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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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missioniert, weil er das Christentum in allen Winkeln des Reichs verbreiten wollte.«
    Der erste Mann grinste verächtlich.
    »Das hat man ihm angedichtet. Ich bin der Meinung, er hatte nur das Ziel, das Reich zu vergrößern und die Handelsstraßen zu sichern. Glaubt Ihr wirklich, so ein Mann zieht los, um am anderen Ende seines großen Reiches ein paar halbwilde Stämme zu verhauen, bloß weil diese sich vor einem Baum niederwerfen statt vor einem geschnitzten Holzkreuz?«
    »Ihr bezeugt nicht gerade großen Respekt vor der Kirche«, sagte der zweite Mann lächelnd, aber mit vorsichtigem Blick. Der andere zuckte mit den Schultern.
    »Ich bin Kaufmann, kein Mönch«, sagte er. »Und ich habe es nicht nötig, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Ichglaube, daß Karl nicht der Mann war, sich von kirchlichen Belangen in der Welt herumsenden zu lassen. Er wollte den Handel in seinem Reich sicherstellen, und die Sachsen waren ihm zu aufrührerisch; da hat er sie über die Klinge springen lassen. Wärt Ihr und ich damals schon auf der Welt gewesen, hätten wir ihm sicher aus vollem Herzen zugestimmt.«
    »Das mag sein«, erwiderte der zweite Mann. »Wer es wagt, den Handel zu gefährden, der die Lebensgrundlage aller Menschen in den Städten ist, hat es verdient, kräftig zurechtgestutzt zu werden.«
    Philipps Gedanken drifteten von der Unterhaltung der beiden Händler fort und wanderten ziellos umher. Nach dem Essen, das die Engländer bereitwillig mit ihm geteilt hatten (und das allen üblen Nachreden gegen die Kochkünste der Engländer zum Trotz nicht schlecht geschmeckt hatte), fühlte er sich warm und müde. Er dachte an den Nachmittag und spürte eine matte Erregung; die Verachtung, die ihm entgegengebracht worden war, bereits verschwommen in seinem Gedächtnis, erinnerte er sich mehr an den schlanken, schönen Körper seiner Hübschlerin und weniger an die Dürftigkeit des Geschlechtsaktes, den er mit ihr praktiziert hatte. Als plötzlich im Hintergrund des dunklen, von mehreren offenen Feuern verräucherten Raumes ein Tumult losbrach, war er zuerst zu faul, aufzustehen und nachzusehen, was passiert sein mochte. Dann erhob er sich doch zusammen mit ein paar anderen Männern und drängte sich nach hinten, um seine Neugier zu stillen. Er mußte feststellen, daß er nicht über die Köpfe der vor ihm Stehenden hinwegblicken konnte, aber einige der Zuschauer fühlten sich bemüßigt, die Informationen nach hinten weiterzutragen.
    »Ein betrunkener Franke«, sagte einer. »Er saß schon hier, bevor die Messe losging, und hat gesungen.«
    »Er ist ein Sänger, aber er hat so miserabel Musik gemacht, daß der Wirt ihm nichts dafür geben will«, erklärte ein zweiter.
    »Nein, der Wirt wollte ihm das Singen verbieten, aber er ließ sich nicht abhalten.«
    »Jedenfalls hat er eine ganze Menge Wein getrunken und kann ihn nicht bezahlen.« Der Mann, der diese Information besaß, drehte sich halb zu Philipp um und grinste ihn hämisch an. Er hatte Essensreste zwischen den Zähnen und einen fettglänzenden Mund. »Er sagt, man hätte ihn bestohlen, ohne daß er es bemerkte.«
    Philipp sah ihm betroffen ins Gesicht und drängte sich weiter vor. Die ersten Zuschauer kehrten bereits wieder an ihre Plätze zurück, und so war es Philipp leicht, ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu gelangen.
    »Sänger«, knurrte der Wirt, »du hast ein halbes Dutzend Becher Wein getrunken! Hast du geglaubt, ich habe etwas zu verschenken, als du hier hereingekommen bist mit deinen Kieselsteinen im Beutel? Bestohlen! Daß ich nicht lache. Wenn einem der Beutel gestohlen wird, dann gleich ganz; wer hat wohl schon davon gehört, daß sich ein Beutelschneider die Mühe macht, den Inhalt auszutauschen?«
    »Der Mann hat recht«, seufzte Philipp. Der Wirt drehte sich erstaunt um.
    »Woher wollt Ihr das wissen, Meister Philipp?«
    »Ich kenne ihn«, sagte Philipp. »Ich werde für das aufkommen, was er getrunken hat.«
    Der Wirt musterte ihn prüfend, aber letztlich war es ihm egal, wer bezahlte. Philipp sah auf den Sänger hinunter.
    »Ich danke Euch«, sagte der Sänger. »Wie es scheint, wird dieser Satz ein fester Bestandteil unserer Unterhaltung.«
    »Ich hatte Euch doch geraten, Euch vor den Toren der Stadt niederzulegen. Wißt Ihr nicht, daß es der Gipfel des Leichtsinns ist, in den Straßen einzuschlafen?«
    »Ich hatte ... gewartet«, entgegnete der Sänger. »Gewartet. Dabei muß ich eingenickt sein.« Er schüttelte den Kopf, als wollte er ihn

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