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Der Jäger

Der Jäger

Titel: Der Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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unter gar keinen Umständen verpassen darf. Selbstverständlich bezahle ich die volle Stunde.« Sie erhob sich, zog ihren Blazer an, nahm die Handtasche vom Boden und wollte gerade gehen, als Richter sie zurückhielt.
    »Darf ich Sie trotzdem noch etwas fragen?«
    Sie sah ihn erstaunt an und nickte.
    »Was sagt Ihr Mann dazu, dass Sie hierher kommen?«
    »Er weiß es nicht. Und ich möchte auch nicht, dass er es jemals erfährt. Es ist meine Sache«, antwortete sie kühl.
    »Lieben Sie Ihren Mann?«
    Für einen Sekundenbruchteil verengten sich ihre Augen zu Schlitzen, plötzlich lächelte sie und antwortete: »Ich denke, ich liebe meinen Mann. Aber vielleicht gibt es so etwas wie Liebe überhaupt nicht, vielleicht ist es nur eine Einbildung? Wer kann Liebe schon definieren? Können Sie es? … Bis nächste Woche.« Sie war bereits an der Tür, als sie innehielt, sich umdrehte und sagte: »Wäre es möglich, vielleicht noch diese Woche einen Termin bei Ihnen zu bekommen?«
    »Hm, eigentlich bin ich ausgebucht, aber warten Sie«, murmelte Richter, der in seinem Terminkalender blätterte, nickte und sagte: »Am Donnerstag um zehn hätte ich Zeit für Sie.«
    »Gut, dann bis Donnerstag um zehn.«
    Richter erhob sich und begleitete sie nach draußen. Ihr Duft stieg in seine Nase, ein Duft, der scheinbar extra für sie kreiert worden und doch in jeder gut sortierten Parfümerie zu kaufen war.
    In der Tür blieb sie stehen, drehte sich noch einmal um und fragte: »Sagen Sie, glauben Sie eigentlich an Astrologie? An die Macht der Sterne?«
    »Astrologie? Ich habe mich noch nicht weiter damit beschäftigt und … Nein, eigentlich nicht.«
    »Schade«, sagte sie nur und ging zu ihrem Wagen.
    Er sah hinter ihr her, bis sie weggefahren war. Nachdenklich kehrte er ins Haus zurück. Er stellte sich ans Fenster, zündete sich eine Zigarette an, blickte in den Garten. Zwölfmal war sie in seiner Praxis gewesen, und zwölfmal hatte er sich vorgestellt, wie es wäre, ihren Körper in all seiner Vollkommenheit zu spüren. Vielleicht würde irgendwann der Tag kommen, an dem er und sie … Aber sie war nicht wie viele andere Frauen, sie war etwas Besonderes. Warm, kühl, spöttisch, abweisend, unnahbar – und die erotischste Frau, die er je kennen gelernt hatte. Seine Frau war erotisch, feurig und unersättlich im Bett, zu unersättlich selbst für ihn, weswegen sie auch auf der ständigen Suche nach neuen Liebhabern war, was er ihr jedoch großzügig verzieh, warer doch selbst kein Kostverächter. Zur Zeit hatte er eine feste Geliebte und eine, die er dann und wann sah, die ihn anrief, wenn sie mal wieder in der Stadt war, und mit der er sich gerne traf, weil er es nicht nur genoss, mit ihr zu schlafen, sondern auch die Gespräche mit ihr auf einer anderen, intellektuelleren Ebene abliefen als mit Susanne. Aber weder Susanne noch Claudia oder Jeanette waren auch nur im Geringsten zu vergleichen mit einer Viola Kleiber. Er hatte Susanne geheiratet wegen ihrer Jugend und ihrer Schönheit, die alle inneren Unzulänglichkeiten überdeckten. Sie war wie viele junge Frauen, hübsch und doch irgendwie leer. Kunst und Kultur interessierten sie nur am Rande, es war, als empfände sie es als Zeitverschwendung, sich mit diesen Dingen auseinander zu setzen. Während er klassische Musik liebte und gerne, wenn es seine Zeit erlaubte, Konzerte besuchte, zog sie es vor, harten Technobeat aus den Lautsprechern dröhnen zu lassen. Sie wandte für seine Begriffe übertrieben viel Zeit für Körperpflege und den Besuch von Kosmetikstudios und Fitnesscentern auf; sie liebte große Einkaufsbummel in Frankfurt, Mailand, Paris oder New York, und manchmal reiste sie auch für ein paar Tage in ihr Haus in der Toskana, das er ihr zur Hochzeit vor zwei Jahren geschenkt hatte. Ob sie allein dorthin fuhr, wusste er nicht (er war jedoch sicher, sie hatte immer einen Begleiter dabei, denn auch nur einen Tag ohne Sex zu leben war für sie eine Tortur), doch eigentlich interessierte es ihn nicht. Auf eine gewisse Weise lebte sie ihr Leben, gab ihm aber dennoch immer wieder das Gefühl, trotz seiner fünfzig Jahre noch ein junger Mann zu sein, zumindest körperlich.
    Sie war keine Frau, mit der er tief schürfende Gespräche führen konnte, meist plätscherte das, was sie sprachen, wie kaum sichtbare Wellen an der Oberfläche dahin. »Guten Morgen, Schatz, hast du gut geschlafen?« – »Ja, und du?« – »Es wird bestimmt ein schöner Tag werden. Ich muss übrigens

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