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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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schon perfekt?«
    »Du solltest damit keine Spaße machen.«
    »Und du solltest noch etwas wissen.«
    Johannes wandte ihm den Kopf zu. Sein Gesicht spannte sich.
    »Ich habe mir das Regal angesehen, in dem die Dokumente angeblich gefunden wurden. Wie erklärst du dir, daß die Unterseite des Dokumentenstapels über die Missionare, der angeblich ganz oben auf den neu gefundenen Dokumenten lag und diese verdeckte, ebenso schmutzig war wie der Regalboden? Wenn er auf anderen Dokumenten gelegen wäre, hätte er sauber sein müssen.« Johannes blieb stehen. Sie hatten den Kreuzgang mittlerweile einmal umrundet.
    »Was willst du damit andeuten?« zischte er.
    »Daß die Dokumente vielleicht gar nicht hier eingelagert waren. Es gibt nur Bruder Pios Aussage, daß er sie eines Nachts zufällig auffand, oder nicht? Niemand kann das bestätigen. Sie können ebenso gut von draußen kommen.«
    »Du meinst, Bruder Pio hat sie von Anfang an hier eingeschmuggelt? Dazu hätte er Helfer haben müssen; das konnte er nicht alleine.«
    »Helfer?« fragte Philipp und lächelte. »Braucht es nicht auch Helfer, um mit einem Pferd aus dem Kloster zu reiten, ohne daß der Kämmerer etwas davon erfährt?«
    Johannes zog erregt die Luft ein. Seine Augen funkelten. »Was hätte er davon, diese Dokumente hier hereinzubringen?« stieß er hervor. Philipp ahmte mit beiden Händen über seinem Kopf eine hohe Kopfbedeckung nach: eine Tiara.
    »Und wer hätte sie dann ursprünglich gefunden?«
    »Was weiß ich? Vielleicht er selbst, irgendwo in Rom, während er Unterlagen sortierte und sich auf seine Berufung als Archivar vorbereitete. Vielleicht hat er sie gar nicht von draußen, sondern nur von einem anderen Platz aus dem Inneren dieses Klosters? Wie ist Bruder Fredgar gestorben?« Johannes blinzelte ob des plötzlichen Themenwechsels verwirrt. »Er war noch nicht so alt, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Er ist die Treppe vom Archiv hinuntergefallen. Er war sofort tot.«
    »Hinuntergefallen? Nachdem er sie wer weiß wie viele Jahre ohne Unfall passiert hatte?«
    »Diese Frage haben sich mehrere hier im Kloster gestellt. Aber es hatte in den Tagen vorher geregnet, und auf der Treppe waren einige Pfützen, die vom Dach hereingetropft waren oder die jemand mit seiner nassen Kutte ins Innere des Hauses getragen hatte. Zuletzt – nachdem Bruder Pio das Getränkelager Fredgars fand – schrieb es jeder einem Rausch zu.«
    »Habt ihr euch nicht einmal überlegt, ob Fredgar wirklich ein Säufer war?« fragte Philipp und gab sich gleich daraufselbst die Antwort: »Nein – jeder mußte es für den Grund seiner ständigen cholerischen Anfälle halten. Dann war es wohl ein Unfall.«
    »Natürlich war es das«, sagte Johannes dumpf. »Ich will nicht daran denken, was deine Worte sonst andeuten würden.«
    Sie waren vor dem Eingang zum Kreuzgang stehengeblieben, und Johannes trat hindurch und führte ihn wieder hinaus. Von der Glocke des Kirchturms begann das Sextläuten.
    »Ich muß dich nun verlassen, Philipp«, sagte Johannes. »Übernachtest du nochmals hier im Kloster?«
    »Wenn Bastulf mich läßt; um mich auf den Weg zu Radolf zu machen ist es viel zu spät.«
    »Sag ihm, ich hätte dir eine zweite Übernachtung gestattet. Und verabschiede dich morgen von mir, bevor du gehst. Auch wenn du es nicht glaubst: Ich habe mich tatsächlich gefreut, dich wiederzusehen.«
    »Ich auch«, sagte Philipp und lächelte. »Ich werde noch ein wenig über das nachdenken, was wir heute besprochen haben.«
    »Weshalb interessierst du dich so sehr für diese Angelegenheit? Ich dachte, du hast genügend Probleme, nachdem du deine wichtigen Unterlagen hier nicht gefunden hast.«
    »Vielleicht aus alter Verbundenheit?«
    Als er während der Mittagsruhe schlaflos im dormitorium der Herberge lag und den ruhigen Atemzügen der wenigen anderen Schläfer lauschte, holte er aus seiner Gürteltasche den Fetzen Papier, den Radolf ihm gegeben hatte. Aus seinem Wams fischte er das Pergament, das er unter dem Dachfenster im Archiv betrachtet hatte. Er hatte esSeverin entwendet, während er ihn mit dem Sortierungsproblem abgelenkt hatte. Er grinste in das Halbdunkel, gegen das die kleinen Fensteröffnungen in den Wänden ankämpften; es war nützlich gewesen, diesen kleinen Taschenspielertrick zu lernen, den ihm ausgerechnet der Kaplan beigebracht hatte. Den benutze ich, wenn ich Kinder besuche, deren Eltern soeben gestorben sind, hatte der Kaplan gesagt. Ein joculator hat ihn mir

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