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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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wie wir eigentlich kein wai zu erwarten, aber die Geste besitzt einen gewissen Charme, der auch dem Colonel nicht verborgen bleibt. Nach seinem Ausbruch im Wagen ist Colonel Vikorn in Gegenwart dieses Inbegriffs von Reichtum und Macht nun ganz lächelnde Unterwürfigkeit.
    »Willkommen in Schangri-la«, sagt Warren mit einem großzügigen Lächeln, in dem viele Dinge zu lesen sind, darunter auch Selbstironie. Mir sinkt der Mut angesichts solch unergründlicher Subtilität. Auch seine aufrechte Haltung schüchtert mich ein. Sie paßt zu seinem perfekten braunen Teint, der feinen Goldkette an seinem linken Handgelenk, die ich noch von den Fotos mit dem Präsidenten in Erinnerung habe, dem Hauch eines teuren Eau de Cologne und jenen harten graublauen Augen, die zu sagen scheinen, daß Affektiertheit nur ein Mittel zum Zweck ist, Schmuck nur eine Form der Camouflage. Wir sind so fasziniert von der Aura des Khun, daß der Colonel und ich eine Minute brauchen, um zu merken, daß sich noch jemand im Raum aufhält. »Sie kennen sicher Colonel Suvit von District 15?«
    Ich entbiete dem stämmigen Mann mit dem glattrasierten Schädel und der Polizei-Colonel-Uniform pflichtschuldig einen wai- Gruß , während Colonel Vikorn ihm nicht sonderlich überrascht zunickt. Colonel Suvits Anwesenheit erschüttert mich zutiefst, nicht zuletzt deshalb, weil sich meine schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten scheinen: Von jetzt an werde ich weder beruflich noch privat vorankommen. Ich werde auf ewig der Vogel sein, der gegen die Scheibe fliegt, bis er erschöpft abstürzt und sich zu all den anderen Vogelkadavern auf dem Boden gesellt. Plötzlich ist mir ziemlich schwindelig.
    »Ich habe Colonel Suvit zu unserem kleinen Treffen gebeten, weil die Leiche von William Bradley meines Wissens in seinem District gefunden wurde. Der Colonel und ich kennen uns seit vielen Jahren, weshalb ich unser Gespräch auch als Anlaß begreife, seine Gesellschaft zu genießen.«
    Der Satz klingt ein bißchen blumig, weil er ihn auf thai sagt, und wir reden nun mal so. Ich merke, daß Warren mich durchschaut hat und sich entspannt. Wie erwartet, stelle ich für ihn keine Bedrohung dar. Er sieht mir in die Augen.
    »Leider ist meine Zeit hier sehr begrenzt.« Er schweigt, scheint zwischen verschiedenen Optionen zu schwanken. Sein Blick wandert zu Colonel Suvit, dessen Miene undurchdringlich bleibt. In Gegenwart dieses Amerikaners versagt meine Intuition, sogar seine Schwingungen sind meisterhaft kontrolliert wie die eines Menschen, der hinter einem Schutzschild lebt. »Deshalb würde ich vorschlagen, daß ich rede, und falls ich irgend etwas auslassen sollte, kann Detective Jitpleecheep mich anschließend fragen, was er möchte.«
    »Sie werden sicher nichts vergessen, Khun Warren, so daß der Detective keine einzige Frage stellen muß.« Colonel Suvit macht sich nicht die Mühe, mich anzusehen. Er hebt halb die Augenbraue in Vikorns Richtung, der zweifelnd den Kopf schräg legt. Die Feindseligkeit zwischen den beiden Männern ist mein einziger Trost in diesem Palast der Privilegien.
    »Als erstes muß ich mich bei Ihnen, Detective, entschuldigen: Ich hätte mich wirklich mit Ihnen in Verbindung setzen sollen, statt Ihnen zuzumuten, zu mir zu kommen.«
    Am meisten überrascht mich, daß Warren nun englisch weiterspricht, so daß die beiden Colonels zu stummen Beobachtern degradiert werden. Sein Akzent klingt fast britisch. Während ich noch nach einer eleganten Antwort auf seine elegante Gesprächseröffnung suche, fährt er schon elegant fort: »Ich habe vermutlich nicht lange nach dem Fund von Bradleys Leiche von seinem Tod erfahren. Lassen Sie mich ehrlich sein: Ich habe zahlreiche Freunde in Ihrem Land, viele an hohen Stellen, und ihrer Thai-Kultur entsprechend, kümmern sie sich um mich. Sie wußten, daß Bradley und ich so etwas wie Freunde waren, die die irrationale Liebe zur Jade zusammengeführt hatte.« Er schweigt eine Weile, um mein Gesicht zu mustern, dann erklärt er: »Wie Hemingway über die Großwildjagd gesagt hat: Entweder man versteht sie, oder man versteht sie nicht. Wer den Jadewahn in unserer modernen, vom Silikon beherrschten Welt nicht begreift, dem muß er lächerlich erscheinen. Wer ihn jedoch begreift, hält eine Freundschaft zwischen einem Sergeant der Marines und einem Schmuckhändler nicht für undenkbar, ganz im Gegenteil. Hobbys bringen die unterschiedlichsten Leute zusammen – Wein-, Pferde-, Tauben-, Falken- oder

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