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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sagte er und grinste. »Ihr habt mich verspottet«, sagte sie und entzog ihm ihre Hand. »Zuerst macht Ihr mir Vorwürfe über mein Verhalten den Bauern im Dorf gegenüber, und dann gießt Ihr Euren Spott über mir aus. Ist das die Anmaßung eines einfachen Mannes einer Frau gegenüber? Meinem Vater gegenüber habt Ihr Euch mehr zurückgehalten!« »Ich wollte Euch nicht beleidigen«, erklärte Philipp betroffen. »Mir lag nur daran, Euch ein wenig aufzuheitern.«
    »Warum?«
    »Weil ich das Gefühl hatte, Euch mit meinen Worten über die Bauern und die Herren verletzt zu haben. Ich habe es nicht als persönlichen Vorwurf gegen Euch gemeint; ich habe nur ausgesprochen, was jedem der Menschen dort draußen klar ist und woraus sie den kleinen Stolz beziehen, der ihnen zu eigen ist.«
    Sie straffte sich und sah ihm ins Gesicht. Der Widerstreit der Gefühle darin veranlaßte ihn hinzuzufügen: »Ich warnur ehrlich mit Euch. Ich dachte, es wäre Euch lieber als Schöntuerei. Ich bedaure aufrichtig, wenn ich mir zu große Freiheiten angemaßt und Euch beleidigt habe.«
    Dionisia warf den Kopf zurück; er wußte, daß sie nicht vollkommen ehrlich mit sich selbst war, als sie sagte: »In diesem Fall braucht Ihr Euch nicht zu entschuldigen. Für die Wahrheit braucht sich niemand zu rechtfertigen.«
    »Ich werde mich in Zukunft zusammennehmen«, versprach Philipp. Sie lächelte schief und reichte ihm wieder die Hand. Es klang bereits ein wenig wahrheitsgemäßer, als sie sagte: »Dann werde ich Euch ermahnen müssen, offen zu mir zu sein. Kommt jetzt, ich will Euch das Haus zeigen. Ihr sollt wenigstens wissen, wo Ihr Euch aufhaltet.«
    »Wo ist Euer Vater hingegangen?«
    »Ich denke, er ist auf dem Friedhof hinter der Kapelle. Wir wollen ihn dort nicht stören; aber was schicklich ist, werde ich Euch vorstellen.«
    Dionisia führte ihn durch das Haus; durch den Saal, der neben dem Kamin noch eine mit Bretterwänden und Teppichen abgeteilte Ecke besaß, die sie als Radolfs Kammer bezeichnete, die rückwärtige Treppe hinunter in den verwilderten Obstgarten; und zuletzt in die Küche, die zu ebener Erde lag und einen wuchtigen Herd, einen Brunnen und eine Vorratskammer enthielt. Was sie ihm nicht zeigte, sondern nur erklärte, war der Trockenspeicher unter dem Dach; dort lag die Kammer, in der sie mit der alten Frau zusammen schlief. Philipp akzeptierte es: Keiner Frau wäre es eingefallen, allein mit einem fremden Mann in ihre Kammer zu gehen, und kein vernünftiger Mann wäre einer solchen Aufforderung gefolgt. Abgesehen davon hätte er alles akzeptiert, was sie ihm bot, während er sie durch das Haus und den Besitz begleitete wie ein höfischerGalan, jedem Druck ihrer Hand folgend, wenn sie um eine Ecke bog oder die Richtung änderte. Ihre Hand lag leicht auf seiner, und die Berührung machte das Ziehen in seiner Schulter wieder wett, das er bald wegen seines steifen Wamses und wegen seiner unnatürlichen Haltung verspürte.
    Nach dem Ende der Tour forderte Dionisia ihn auf, sich sein Lager in der Küche zu bereiten, da dies der wärmste Raum im Gebäude sei, und er gehorchte. Schließlich ließ sie ihn allein, als sich bereits die Düsterkeit des Abends über das Haus legte und die alte Frau schweigend durch die Räume schlurfte, um die Kaminfeuer nachzuschüren und am Fuß der Treppe ein Becken mit glühenden Kohlen abstellte, in dem man Fackeln aus Fett anzünden konnte, wenn man während der Dunkelheit das Treppenhaus benutzen mußte. Philipp richtete sich sein Lager in einer Nische neben dem Kamin und dachte daran, daß er Dionisia möglicherweise zu vorschnell beurteilt hatte. Am meisten hatte ihn beeindruckt, wie sie versucht hatte, seine offenen Worte als positiv zu empfinden. Er wußte, daß er sich ihr gegenüber viel mehr herausgenommen hatte, als ihm zustand; er mochte noch soviel über die Beziehungen zwischen den Herren und ihren Knechten philosophieren, letztlich war ihm doch bewußt, daß es diese Unterscheidung gab und daß er zu den letzteren gehörte. Er dachte an Dionisias erste Worte, die sie draußen im Dorf zu ihm gesprochen hatte, und es fiel ihm auf, daß ihre Anrede jetzt wieder höflich war, noch mehr als das bedeutete die Geste, mit der sie sich von ihm wie von einem Edelmann durch das Gebäude geleiten ließ, daß sie bereit war, ihn tatsächlich zu respektieren. Er seufzte und warf das Stroh auf den Boden, häufte es mit dem Fuß zusammen und legte sichzuletzt darauf. Vielleicht gab es doch einen

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