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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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vorzuenthalten. Welche Wahrheit? fragte er sich. Daß eine Gestalt aus dem Alptraum eines Mädchens Ähnlichkeit mit deinem Mann hat?
    Aude schritt aus dem Raum, begleitet von dem Mann, dem sie Minstrels Beschreibung gegeben hatte. Als sie wieder allein waren, wandte sich Philipps Herr zu ihm und fragte: »Da du sie nicht kennst und sie dir also nichts angetan haben kann, würde ich zu gerne wissen, was ihr Mann dir getan hat.«
    Philipp, den die Hellsichtigkeit seines Herrn, was seine Gefühle anging, kaum mehr überraschte, winkte heftig ab. »Er hat mich hereingelegt, das ist alles. Leider ist Euch dadurch Schaden entstanden. Ich hätte es Euch noch erzählt, aber bis jetzt war keine Zeit dazu.«
    »Was ist passiert?«
    Philipp schilderte sein Treffen mit Minstrel und den Ausgang ihrer kurzen Bekanntschaft. Seine Stimme war scharf vor Sarkasmus, als er zu schildern versuchte, warum er dem Mann sein Vertrauen geschenkt hatte und es doch nicht erklären konnte. Raimund nickte nachdenklich. »Sie kann nichts für das, was ihr Mann dir angetan hat.«
    »Ich weiß«, grollte Philipp.
    »Dennoch hast du dich so verhalten, als wolltest du es ihr zur Last legen.«
    »Das ist es nicht«, verteidigte sich Philipp aufgebracht. »Es ist nur ...«, er suchte krampfhaft nach einer Ausrede, um seine Grobheit zu bemänteln. »Es ist nur, daß sie sich ehrlos verhält. Es gehört sich nicht für eine Frau, ohne Eskorte zu verreisen und vor einen fremden Herrn zu treten – es sei denn, sie legt es darauf an, verführt zu werden.«
    Philipps Herr lächelte nachsichtig.
    »Ich habe nicht den Eindruck, daß eine Frau mit ihrem Aussehen es nötig hat, jemanden auf sich aufmerksam zu machen. Eher glaube ich das Gegenteil. Abgesehen davon hatte sie eine Eskorte bis hierher: zwei alte Weiblein von zu Hause und einen aufgeblasenen fränkischen Kaplan.« »Warum läuft sie dann hier alleine umher?«
    »Weil ich den beiden alten Weibern sich auszuruhen befohlen und den Pfaffen nach Hause geschickt habe.«
    »Dann sollte sie in ihrer Kammer bleiben, bis ihre Dienerinnen wieder bei Kräften sind.«
    »Philipp«, sagte der Herr geduldig, »das ist das erste Mal, daß ich dich davon sprechen höre, was sich schickt und was nicht. Geht es auf Radolfs Besitz so wüst zu, daß du dich innerhalb von zwei Tagen in einen Moralapostel verwandelt hast?«
    Philipp schwieg verdrossen.
    »Aude sucht nach ihrem Gatten, denn sie fürchtet, daß ihm etwas zugestoßen sein könnte. Das ist ein ehrbares Unterfangen, ganz gleich, was du für Erlebnisse mit dem Kerl hattest. Es gibt nicht viele Frauen, die die Gefahren einer Reise auf sich nehmen würden, um nach ihrem Gatten zu suchen. Ich will es mir nicht anmaßen, ihre Suche zu verzögern. Tatsächlich – und um dein Gewissen bezüglich derSchicklichkeit zu beruhigen – werde ich ihr eine Eskorte anbieten. Die beste und edelste, die mir eingefallen ist.«
    »Wen habt Ihr im Sinn?« Der Kaplan hält sich im Kloster auf und versucht im nachhinein Gerechtigkeit in einem Fall zu erwirken, der niemanden mehr interessiert.
    »Dich.«
    Philipp starrte seinen Herrn mit offenem Mund an.
    »Darüber kannst du nicht mehr diskutieren. Ich habe es bereits beschlossen«, warnte dieser.
    »Aber ich muß mich doch um Radolf ...«
    »Es wird sich bald herausstellen, ob sich Audes Mann noch in der Stadt aufhält oder nicht. Es kostet dich kaum Zeit, wenn du dich ein wenig um sie kümmerst. Und denk daran«, sagte Philipps Herr mit der ihm üblichen Einsicht in die Gedankengänge seines Truchseß, »wenn ihr Mann wirklich ein so übler Kerl ist, wie du es glaubst, ist sie vielleicht ebenso eine Betrogene wie du.«
    »Ich füge mich«, brummte Philipp.
    »Das freut mich. Nun ruh dich aus und erzähle mir beim Abendmahl, was du bisher bei Radolf Vacillarius erreicht hast.«
    Philipp verließ das Wohngebäude, um sich nach seinem Vertreter umzusehen und mit ihm zu besprechen, was während seiner Abwesenheit vorgefallen war; seine Müdigkeit, die er bei der Ankunft auf dem Gut tatsächlich verspürt hatte, war nach dem wiedererwachten Arger auf Minstrel verflogen. Als er aus der Tür trat, stieß er auf Aude, die dort scheinbar auf ihn gewartet hatte.
    »Verzeiht«, sagte sie. »Würdet Ihr mir noch ein paar Augenblicke Eurer Zeit gewähren?«
    »Was kann ich für Euch tun?«
    Aude ging ein paar Schritte beiseite und bog um die Ecke des Wohnhauses, wo niemand ihre Unterhaltung stören würde. Über dem westlichen Horizont hingen

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