Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser
lächerlichen Knechte mit ihren Spießen werden Euch nicht davor bewahren, danach in Stücke gehauen zu werden.«
»Meine Knechte brauchen nur die Daumen zu senken«, erklärte Raimund ruhig. »Wir haben in Radolfs Speicher zwei Armbrüste gefunden, und es lagen eine Menge Bolzen dabei.«
Die Begleiter des Kardinals sahen sich unbehaglich an und begannen zu murmeln.
»Das soll ich glauben?«
»Wenn Ihr es nicht glaubt, werden Eure Männer dran glauben – müssen! « versetzte Raimund, und Philipp sah ein kaltes Grinsen über sein Gesicht huschen.
»Sagt ein Wort, Exzellenz, und wir spießen den Burschen auf«, rief einer der Bewaffneten in Philipps Rücken. Der Kardinal schwieg.
»Im Namen unserer Freundschaft«, sagte er dann, und zum erstenmal hörte Philipp, daß seine Stimme schwankte. »Tut mir und Euch das nicht an.«
»Im Namen unserer Freundschaft«, erwiderte Raimund, »versichere ich Euch, daß Eurem kostbaren Plan nichts geschieht. Philipp wird das wenige, das er weiß, nie weitergeben. Dafür stehe ich mit meinem Wort.«
»Ich kann es nicht riskieren. Zuviel steht auf dem Spiel. Ich habe nicht jegliche Ränke geschmiedet, um sämtliche Mitwisser sich gegenseitig beseitigen zu lassen, nur damit ich am Ende einen laufen lasse.«
»Ihr riskiert nichts. Ihr habt mein Wort.«
»Madonna«, stieß der Kardinal hervor. »Ich wollte nie, daß so etwas geschieht. Versteht doch, Raimund: Es steht zuviel auf dem Spiel.«
»Ich habe nichts mehr zu sagen. Philipp, komm herüber auf meine Seite.«
Philipp hob die Zügel mit Händen auf, in denen kein Gefühl zu sein schien. Seine Arme waren meterlang unddie Finger an ihren Enden ungeschickt und steif. Er hörte, wie in seinem Rücken etwas knarrte, ein Sattel oder ein ledernes Wams, und plötzlich blühte zwischen seinen Schulterblättern eine prickelnde Stelle auf, die einen Schauer durch seinen ganzen Körper sandte. Er keuchte und versuchte sich umzudrehen.
Etwas sang an seinem Ohr vorbei und schlug mit einem dumpfen Geräusch auf. Er wandte sich noch immer um, mit unendlicher Langsamkeit. Einer der Bewaffneten hatte den rechten Arm mit seinem kurzen Spieß erhoben, und die Spitze zielte immer noch auf Philipp. Aber in der Achsel des rechten Armes, genau an jener Stelle, die nicht mehr durch das starre Leder geschützt war, stak der gefiederte Schaft eines Armbrustbolzens. Der Bolzen war durch die Achsel, durch die Sehnen und Muskeln gefahren und ragte zu einem guten Teil oben an der Schulter wieder heraus. Der Bewaffnete ließ den Spieß fallen und starrte ungläubig darauf, den Arm noch immer erhoben. Es trat kein Tropfen Blut hervor.
»Das war der schlechtere meiner beiden Schützen«, kommentierte Raimund scheinbar ungerührt. »Worauf wartest du noch, Philipp?«
Philipp ritt wie im Traum an Giovanni da Uzzano vorbei, der ihn mit ausdruckslosen Augen verfolgte. Hinter sich hörte er den fassungslosen Fluch des Verletzten und gleich darauf ein Ächzen, als der Schmerz einzusetzen begann. Raimund sah ihm mit steinerner Miene entgegen und wartete, bis Philipp mit seinem Pferd hinter ihm angekommen war. Es schien eine lange Strecke zu sein; die längste Strecke in Philipps Leben.
»Werft alle Waffen ins Gebüsch«, sagte Raimund. »Das gilt auch für Euch, Giovanni.«
Der Kardinal nickte. Er griff an seinen Sattel und nestelte an einer zusammengerollten Decke; sie rollte sich aus und ließ ein langes Schwert auf den Boden fallen. Die Männer des Kardinals warfen Spieße, Messer und lange Dolche zu allen Seiten auf den Boden.
»Absteigen«, befahl Raimund. »Bindet den Pferden die Zügel zusammen.«
Die Männer gehorchten ihm widerspruchslos. Einer von ihnen half dem Verletzten, der unterdrückt stöhnte, vom Pferd und stützte ihn. Der Mann war bleich.
Der Kardinal stieg als letzter ab und gab sein Pferd dem Mann, der die anderen an den zusammengeknoteten Zügeln führte. Die neun Pferde bildeten eine stampfende, unruhige Masse, die kaum zu beherrschen war. Raimund winkte den Mann mit einem Kopfnicken zu sich herüber und befahl ihm, die Pferde an einen Baum zu binden.
»Leg dich neben dem Baum auf den Boden, Gesicht nach unten, Arme ausgestreckt«, sagte er. Dann sprang er vom Pferd, zog sein Schwert und stapfte zu den Pferden hinüber. »Wenn du nicht fest genug gebunden hast, wird es dir leid tun.« Er setzte die Klinge in den Nacken des Mannes, trat vorsichtig beiseite und rüttelte an den zusammengebundenen Zügeln. Der Knoten hielt.
Der
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