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Der Jäger

Der Jäger

Titel: Der Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Und stell schon mal den Schampus kalt. Bis gleich, Liebling.«
    »Augenblick, Augenblick«, sagte er, »nicht so schnell. Ich habe noch einen Patienten, aber ab halb zwei würde es gehen.«
    »Gut, dann um halb zwei.«
    Er legte auf, lehnte sich zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er schloss die Augen und lächelte. Jeanette Liebermann, eine seiner Lieblingsfrauen. Exzentrisch, heißblütig, berechnend. Intelligent, charmant und auf eine gewisse Art weise. Sie kokettierte mit ihrer Ausstrahlung, ihrem Ruhm, ihrer Schönheit, obgleich sie eigentlich keine Schönheit im herkömmlichen Sinn war, ihre Augen standen eine Idee zu eng beieinander, ihre Nase war etwas zu lang, ihre Finger waren nicht so grazil und fragil wie die von Viola Kleiber oder seiner Frau, sie war eine herbe, aparte Schönheit, mit einer leicht rauchigen, verruchten Stimme und mit einer ganz besonderen Ausstrahlung. Eine Frau, mit der er niemals zusammenleben könnte, dazu war sie zu unberechenbar, aber eine Frau, die im Bett zu einem reißenden Strom werden konnte. Und das war alles, was für ihn zählte.
    Noch während er in Gedanken bei Jeanette Liebermann war, klingelte es. Er drückte den Türöffner. Carmen Maibaum. Sie kam herein, eine sehr ansehnliche, jugendliche und hochintelligente Frau, verheiratet mit dem Dekan der Uni Frankfurt. Die Ehe war bisher kinderlos geblieben, der Vater Großunternehmer, der trotz seiner siebzig Jahre noch immer ein wachsames Auge über seine Betriebe hatte. Ihre Attraktivität war unbestritten, undwenn sie auch nicht unbedingt seinem Idealtyp entsprach, so konnte er sich doch vorstellen, etwas mit ihr anzufangen. Normalerweise hätte er sie als Patientin abgelehnt, denn die Gründe, weswegen sie um eine Behandlung ersucht hatte, erschienen ihm mehr als fadenscheinig. Depressionen, wie sie sagte. Depressionen oder Angstzustände, unter denen die meisten seiner Patienten litten. Welcher Art diese Depressionen waren, hatte er noch nicht herausfinden können, vielleicht heute, vielleicht nie. Möglicherweise waren auch bei ihr die so genannten Depressionen nur vorgetäuscht.
    Aber er war mit den Maibaums schon seit vielen Jahren bekannt, vor allem mit Alexander Maibaum verband ihn eine Art Freundschaft, die er nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen wollte. Und nur weil er Maibaum so gut kannte, hatte er einer Behandlung zugestimmt. Auch wenn er sich in der Vergangenheit schon einige Male mit Frauen vergnügt hatte, deren Männer er gut kannte, es waren immer nur Spiele, keine Verpflichtungen, keine Liebe, nur Sex. Sich treffen, miteinander schlafen, etwas reden, sich wieder trennen. Entweder langweilten sich die Frauen in ihrer Ehe und suchten Abwechslung vom eintönigen Leben, für das sie in den meisten Fällen selbst verantwortlich waren, oder sie brauchten Sex wie andere ihr morgendliches Brötchen mit Erdbeermarmelade. Frauen, die oftmals tage- oder wochenlang von ihren Männern allein gelassen wurden und wussten, dass auch diese es mit der Treue nicht sonderlich ernst nahmen. Und Richter war der Letzte, der sich gute Gelegenheiten einfach so entgehen ließ.
    Carmen Maibaum kam erst zum zweiten Mal zu ihm. Sie duftete nach einem sinnlichen orientalischen Parfum, trug ein grünes, knielanges und sehr figurbetontes Kleid aus einem dünnen Stoff, unter dem sie keinen BH anhatte. Er musste sich zwingen, den Blick von ihren wohl geformten, festen Brüsten mit den erigierten Brustwarzen abzuwenden, die sich deutlich unter dem Kleidabzeichneten. Er bat sie, Platz zu nehmen. Auch sie hielt, wie alle Frauen, die er bislang kennen gelernt hatte, einem Vergleich mit Viola Kleiber nicht stand, selbst wenn ihr Äußeres mehr als ansprechend war. Sie setzte sich, zündete sich eine Zigarette an und sagte eine Weile nichts. Richter bemerkte nur, dass sie leicht zitterte. Nachdem sie ihre Zigarette zu Ende geraucht hatte, erklärte sie leise: »Ich glaube, ich bin ein schlechter Mensch.«

Montag, 11.55 Uhr
     
    Durant und Hellmer brauchten knapp zehn Minuten, bis sie vor dem Haus Nummer 49 standen. Es war eines der vielen Mehrparteienhäuser aus der Jahrhundertwende, in denen wahrscheinlich keiner den anderen kannte. Hellmer drückte auf den Knopf neben dem Namensschild Kassner/Faun, einige Sekunden später ertönte der Summer. Sie betraten das selbst bei Tageslicht dunkle Treppenhaus und gingen in den dritten Stock. Die Tür stand offen.
    »Kommen Sie rein«, sagte eine helle Stimme. »Ich bin hier im

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