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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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ich, doch Sie dürfen nicht vergessen, daß die Wahrheit relativ ist. Früher gab es endlose Kriege zwischen den einzelnen Districts. Manchmal kam es so weit, daß die Colonels sich fast gegenseitig erschossen. Die einzige Lösung schien darin zu bestehen, daß jeder District seinen eigenen Fahrzeughof erhielt.«
    »Verstehe ich Sie richtig? Früher gab’s nur einen einzigen Fahrzeughof für Wagen aus der ganzen Stadt, und der District, in dem er sich befand, hat den gesamten Erlös aus dem Verkauf der Autos und Ersatzteile eingestrichen?«
    »Ja. Es kam zu Kämpfen, Schießereien, etlichen Todesfällen. Die Wagen bringen viel Geld, also wollte jeder ein Stück vom Kuchen. Dann haben die unteren Ränge aufbegehrt. Cops aus ganz Krung Thep stimmten dafür, Sergeant Suriya die Aufsicht über den Hof zu übertragen. Er ist gläubiger Buddhist, fast ein arhat:, alle vertrauen ihm. Er stiftet die Erlöse wohltätigen Einrichtungen, besonders dem Hilfsfonds für Witwen und Waisen von Polizisten, und hilft Cops mit gesundheitlichen Problemen. Wir haben sogar einen neuen Flügel des Police General Hospital errichtet.«
    »Wir?«
    »Wir sind alle stolz auf das, was wir hier geschaffen haben. Nach Fertigstellung des neuen Landestegs gab’s ein Fest. Der Kran hat zwanzig Millionen Baht gekostet.« Ich winde mich ein wenig in der Hitze. »Es ist eine andere Methode, die Dinge anzupacken; ich verstehe, warum jemand aus dem Westen möglicherweise ein Problem damit hat.«
    Sie nickt weise. Ich habe den Eindruck, daß mein Land sie schneller altern läßt, was mir persönlich nicht leid tut. Die ersten Knospen der Weisheit sprießen unter ihren blauen Augen. Ich entdecke eine Andeutung thailändischen Humors um ihre Mundwinkel. »Wäre es nicht einfacher gewesen, den Sergeant anzurufen und zu fragen, ob er den Wagen noch hat? Ach so, in Thailand macht man das nicht, stimmt’s? Geständnisse gibt’s erst, wenn die farang- Fraudie Wahrheit im Schweiße ihres Angesichts selbst zutage gefördert hat. Wieso beschwert sich eigentlich nie jemand? Ein teurer Wagen wird abgeschleppt, und der Besitzer möchte ihn nicht zurückhaben?«
    »Nun, wenn der Besitzer noch am Leben ist, bieten wir ihm immer die Möglichkeit des Rückkaufs.«
    »Des Rückkaufs?«
    »Ja. Natürlich nur innerhalb einer bestimmten Frist. Danach wird das Fahrzeug offiziell als Wrack klassifiziert, was bedeutet, daß es in das Eigentum des Staates übergeht.«
    »›Staat‹, das sind die Cops, stimmt’s?«
    Wir erheben uns gleichzeitig. Es ist wirklich zu heiß für Auseinandersetzungen. »Ja, wer sonst?«
    Wir trotten zum mittlerweile leeren Büro zurück. Aus dem Innern beobachten wir, wie Suriya einen der BMWs auf den Landesteg lenkt. Er hat die Trosse bereits gesenkt; der Wagen wartet nur noch darauf, in die Höhe gehievt zu werden. Ein Frachtkahn setzt sich in Richtung Landesteg in Bewegung. Sobald er angelegt hat, steigt Suriya aus dem Wagen aus. Mir fallen die Geschichten von seinen ersten Versuchen, den Kran zu betätigen, ein: Unter dem Landesteg ruhen mindestens drei Autos im Fluß. So geschickt, wie er heute damit umgeht, würde man das nie vermuten. Als der erste BMW auf dem Kahn ist, wendet er sich fröhlich dem zweiten zu. Kimberley Jones beobachtet alles ganz genau.
    »Ein solcher BMW kostet neu mindestens dreißigtausend US-Dollar. Gebraucht bringt er immer noch zwanzig. Hier auch? Das heißt also, daß das Fondsvermögen der Polizistenwitwen und -waisen innerhalb von zehn Minuten um vierzigtausend Dollar gewachsen ist? Nicht schlecht. Führt er Buch?«
    »Aber nein.«
    »Das könnte ihn belasten, stimmt’s?«
    »Er betrügt uns nicht.«
    Ein wenig nachdenklich sagt sie: »Tja, wahrscheinlich tut er das tatsächlich nicht. Lassen Sie uns in die Stadt zurückfahren, Sonchai. Der heutige Abschnitt des Lehrpfades war besonders steil.«
     
    Als ich im Polizeirevier ankomme, warten dort die üblichen Leute geduldig mit ihren Problemen: drei Mönche, ein paar Bettler, eine Stadtstreicherin, ein etwa vierzehnjähriges Mädchen, das in diesem heruntergekommenen Winkel der Erde unglaublich frisch und strahlend wirkt, vielleicht sechzig Männer und Frauen jeden Alters in Kleidern, kaum besser als Lumpen. Ich erfahre, daß niemand etwas von Adam Ferrai gehört hat und Sergeant Ruamsantiah kurz nachdem ich das Revier verlassen hatte wegen irgendeiner Verkehrskatastrophe weggerufen wurde und bisher nicht wiederaufgetaucht ist. Ein Blick auf die Uhr sagt mir,

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