Der Jäger
aussah wie ein ganz normales Brotmesser mit einem Holzgriff, einen Teil des Mageninhalts herausgeholt, ihn betrachtet und gemeint: »Sieht aus wie Spaghetti, oder? Allerdings könnte ich mich da auch irren. Möchte einer von Ihnen vielleicht einmal kosten und mir sagen, ob ich Recht habe?« In diesem Moment war es auch Durant flau in der Magengegend geworden, und sie hatte Mühe gehabt, den Brechreiz zu unterdrücken. Seitdem hatte sie mehrere Male bei Obduktionen zugesehen, und inzwischen störten sie weder der Geruch noch die zum Teil morbiden Späße der Pathologen.
»So«, sagte sie, »wir werden uns dann mal ein bisschen in der Nachbarschaft umhören, ob irgendwer gestern Abend etwas Ungewöhnliches bemerkt hat. Sie können sich übrigens Zeit lassen mit dem Bericht, es sei denn, Sie finden etwas Außergewöhnliches wie eine Visitenkarte mit Telefonnummer«, sagte sie müde lächelnd.
»Sie haben ihn morgen früh auf dem Tisch. Schönen Tag noch«, erwiderte er, nahm seine Tasche und ging. Durant und Hellmer überließen das Feld der Spurensicherung und klapperten ein Haus nach dem anderen ab. Sie fragten einige Nachbarn, doch keiner wollte etwas Ungewöhnliches gesehen oder gehört haben. Selbst Vera Koslowski war den meisten unbekannt. Fast alle gaben vor, sie noch nicht einmal gesehen zu haben. Lediglich zwei sagten, ihr schon das eine oder andere Mal begegnet zu sein. Nur gestern Abend hatte keiner etwas bemerkt.
Enttäuscht begaben sie sich zu ihrem Wagen. »Ich hab dir doch gesagt, der Kerl ist jetzt in einem Blutrausch. Drei Frauen in drei Tagen«, meinte Durant, als sie sich auf den Weg zum Präsidium machten. Sie rief Berger an, gab ihm die Geburtsdaten durch und sagte, er solle sofort beim Standesamt die Geburtszeit von VeraKoslowski erfragen lassen und die Daten Ruth Gonzalez durchgeben.
»Was hast du vorhin so lange mit der Westphal gesprochen?«
»Ich hab sie nur ein bisschen über die Koslowski ausgefragt. Dabei habe ich erfahren, dass sie ständig wechselnde Männerbekanntschaften hatte. Das Haus hier hat sie nur zum Bumsen benutzt, gewohnt hat sie in Bad Soden. Es gibt nicht mal ein Namensschild an der Tür. Hier war sie, wie die Westphal sagt, anonym. Ich könnte mir auch vorstellen, dass diese Schlampigkeit bloß vorgetäuscht war, ich meine, die Typen, die sie hier angeschleppt hat, müssen gedacht haben, die hat kaum Kohle. Alles Fassade.«
»Aber der Täter hat sie als sein nächstes Opfer ausgesucht. Er muss gewusst haben, dass sie Skorpion ist. Und dieser Termin, den sie gestern angeblich hatte, könnte unter Umständen ein Rendezvous mit ihrem Mörder gewesen sein.«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts mehr«, sagte Durant. »Das Ganze ist so mysteriös, so undurchschaubar. Es gibt niemanden, den ich auch nur annähernd als Täter in Betracht ziehen würde. Weder Kleiber noch van Dyck, noch irgendeinen anderen. Wir haben bis jetzt keine verwertbaren Fingerabdrücke, kein Sperma, das für eine DNA-Analyse herangezogen werden könnte, nichts! Und der Typ weiß das, er ist so was von gerissen und so überzeugt, dass wir ihm nicht auf die Schliche kommen, dass er so lange weitermachen wird, bis er vielleicht doch den entscheidenden Fehler begeht. Nur, wann begeht er diesen Fehler?«
»Jeder Serienkiller macht eines Tages einen Fehler, weil er unvorsichtig wird. Irgendwann fühlt sich jeder von ihnen zu sicher, dass ihm genau dann dieser entscheidende Fehler unterläuft. Das weißt du doch inzwischen.«
»Natürlich weiß ich das. Ich würde mir nur wünschen, ich könnte alle Skorpionfrauen Frankfurts an einen geheimen Ort bringen und sie dort lassen, bis wir ihn haben.«
»Hör auf zu träumen«, sagte Hellmer, als sie in den Präsidiumshof einbogen. »Wir haben heute noch eine Menge zu tun. Du willst diesen Lewell anrufen, und wir müssen bei Maibaum vorbeischauen.«
Mittwoch, 13.30 Uhr
Sie gingen die Treppe nach oben zu ihrem Büro, wo sie bereits von Berger erwartet wurden.
»Schöner Mist, was? Dasselbe Muster?«, fragte er.
»Was dachten Sie denn?! Und dazu kommt, dass die werte Dame offensichtlich ein sehr ausgefülltes Sexualleben hatte, und zwar mit ständig wechselnden Männern. Die Wohnung in Niederursel hatte sie nur zum Bumsen. Eigentlich hat sie in Bad Soden gewohnt. Ich hab schon gedacht, so wie das bei der aussah, das hätte nicht zu einer erfolgreichen Frau wie ihr gepasst.«
»Und Namen von ihren diversen Liebhabern?«
»Fehlanzeige. Sie hat sich
Weitere Kostenlose Bücher