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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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heute auch einmal ritterlich verhalten, nachdem wir bisher nur effizient waren.«
    Die beiden Männer sahen sich erstaunt an und zogen dann grinsend die Augenbrauen hoch. Raimund deutete auf den Gefesselten.
    »Laßt ihn absteigen und schneidet seine Fesseln auf. Er soll zurücklaufen.«
    Er sah Philipp ins Gesicht und sagte: »Ich helfe dir.«
    Philipp antwortete nicht; für den Moment war der Aufruhr in ihm zu groß. Er wendete bereits sein Pferd. Raimund setzte langsam hinzu: »Ich tue es für dich, nicht für sie.«

Wellen im Teich
    S ie ritten in gemäßigtem Trab weiter. Raimund hatte Philipp davon überzeugt, daß sie, um den Überraschungseffekt zu nutzen, warten mußten, bis das Tageslicht tatsächlich geschwunden war. Philipp, in einem Zustand fiebriger Unruhe und gleichzeitig von wilder Hoffnung erfüllt, gab zögernd nach. Raimund hielt sich an seiner Seite. Nach einigen Minuten des Schweigens sagte er: »Was hat der Kardinal dir erzählt?«
    »Er hat nur beantwortet, was ich mir selbst schon zusammengereimt hatte. Radolf versuchte, den Kardinal an den Kanzler zu verkaufen. Der Kardinal schickte ihm dafür Ernst auf den Pelz. Der Schlüssel zu allem waren Radolfs Heiratsdokumente. Ernst sollte mit Gewalt an sie herankommen, ich mit List. Das ist alles.«
    Raimund dachte einen Moment nach, »Weißt du auch, wozu die Dokumente der Schlüssel sind?«
    »Natürlich«, seufzte Philipp. »Giovanni läßt die Dokumente fälschen, die über Karolus Magnus existieren.«
    »Wie hast du das herausgefunden?« rief Raimund überrascht.
    »Der neue Archivar im Kloster Sankt Peter, ein Bruder Pio, hat angeblich Dokumente gefunden, die sein Vorgänger, Bruder Fredgar, falsch einsortiert und vergessen hatte. Der Kämmerer des Klosters, Bruder Johannes, war mit mir Novize. Er hat mir heimlich einen Stoß von Unterlagen mitgegeben. Ich hatte im Kloster nur einige Minuten Zeit, siedurchzusehen, und ihre Bedeutung wurde mir erst nach und nach klar. Johannes war überrascht und freudig erregt, als er die neuen Unterlagen über Karolus zum erstenmal zu Gesicht bekam. Er sah darin die große Hoffnung für das Ende des Krieges zwischen Kaiser und Papst. Bei näherem Studium scheint ihm aber aufgefallen zu sein, daß alles eine Fälschung ist. Er wollte, daß ich darüber Bescheid wußte; deshalb packte er nicht nur einige der neuen Dokumente zusammen, sondern legte mir die Originalunterlagen bei, von denen die Fälschungen abgeschrieben wurden. Es waren scheinbar nicht mehr viele Originaldokumente im Archiv vorhanden; Bruder Pio hat fast alle schon fortschaffen lassen.« Er dachte ein paar Augenblicke lang nach.
    »Anfangs glaubte ich, die gefälschten Unterlagen seien tatsächlich so alt und echt, wie es Bruder Pio dargestellt hatte, und Fredgar hätte sie versteckt, um dem Kaiser zu helfen. In Wahrheit war das einzige Unregelmäßige in seinem Leben die Sauferei. Er hätte es niemals zugelassen, daß Fälschungen seine Originaldokumente ersetzten. Deshalb mußte er sterben. Und für Bruder Pio war es wahrscheinlich ein Geschenk des Himmels, als er auf Fredgars Weinund Bierlager stieß und jeder den Treppensturz des alten Archivars auf einen Rausch zurückführte.« Philipp schnaubte und schüttelte den Kopf. »Vorspiegelungen, wohin man blickt. Wie auch immer, Johannes gab mir mit, was er in der kurzen Zeit zusammenraffen konnte. Die Kirche ändert alle Ereignisse im Leben des Karolus Magnus ab, auf die der Kaiser seinen Machtanspruch stützt. Aus seiner Selbstkrönung haben sie eine Krönung durch den Papst werden lassen, aus seiner Strafexpedition gegen die räuberischen Sachsenstämme eine christliche Missionierung, und wo immer sie konnten, haben sie ihn als Gönner, Förderer und Beschützer der Kirche hingestellt. Sie haben ihn sogar die Landschenkung von Kaiser Konstantin an die Kirche bekräftigen lassen, aus der der Kirchenstaat entstanden ist.«
    »Das alles ist nicht nur Giovannis Werk«, unterbrach ihn Raimund.
    »In allen Herzogtümern des Reichs waren Bischöfe, Kardinäle und andere klerikale Würdenträger an dieser Aktion beteiligt. Vor ein paar Monaten meldeten sie an den Papst, daß ihre Arbeit so gut wie abgeschlossen sei und der Sturz des Kaiser gefahrlos in die Wege geleitet werden könne. Die abgeänderten Dokumente würden ihm die Unterstützung sowohl der Fürsten als auch des Volkes entziehen und ihn als einen Usurpator hinstellen, der aus bösem Willen die ganze Zeit über die Schriften falsch

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