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Der Jäger

Der Jäger

Titel: Der Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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auf, holte sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank, stellte sich ans Fenster und sah hinaus in die Dunkelheit. Der Himmel hatte sich zugezogen, ein böiger Wind war aufgekommen. Sie schaltete den Fernsehapparat ein, setzte sich mit angezogenen Beinen auf die Couch und dachte nach.

Samstag, 20.00 Uhr
     
    Richter hatte am Nachmittag ein langes Gespräch mit seiner Frau geführt und sich insgeheim entschlossen, sich von ihr zu trennen. Noch wusste sie nichts davon, hatte selbst gesagt, sie sollten noch einmal von vorne anfangen. Sie würde sich ändern, ganz bestimmt. Möglicherweise würde sie das auch, jung genug war sie dazu, aber er war zu alt für eine Änderung. Er würde sie wie seine anderen drei Frauen zuvor mit einer stattlichen Summe abfinden, und sie würde ihr Leben in vollen Zügen genießen. Und er hatte außerdem den Entschluss gefasst, nie wieder eine feste Bindung einzugehen.
    Nach dem Gespräch, das erstaunlich ruhig verlaufen war, hatte er sich in sein Büro zurückgezogen, die Beine auf den Tisch gelegt und eine halbe Schachtel Zigaretten geraucht. Einige Male hatte das Telefon geklingelt, er hatte nur auf das Display geschaut und nicht abgenommen. Claudia van Dyck. Beim letzten Anruf hatte sie eine Nachricht hinterlassen, er möge sie doch bitte so bald wie möglich in ihrer Wohnung anrufen, sie fühle sich so einsam.
    Er wollte aber nicht mit ihr sprechen, nicht heute, vielleicht auch nicht morgen, vielleicht überhaupt nicht mehr. Vielleicht aber doch irgendwann wieder, sobald er mit sich selbst ins Reine gekommen war. Im Augenblick waren zu viele Gedanken in seinem Kopf, die ihn belasteten. Und dazu gehörte auch Claudia van Dyck.
    Um kurz nach sechs ging er ins Bad, um sich frisch zu machen. Vielleicht hellte der Abend mit Carmen Maibaum seine trübe Stimmung ein wenig auf, auch wenn er wenig Hoffnung hatte. Wahrscheinlich würde sie ihm den Kopf mit ihren Problemen voll quatschen, wozu er überhaupt keine Lust hatte. Eigentlich hatte er zu gar nichts Lust, würde lieber den Abend allein verbringen, in einer Bar, anonym, jemand völlig Fremdes kennen lernen, etwas plaudern, danach ins Bett gehen – allein.
    Er duschte, rasierte sich, gab etwas Eau de Toilette auf die Haut. Dann zog er eine dunkelblaue Hose und ein hellblaues Hemd an und ließ den Kragen offen. Vor die Frage gestellt, ob er ein Sakko oder seine Lederjacke anziehen sollte, entschied er sich schließlich für das Sakko. Carmen Maibaum legte großen Wert auf Äußerlichkeiten, das hatte er schon bei ihrem ersten Zusammentreffen bemerkt.
    Susanne war nicht lange nach ihrem Gespräch gegangen, wohin wusste er wie immer nicht. Sie hatte ihn geküsst und ihm einen dieser seltenen zärtlichen Blicke zugeworfen, den er nicht zu deuten in der Lage war. War es die Bitte um Verzeihung oder Mitleid mit einem alten Mann?
    Er verließ das Haus um halb acht, er wollte pünktlich sein, am besten ein paar Minuten vor Carmen Maibaum das Lokal betreten. Er war Stammgast bei dem Chinesen und hatte bereits einen Tisch bestellt, mit der Bitte, ihm den ruhigsten zuzuweisen. Er parkte in der Goethestraße, es waren nur ein paar Schritte bis zu dem Restaurant. Ein Blick auf die Uhr, sechs Minuten vor acht. Bereits am Nachmittag hatte sich der Himmel zugezogen, jetzt fielen die ersten Tropfen auf die Erde. Richter überlegte, ob er im Eingang warten oder gleich hineingehen sollte. Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gebracht und beschlossen zu warten, sah er sie mit schnellen Schritten auf ihn zukommen. Sie trug einen langen hellen Mantel, schwarze Pumps, über der Schulter hatte sie eine Handtasche.
    »Hallo«, sagte sie mit einem entwaffnenden Lächeln, als wären sie seit Jahren eng befreundet, »ich hatte gehofft, Sie würden kommen.«
    »Ich pflege meine Verabredungen für gewöhnlich einzuhalten«, erwiderte Richter ebenfalls lächelnd. »Ich habe uns auch schon einen Tisch reserviert, wo wir uns ungestört unterhalten können.«
    Das Restaurant war zu etwa drei Viertel gefüllt, einer der Chinesen, der Richter gut kannte, geleitete sie an den Tisch. Richterhalf ihr aus dem Mantel, unter dem sie ein kurzes dunkelrotes Kleid anhatte, das jede einzelne Kontur ihres Körpers betonte. Dazu der Duft von Chanel No. 5, einem seiner Lieblingsparfums. Im Lokal roch es angenehm nach exotischer Küche, die Unterhaltungen wurden leise geführt. Richter bestellte eine Flasche Wein, einen Augenblick lang blätterten sie wortlos in der Speisekarte, bis Carmen

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