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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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ein Versager bist – wenn er es auch mit anderen Worten ausgedrückt hat. »Daß Ihr der Kirche gute Dienste geleistet hättet, daß es Zeit sei, daß er diese Schuld bei Euch einlöse und daß ich Euch mit allen Kräften helfen solle.«
    »Und warum ausgerechnet du?«
    »Ich wurde ihm empfohlen«, erwiderte Philipp vorsichtig. Radolf runzelte die Brauen, aber die Antwort schien ihm zu genügen. Er überlegte eine Weile, bevor er sagte: »Komm herein und nimm dein Pferd mit; du kannst es im Stall am hinteren Ende des Hofs unterbringen. Einer von den Bauern kommt jeden Abend und kümmert sich um meine Tiere; er wird deines mit versorgen.«
    Philipp holte sein Pferd, während Radolf auf ihn wartete. Bis er wieder bei ihm ankam, hatte sich das Verhalten des Burgherrn grundlegend geändert. Statt ihn überrascht und mißtrauisch anzustarren, blickte er zu Boden und rieb den Staub mit einem Fuß auseinander. Seine Hände hingen an den Seiten herab und klopften unablässig gegen seineOberschenkel. Als Philipp vor ihm stand, blickte er zu ihm auf, nickte schroff und ging ihm dann hastig voran.
    »Glaubst du daran, daß die Toten zurückkehren können?« fragte Radolf ihn unvermittelt über die Schulter. Philipp starrte ihn verblüfft an und spürte, wie ein Schauer seinen Rücken hinunterlief.
    »Nein«, erwiderte er spröde.
    »Gut«, sagte Radolf und schritt weiter voran. Und so betrat Philipp Radolf Vacillarius’ Reich.
    Später, nachdem Philipp sein Pferd in den baufälligen Stall gebracht hatte, der sich am jenseitigen Ende des umböschten Grundes gegen eine Holzpalisade lehnte, die ebenso baufällig war und mit grausilbernen, lückenhaften Zähnen gegen den Schatten des Waldes ankämpfte; nachdem er durch das Gras gestapft war, das an allen Stellen emporschoß und mit den Pfaden der sich auf dem Grundstück bewegenden Menschen wirr durchkreuzt war; nachdem er das Gebäude durch den ebenerdigen Eingang des donjons betreten hatte, eine Treppe in den ersten Stock hinaufgeklettert war und durch ein enges Tor den Saal des Hauptgebäudes erreicht hatte; nachdem ihm klargeworden war, daß er sich mit Radolf, seiner Tochter und der alten Frau allein innerhalb der befestigten Anlage befand; danach traf Philipp mit dem Burgherrn zusammen, um offiziell empfangen zu werden.
    Radolf saß auf einer Truhe vor dem Kamin. Die Truhe wiederum stand auf einem niedrigen Podium aus Holzbrettern, das gerade groß genug war, zwei Menschen aufzunehmen; die Sitzgelegenheit wirkte dadurch erhöht wie der Thronsessel eines Fürsten. Radolf schien die Versicherung, die dieser Platz bedeutete, nämlich daß er der Herr des Hauses war, zu benötigen. War er am Tor unsicher und mißtrauisch gewesen, so gab er sich jetzt hochfahrend und beleidigend sarkastisch. Dionisia stand neben Radolf auf dem Platz, der ihrer toten Mutter gehört hatte; ein wenig zu weit weg von ihm vielleicht, so daß sie sich nicht hätten berühren können, aber dies mochte an der Unsicherheit liegen, die sie bei ihrer Rolle empfand. Nach allem, was der Kardinal gesagt hatte, war Radolfs Frau noch nicht allzu lange tot.
    »Du siehst noch immer nicht älter und reifer aus als vorhin«, sagte Radolf ohne Einleitung. »Ich hatte mir eingebildet, es hätte vielleicht daran gelegen, daß du außerhalb des Tores standest wie ein Bettler, daß du so klein und unwichtig gewirkt hast; aber ich sehe, daß du innerhalb dieser Mauern auch kein besseres Bild abgibst.«
    Philipp schwieg.
    »Nichtsdestotrotz hat dich der Kardinal zu mir geschickt. ich bin gespannt; fang an, ... ?«
    »Er heißt Philipp«, sagte Dionisia.
    »Philipp«, sagte Radolf. »Du Freund der Pferde. Und ich hatte gedacht, der Kardinal würde mir einen Freund der Verratenen und Verkauften schicken. Aber vielleicht paßt es ganz gut; was war ich mehr als ein Ackergaul, der sich widerstandslos ins Geschirr spannen läßt. Also gut!« Er bückte sich, um einen Becher aufzuheben, der neben der Truhe auf dem Boden stand. Er griff daneben, und als er ihn endlich hatte, balancierte er ihn mit steifem Handgelenk nach oben, bis er ihn endlich an den Mund setzte und mit großen Zügen daraus trank. Er war mehr als nur ein wenig betrunken. Unwillkürlich dachte Philipp an Minstrel, und seine Abneigung gegen Radolf wurde noch einStück größer. Auf seine eigene Art und Weise war Minstrel wenigstens ein eleganter Betrunkener gewesen; Radolf war nur gewöhnlich.
    Radolf hob den Becher Philipp entgegen.
    »Auf dein Wohl, Philipp,

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