Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser
spürte, wie die ursprüngliche Peinlichkeit der Situation sich plötzlich in Erregung verwandelte. Gleich nach seinem Austritt aus dem Kloster war er zwei- oder dreimal in ein Frauenhaus gegangen, um seine mangelnden Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht nachzuholen; aber heute war es das erste Mal, daß es auf Einladung und ausdrücklichen Wunsch eines anderen geschah. Der Gedanke daran verwirrte ihn, aber seine Erregung vermochte er nicht zu besiegen. Er lächelte das Mädchen freundlich an und erhielt ein Lächeln als Antwort, bei dem sie die Mundwinkel herabzog und ihre Augen kalt blieben. Ihr Äußeres gefiel ihm, wie ihn ihre deutlich zur Schau getragene Verachtung abstieß; dennoch erhitzte sie ihn, während sie sichüber den Rand des Zubers beugte und mit beiden Händen und einem harten Stück Seife unter Wasser herumfuhrwerkte, um sein mittlerweile geschwollenes Glied zu reinigen. Auch an ihrem Körper klebte der nasse Kittel wie eine zweite Haut. Er fand diesen Anblick bei weitem aufreizender als den, den Rasmus’ Liebchen bot – selbst in Anbetracht der Tatsache, daß dieses sich gar nicht hochmütig, sondern fröhlich kichernd unter den Zärtlichkeiten des Händlers wand, und ihre deutlich sichtbaren Brustwarzen verkündeten, daß sie die Hände Rasmus’ durchaus genoß. Philipp, der mit einer Hand vorsichtig die ihm über den Rand des Zubers entgegengereckten Brüste seiner Bademagd streichelte, konnte dergleichen Erregung an dieser Stelle nicht feststellen.
Als er Rasmus schließlich über eine mit einem Vorhang abgehängte Treppe ins Obergeschoß des Badehauses folgte, wo sich zu seinem Erstaunen eine Reihe von ebenfalls mit Vorhängen abgehängten Räumen befand, war seine Freude mit der dunklen Hübschlerin nur kurz. Er ging äußerst vorsichtig mit ihr um, nachdem er die blauen Flecke auf ihren Schenkeln gesehen hatte, die von groben oder brutalen Freiern stammten. Zu dieser Sorte wollte er auf keinen Fall gehören. Ob seine Zartheit auf das Mädchen Eindruck machte, war nicht festzustellen. Sie hockte sich neben ihn und bearbeitete sein hochgerecktes Glied mit ihren kräftigen Händen, und obwohl ihn das aus dem benachbarten Liebesgeviert dringende Gestöhne und Geschnaufe Rasmus’ störte, stieg seine Hitze doch unter ihren Bewegungen unaufhaltsam, und die Gäule gingen ihm durch, kaum daß sie sich den Kittel hochgezogen, auf den Rücken gelegt und ihn hineingelassen hatte. Sie schlüpfte mit ihrem herablassenden Blick hinaus und warverschwunden, noch während er keuchend auf den Decken lag und mit Beschämung, Ärger und einem schlechten Gewissen gleichermaßen kämpfte.
Als er an Rasmus’ Liebesnest vorbei nach unten schlich, hörte er lautes Kichern, Stöhnen und Keuchen. Scheinbar ging das kräftige Bademädchen ihrer Tätigkeit mit mehr Motivation nach als Philipps gewesenes Liebchen. Er seufzte und sagte sich mit schwachem Zynismus, daß Rasmus eigentlich einen Teil des Geldes zurückfordern sollte. Er wickelte sich die feuchte Decke enger um seine Hüften und wurde vom Badeknecht mit unbewegtem Gesicht in die Trinkstube gewiesen, wo er zu seinem Verdruß eine ganze Weile auf Rasmus warten mußte.
»Was hört man denn in Eurer Stadt vom Kampf zwischen Kaiser und Papst um die Führung der christlichen Seelen?« fragte Rasmus, als er endlich mit einem breiten Grinsen Philipp gegenüber saß. Noch bevor dieser etwas erwidern konnte, beantwortete Rasmus seine Frage selbst.
»Ich stelle es mir so vor: Der Kaiser möchte die Stadt gern auf seiner Seite haben, der Bischof von Köln ist natürlich gegen ihn und will die Macht des Klerus keinesfalls schmälern lassen, und die Räte schließlich sind gegen alle beide und würden die Stadt am liebsten selbst beherrschen.« Er lächelte genießerisch. »So hacken sie einander im Kleinen wie im Großen die Augen aus.«
»Woraufhin Ihr damit anfangt, Blindenstöcke zu verkaufen«, sagte Philipp.
»Damit könnte ich jetzt auch schon anfangen, so blind, wie die Hälfte der Christenheit ist«, brummte Rasmus ernüchtert. »Sich dem Diktat dieses skrupellosen Machtmenschen auf dem Thron des Petrus zu unterwerfen und gegen den Mann Front zu machen, der wirklich die Macht dazu hat,uns den Weg in ein Paradies auf Erden zu ebnen.« Er sah sich vorsichtig unter den in der Trinkstube sitzenden halbnackten Männern um, die warmen Wein in sich hineinschlürften und sich halblaut unterhielten. Ohne seine Stimme sonderlich zu dämpfen, fuhr er fort:
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