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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Warum steht Ihr nicht auf und laßt mich hier einfach sitzen zusammen mit meinem Rausch?«
    »Vielleicht möchte ich von Euch erfahren, wie Ihr das mit den Ratten gemeint habt, die aus ihren Löchern kriechen?«
    Minstrel sah ihm in die Augen; sein offener Blick veranlaßte Philipp dazu, noch etwas hinzuzufügen. »Vielleicht möchte ich aber bloß vermeiden, daß man auch Euch den Kiefer bricht.« Er stellte fest, daß es ehrlich gemeint war. »Was habt Ihr auf dem Markt getan?« fragte Minstrel nach einer Weile.
    »Ein paar Einkäufe erledigt.«
    »Für Euer Geschäft?«
    »Wie kommt Ihr darauf, daß ich ein Geschäft haben könnte?«
    Minstrel zuckte mit den Schultern.
    »Ihr seht weder wie ein Bauer noch wie ein Handwerker aus; und einem Bürger dieser Stadt würde es kaum einfallen, sein Abendessen abends in der Schenke zu suchen.«
    »Ich habe im Auftrag meines Herrn eingekauft«, erklärte Philipp.
    »Ihr allein? Was stellt Ihr denn auf dem Hof Eures Herrn dar, wenn ich fragen darf?«
    »Ich bin der Truchseß«, sagte Philipp und versuchte, sich seinen Stolz darauf nicht anmerken zu lassen. »Ohne mich müßten sie alle mit den Schafen auf die Weide, um dort zu äsen.«
    »Was bedeutet das?«
    »Es gibt auf jedem größeren Hof ein paar Leute, die für den Erhalt des täglichen Lebens verantwortlich sind. Da ist der Butigler, der für die Lagerhaltung, die Bäckereien und die Töpferwaren zuständig ist. Dieser untersteht dem Kämmerer, der sich um die persönlichen Besitztümer des Herrn kümmert. Der Kämmerer wiederum unterstehtdem Truchseß; ebenso wie die Köche, die Pferdeknechte und die Hausdiener. Der Truchseß selbst ist für das Wohlergehen des Herrn und für seine und die Ernährung aller auf dem Hof verantwortlich. Der Truchseß bin ich; und auf unserem Hof der Kämmerer gleich dazu.«
    »Euer Herr setzt bemerkenswertes Vertrauen in Euch; es gibt nicht viele in Eurem Alter, die solch ein Amt bekleiden.«
    Philipp machte ein unbewegliches Gesicht, doch er genoß Minstrels Lob.
    »Was habt Ihr nun für Euren Herrn eingekauft? Einen fetten Kapaun? Zarte Singvögel, deren Federn noch vom Netz des Vogelfängers zerrauft sind?«
    Philipp schüttelte den Kopf. »Einen Bauern und Stoffe.«
    »Eine merkwürdige Mischung. Ich bin erstaunt, was man bei Euch auf dem Markt alles feilbietet.«
    Philipp lächelte. »Der Bauer war schon ein wenig angeknackst; nur die Stoffe sind erstklassig. Nun, ernsthaft, der Händler, mit dem ich das Stoffgeschäft abwickelte, hat mir seinen Knecht angeboten. Dieser hat zugestimmt, als Zinsbauer einen Pachthof für meinen Herrn zu bewirtschaften. Also habe ich ihn eingekauft und zu meinem Herrn hinausgeschickt.«
    »Damit hat er sich in die Leibeigenschaft begeben, nicht wahr? Ausgerechnet als Zinsbauer. Warum hat er das wohl getan? Als Knecht eines Händlers hätte er ein leichteres Leben gehabt.«
    Philipp verdrehte die Augen, »Eine schwierige Frage; ich habe sie mir auch schon gestellt. Tatsache ist, daß er die Stadt unbedingt verlassen wollte, und das so schnell wie möglich. Außerdem hat er gesagt, die persönliche Freiheit eines Menschen spiele keine Rolle.«
    »Ah, der Prophet«, sagte Minstrel und wiegte den Kopf. »Er hat den Propheten gehört. Es ist gefährlich, auf solche Reden zu achten; es ist Gott nicht gefällig und schon gar nicht seinen Dienern auf Erden.«
    Philipp beugte sich nach vorn.
    »Der Prophet?« fragte er. »Was hat der Prophet damit zu tun?«
    »Ist es Euch nicht klar, was Euren Mann antreibt? Er glaubt, daß die Welt bald endet. Danach werden die Herren Knechte sein, und die Geknechteten werden von ihrem Joch erlöst. Und selbst wenn beim Ende der Welt alles zum Teufel geht, dann hat er wenigstens die letzten Jahre seines Lebens verbracht, ohne sich anzustrengen. Ihr werdet feststellen, Meister Philipp, daß ihr kein Arbeitstier für Euren Herrn eingekauft habt, wenn ich mich nicht sehr irre. Eher einen Faulpelz.«
    Philipp sah Minstrel an, während in seinem Kopf der unschöne Gedanke aufstieg, daß Lambert mit der Blesse ihn gründlich zum Narren gehalten hatte.
    »Ich nehme an, mit den Ratten habt Ihr dann seinesgleichen gemeint.«
    Minstrel blickte ihn nachdenklich an. Der Wirt kam mit einem Krug vorbei und schenkte nach. Minstrel hatte seinen Becher bereits geleert; Philipp hatte von seinem kaum gekostet.
    »Alle sind sie Ratten«, sagte Minstrel langsam, ohne zu erklären, ob er mit seiner Antwort auf Philipps Frage einging oder seinen

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