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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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nur brauchte, um seine Kriegsneurose zu überwinden. Das war eine gute Frage, die ich nicht beantworten konnte, also habe ich dem Buddha geschworen, daß du perfektes Englisch lernst, wenn er mir das Glück vergönnt, dich gesund und kräftig aufwachsen zu lassen.«
    »Du hast mir die Möglichkeit verbaut, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden, weil du das Essen nicht mochtest? Typisch Thai.«
    »Dafür hast du jetzt eine Chance aufs Nirwana. Was für ein Buddhist wärst du wohl geworden, wenn ich in Amerika geblieben wäre?«
    Ich gehe nicht auf diese brillante Erwiderung ein. »Ich hätte Astronaut werden können.«
    »Nein, du hast Höhenangst.«
    »Welchen Beruf hatte er? War er Rekrut?«
    »Ja, er war Rekrut. Und er wollte Anwalt werden.«
    »Was? In Amerika sind alle Anwälte Millionäre. Ich hätte mindestens Senator werden können.«
    Mittlerweile hat meine Mutter sich die Augen getrocknet. Sie beherrscht die Kunst der abrupten Erholung meisterhaft. »Kinder von amerikanischen Anwälten sterben alle früh an einer Überdosis. Davor habe ich dich bewahrt. Wenn du diese verdammten Pläne endlich unterschreibst, verdienen wir eine Million, und du kannst dort leben, wenn du möchtest. Du wirst ja sehen, wie lange du es außerhalb von Thailand aushältst.«
    Ich habe die Zigarette in weniger als einer Minute geraucht, und jetzt ist mir übel. Allerdings schlägt mein Herz wieder normal, und ich beginne, alles ein wenig klarer zu sehen. »Wie hieß er?«
    »Mike.«
    »Mike wie?«
    »Wieso ist das wichtig? Smith. Jetzt weißt du’s – hat sich dadurch irgendwas geändert?«
    Ich glaube keine Sekunde, daß er Mike Smith hieß, aber ich dringe nicht weiter in sie. Statt dessen überrasche ich sie mit einem breiten Lächeln und tätschle ihre Hand, was sie zu beruhigen scheint. Sie trinkt ihr Glas Bier in ein paar Zügen aus, zündet sich eine Marlboro an und lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück.
    »Danke für deine positive Reaktion, mein Schatz. Zweiunddreißig Jahre lang habe ich Angst vor diesem Augenblick gehabt. Habe ich richtig gehandelt oder nicht? Glaubst du nicht, daß diese Frage mich gequält hat? Ich wollte es dir sagen, aber meine Familie hat mir geraten, es nicht zu tun – du könntest mir keine Vorwürfe für etwas machen, das du nicht weißt, meinten sie –, eine sehr thailändische Argumentation, findest du nicht? Manchmal denke ich, ich muß verrückt gewesen sein, Amerika zu verlassen. Selbst wenn er sich nach ein paar Jahren von mir hätte scheiden lassen, hätte ich vermutlich eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung bekommen. Aber damals war Thailand noch anders, wir hatten alle große Angst vor fremden Ländern. Und wir waren prüde. Überrascht dich das? Ein Mädchen hat seinerzeit seinen Körper nur verkauft, wenn es verzweifelt war. Mein Vater hatte Herzprobleme, meine Mutter wurde auf dem Fahrrad von einem Auto angefahren, irgend jemand mußte sich um meine Großmutter kümmern – sie war damals schon blind –, und meine beiden Brüder waren noch Kinder. Ich hatte das Recht und die Pflicht, in den Bars zu arbeiten. Heutzutage lassen die Mädchen sich auf das Gewerbe ein, um genug Geld für eine Wohnung zu haben; sie verkaufen ihren Körper, weil sie Sex und Geld lieben, obwohl sie das als Thais nie zugeben würden. Mich schockiert, was aus dem Gewerbe geworden ist. Doch was kann man machen? Das ist die Realität.«
    Nachdem ich die Pläne unterzeichnet habe, begleicht sie die Rechnung, und wir stehen auf. Ich umarme sie herzlich. Sie sieht mich beim Abschied fragend an. Dann nimmt sie ein Taxi, doch ich beschließe, mich zwischen den im Stau stehenden Autos hindurchzuwinden. Hat sich irgendwas geändert? Er war schon vor meiner Geburt in mich vernarrt. Er hat sie geliebt. Ich schwebe wie auf Wolken.
     
    Immer noch mit einem Hochgefühl, versuche ich, mich auf dem Weg zum Charmabutra Hospital unsichtbar zu machen. Der Komplex ist ganz neu und liegt nur eine Minute von den Bars an der Nana Plaza entfernt. Im Erdgeschoß befindet sich ein McDonald’s, im ersten Stock ein Starbucks, dazu kommt ein in Marmor und Glas gehaltener Empfangsbereich mit Computern und Telefonen, soweit das Auge reicht. Aber es handelt sich tatsächlich um ein Krankenhaus. In der Werbebroschüre ist die Rede von über sechshundert hochqualifizierten Ärzten, einer kleinen Armee von Managern aus Singapur, Thailand, Amerika und Europa, dem Herzzentrum, Laserkorrekturen bei Kurzsichtigkeit, einem

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