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Der Jäger

Der Jäger

Titel: Der Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Maibaum sie zuschlug und sagte: »Ich weiß nicht, was ich bestellen soll. Suchen Sie etwas für mich raus. Ich vertraue Ihrem guten Geschmack.« Sie zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich zurück.
    »In Ordnung, dann nehmen wir die Nummer siebenundachtzig. Es wird Ihnen schmecken.«
    Der Ober kam mit der Flasche Wein und zwei Gläsern, schenkte erst Richter ein, der kostete und zustimmend nickte.
    »Hatten Sie einen schönen Tag?«, fragte er, die Arme auf den Tisch gestützt, die Hände gefaltet.
    »Es war ein Tag wie jeder andere. Nichts Besonderes. Und Sie?«
    »Um ehrlich zu sein, ich habe schon schönere Tage erlebt. Aber was soll’s, c’est la vie. Doch Sie wollten mir etwas sagen.«
    »Heben wir uns das für später auf. Was halten Sie eigentlich von diesen bizarren Morden? Ich meine, jetzt auch noch Jeanette Liebermann. Ich habe sie relativ gut gekannt, sie hat zu den Menschen gehört, mit denen sich zu unterhalten Spaß machte.«
    Richter zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Es ist alles sehr merkwürdig und verworren. Heute war die Polizei noch einmal bei uns und hat sogar mich und meine Frau gefragt, wo wir gestern Abend gewesen sind. Dabei habe ich extra für die Polizei ein Täterprofil erstellt. Aber es ist wohl der Beruf und der Druck, dass sie so schnell wie möglich den Mörder fassen müssen, weil sonst die Öffentlichkeit nervös wird.«
    »Und, wo waren Sie gestern Abend?«, fragte sie mit einem spöttischen Unterton, ohne zu erwähnen, dass die Polizei auch bei ihr gewesen war.
    »Zu Hause, wo sonst? Und Sie?«
    »Ebenfalls zu Hause. Ätzende Langeweile, wie die meisten Abende.«
    Das Essen wurde serviert, die Platten mit dem Fleisch und dem Gemüse wurden auf die Warmhalteplatte gestellt, der Reistopf daneben. Sie füllten sich etwas auf ihre Teller und begannen zu essen.
    »Schmeckt wirklich hervorragend«, sagte Carmen Maibaum anerkennend. »Ich wusste gleich, dass ich mich auf Ihren guten Geschmack verlassen kann.«
    Die Unterhaltung plätscherte dahin, Belanglosigkeiten. Richter bestellte noch einen Eisbecher, Carmen Maibaum lehnte dankend ab.
    »Haben Sie Lust, noch etwas zu unternehmen?«, fragte sie unvermittelt.
    Richter wusste oder ahnte zumindest, was sie damit meinte. Ohne viel zu überlegen, antwortete er: »Von mir aus. Aber diesmal bestimmen Sie.«
    »Ich kenne eine kleine, gemütliche Bar in Sachsenhausen. Dort gehe ich immer hin, wenn mir die Decke auf den Kopf fällt.«
    »Einverstanden. Aber eigentlich wollten wir über Sie sprechen«, fügte er grinsend hinzu.
    »Das hat Zeit. Ich will mich heute amüsieren und bin überhaupt nicht in der Stimmung, über meine Probleme zu reden. Sind Sie mir jetzt böse deswegen?«, fragte sie und hatte wieder dieses entwaffnende Lächeln auf den Lippen.
    »Wie könnte ich. Gehen wir.«
    Carmen Maibaum zahlte die Rechnung mit ihrer Kreditkarte. Als sie das Restaurant verließen und auf die Straße traten, goss es in Strömen. Richter, der in weiser Voraussicht einen Schirm mitgenommen hatte, spannte ihn auf. »Mit Ihrem oder mit meinem Wagen?«
    »Mit Ihrem«, sagte sie bestimmend.
    Die Bar war gut besetzt, dezente Musik ertönte aus kleinen Lautsprechern. Sie tranken Whiskey und unterhielten sich, ein paar Mal berührten sich ihre Hände. Es war kurz nach Mitternacht, als sie sagte: »Ich finde, wir sollten endlich mit diesem blöden Sie aufhören. Ich heiße Carmen, und ich werde dich Fred nennen. Einverstanden?«
    »Einverstanden, Carmen.«
    »Du weißt, weshalb ich dich heute treffen wollte, oder?«, fragte sie, und ihre Augen blitzten kurz auf.
    »Ich kann es mir inzwischen fast denken.«
    »Dann lass uns fahren. Ich habe eine wunderschöne Wohnung, die leider viel zu selten genutzt wird.« Und nach einer kleinen Pause: »Und deine Frau wird dich bestimmt nicht vermissen?«
    »Mit Sicherheit nicht.« Aus seiner anfänglichen Unlust, diesen Abend in Gesellschaft zu verbringen, wurde das Verlangen, mit dieser Frau zu schlafen. Alle Sorgen des vergangenen Tages waren mit einem Mal weit entfernt. Und auch die Freundschaft zu Alexander Maibaum zählte im Augenblick nicht.
    »Meine Wohnung ist gleich um die Ecke. Alexander war nur einmal in all den Jahren hier, und das auch bloß für fünf Minuten. Wir sind also völlig ungestört. Lass uns diese Nacht einfach genießen. Und wenn es nur für dieses eine Mal sein sollte.«
    Sie liebten sich, es war eine Leidenschaft, die er bei einer Frau wie ihr nie vermutet hätte. Es war, als

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