann hast du den Fall wohl schon gelöst. Es war sicher yaa baa. «
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
»Ist es meine Aufgabe, dir Fragen zu beantworten? Du bist der Detective, ich bin bloß der Mann im Büro.«
»Colonel, Sir, mein Partner ist gestern gestorben. Ich möchte wissen, warum wir dem schwarzen farang gefolgt sind.« Ein Moment der Wahrheit, als unsere Blicke sich treffen. Niemand zweifelt daran, daß der Colonel enge Kontakte zum yaa-baa- Handelhat.
Er spielt mit dem Gedanken, mich so lange anzusehen, bis ich wegschaue, was er meisterhaft beherrscht, entscheidet sich dann aber für den Pfad der Sanftmut und wendet selbst den Blick ab. »Es tut mir leid, Sonchai, wirklich sehr leid. Ich weiß auch nicht, warum ihr Bradley gefolgt seid. Ich habe die Anweisung von oben bekommen und weitergegeben. Vielleicht war sie vom FBI, von unserer Abteilung für Verbrechensbekämpfung oder von einer anderen Stelle – wer weiß das schon?«
»Sie sind der Leiter von Distrikt 8. Niemand gibt Ihnen Anweisungen, ohne sie zu erklären.«
»Man hat mir gesagt, sein Visum sei abgelaufen.« Fast muß ich lachen, doch sein Gesicht nimmt einen düsteren, beinahe schon überheblichen Ausdruck an. »Bei einem ausländischen Militärangehörigen ist das, anders als bei einem
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