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Der Jäger

Der Jäger

Titel: Der Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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kannte sie von diesen Männern nur die Vornamen. Und auch die Männer wussten nicht, mit wem sie es zu tun hatten. An ihrer Haustür steht nicht einmal ihr Name. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Und wo hat sie die Männer aufgegabelt?«
    »In Bars, Kneipen, was weiß ich.«
    »Eine letzte Frage noch – in dem Haus hier sieht es nicht besonders sauber aus. Hatte Frau Koslowski einen Hang zur Schlampigkeit? Ich meine, verstehen Sie mich nicht falsch, aber …«
    »Nein, sie war nicht schlampig, ganz im Gegenteil.«
    »Ich denke, das reicht für den Augenblick. Sie haben mir sehr geholfen.Sollte noch etwas sein, dann rufen Sie mich an. Hier ist meine Karte. Ansonsten melde ich mich bei Ihnen, falls ich noch Fragen habe.«
    Petra Westphal wollte gerade aussteigen, als die Kommissarin sie zurückhielt. »Warten Sie noch einen Augenblick. Sagen Ihnen die Namen van Dyck, Kleiber, Maibaum, Weidmann, Kassner und Richter etwas?«
    Petra Westphal überlegte und schüttelte den Kopf. »Nur vom Hörensagen. Warum?«
    »War nur eine Frage. Danke.«
    Sie stiegen aus, Julia Durant ging zurück zum Haus.
    Die Männer von der Spurensicherung, der Fotograf und Dr. Bock von der Rechtsmedizin waren mittlerweile eingetroffen. Hellmer war mit ihnen im Haus verschwunden. Der Fotograf war gerade dabei, den Tatort zu videografieren, Bock saß auf der Couch.
    »Eine ganz schöne Scheiße, was?«, sagte er. »Eine solche Serie hatten wir ewig nicht. Gibt es denn schon eine heiße Spur?«
    Durant schüttelte den Kopf. »Alles, was wir bis jetzt wissen, ist, dass die Frauen allesamt Skorpion waren.«
    »Was?«, fragte Bock, der mit dieser Antwort offensichtlich überfordert war.
    »Sternzeichen! Sie sind alle unter demselben Sternzeichen geboren, deshalb auch die Nadel.«
    »Ach so. Das heißt, Sie haben es hier mit einem Frauenhasser der ganz speziellen Sorte zu tun. Öfter mal was Neues.«
    »Keine Ahnung.«
    Der Fotograf hatte seine Aufnahmen beendet, Bock nahm seine Tasche und ging ins Schlafzimmer. Er entkleidete die Tote, was ihn einige Mühe kostete, da die Leichenstarre bereits vollständig eingesetzt hatte. Auch sie trug teure schwarze Dessous, einen durchsichtigen BH, einen ebenso durchsichtigen Slip, Strapse und Seidenstrümpfe. Er maß die Temperatur rektal, holte dasThermometer nach zwei Minuten wieder heraus, nahm das Diktiergerät und begann mit der Aufzeichnung.
    »Vera Koslowski, vierzig Jahre alt, einsneunundsechzig groß, Gewicht etwa siebenundsechzig Kilo. Leichenflecken nicht mehr verlagerbar, Körpertemperatur um 12.05 Uhr sechsundzwanzig Komma zwei Grad, vermutliche Todeszeit zwischen ein und drei Uhr morgens. Hämatome an den Oberarmen, den Hand- und Fußgelenken, im Bauchbereich und an den Brüsten. Eine goldene Nadel in den äußeren Schamlippen, Brustwarzen fehlen. Mehrere feine Nadelstiche um den Vaginal- und Brustbereich. Keine äußeren Anzeichen sexueller Gewaltanwendung. Offenbar kurz vor oder nach dem Tod gewaschen. Überführung in die Rechtsmedizin um 12.20 Uhr zwecks Autopsie.«
    Er schaltete das Gerät aus und steckte es in seine Jackentasche. Ohne die Kommissare anzusehen, sagte er, während er seine Tasche packte: »Tja, dann wollen wir die werte Dame mal aufschneiden. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass wir bei ihr mehr finden als bei den andern.« Er schaute auf die Uhr. »Aber vorher geh ich noch was essen. Ich hab nämlich nur ein mickriges Frühstück gehabt. Mit vollem Magen schneidet sich’s besser«, fügte er grinsend hinzu.
    »Wenn Sie meinen.« Durant musste unwillkürlich auch grinsen. Sie erinnerte sich an ihr erstes Mal, als sie bei einer Obduktion dabei war, eine Pflichtlektion für jeden Kriminalbeamten, der in der Lage sein muss, bei ungeklärten Todesfällen anhand möglicher Leichenflecken eine ungefähre Todeszeit zu bestimmen, sofern kein Arzt unmittelbar zur Verfügung steht. Sie war damals noch auf der Polizeischule, und sie waren etwa dreißig Männer und Frauen, zum Teil gestandene und erfahrene Polizisten, doch spätestens als die Leiche aufgeschnitten wurde, hatte sich der Raum, in dem sich der Geruch unzähliger obduzierter Toter festgesetzt hatte, fast vollständig geleert. Nur sie und vier weitere Kollegen waren bis zum Schluss geblieben, und sie würde nie dieSzene vergessen, als der Pathologe den Magen herausnahm, ihn aufschnitt und sagte: »Ah, ich sehe, die Dame hat vor ihrem Dahinscheiden noch ausgiebig gespeist.« Dann hatte er sein Messer genommen, das

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