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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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trefflichen Parzival abgeben.«
    »Wie auch immer«, seufzte Philipp friedlich und breitete die Arme aus. »Was glaubt Ihr denn, wovor die guten Leute hier Angst haben?«
    »Vor uns.«
    »Vor uns beiden? Ich weiß, ich sehe furchterregend aus, aber Ihr ... «
    »Vor den Christen und ihren Greueltaten«, erwiderte Aude ungeduldig. »Überall in Frankreich hört man von Überfällen und Brandschatzungen auf die Judenviertel; sogar davon, daß christliche Pöbelhaufen die Juden auf offener Straße erschlagen. Vor ein paar Jahren wurden ganze Wagenladungen ihrer Schriften öffentlich verbrannt.«
    »Das habe ich allerdings auch gehört.«
    »Unser allerchristlichster König hat die Männer dazu aufgerufen, jedem, der Falsches über den christlichen Glauben sagt, das Schwert in den Wanst zu stoßen. Es wird nicht lange dauern, dann wird er die Juden bei uns entweder alle umbringen lassen oder sie zumindest aus dem Land werfen. Natürlich wird er ihnen vorher noch jeglichen Besitz wegnehmen. Und überall tauchen Fanatiker und Prediger auf und führen Hetzreden. Ich habe sogar schon gehört, daß manche aufstehen und ankündigen, das Ende der Zeiten wäre nahe und die Wiederkehr Christi stünde bevor und man müsse die Juden ausrotten, damit Christus nicht seiner Mörder ansichtig würde, wenn er auf die Welt zurückkäme.«
    Audes Worte weckten eine Erinnerung in Philipp: der Prophet, der auf dem Marktplatz über das Kommen des Weltuntergangs berichtet hatte, die Pilger, die seine Worte unterbinden wollten. Wäre auch er noch auf die Vernichtung der Juden zu sprechen gekommen, wenn ihm die Pilger die Zeit dazu gelassen hätten?
    »Laßt uns die Geldverleiher aufsuchen«, sagte er düster.
    Der Gemeindevorsteher hatte Philipp die Häuser beschrieben, in denen die Geldverleiher ihrer Tätigkeit nachgingen; in der Enge des Judenviertels waren sie nicht schwer zu finden. Vor einem Eingang, der mit wenigen Stufen in das vollkommen finstere Innere eines Hauses hinunterführte, dessen Fensteröffnungen mit Sackleinen verhängt waren, befand sich der Stand des ersten Mannes: ein niedriger Tisch mit einer bunten, abgestoßenen Platte, hinter der ein älterer Mann mit dem üblichen gelben Hut und einem dichten Kinnbart stand. Der schwarze Kaftan verhüllte seinen Bauch und ließ ihn imposant erscheinen, wo er nur dickleibig war. Seine Augen waren von einemkahlen Grün unter gekräuselten grauen Augenbrauen; gekräuselt war auch das graue Haar, das unter dem Hut hervor bis in seinen Nacken fiel und über den Ohren in zwei widerspenstigen Büscheln abstand. Er hatte die Hände auf dem Rücken zusammengeschlagen und blickte Philipp und Aude unbewegt entgegen. Ein Knabe stand hinter ihm, barhäuptig, ein Buch in beiden Armen. Er schien gleichzeitig über das Buch und über die wenigen Gegenstände zu wachen, die von einer Stange im Rücken des Geldverleihers baumelten und offensichtlich Faustpfänder waren, deren Zeit abgelaufen war und die zum Verkauf standen. Philipp entdeckte eine Anzahl von Krügen, zwei oder drei mit Nieten geschmückte Gürtel und zu seinem Erstaunen auch ein Schwert samt Gehänge in einer abgetragenen Scheide. Der Junge faßte das Buch fester, als Philipp von seinem Pferd stieg und vor den Tisch trat: Es schien größere Schätze zu beherbergen, als die kümmerliche Ansammlung von Pfandstücken darstellte.
    »Yohai ben David?« fragte Philipp den älteren Mann. Aus der Nähe wirkte er jünger; es war der Bart, der sein Gesicht alt gemacht hatte. Er mochte das Alter von Philipps Herrn besitzen. Der Mann nickte. Philipp fragte sich, ob sein Herr damals bei diesem Mann Geld geliehen hatte und wie er sich dabei gefühlt haben mochte, von einem Gleichaltrigen ein Darlehen aufzunehmen.
    »Der Parnes hat mir Euren Namen genannt. Ich benötige eine Auskunft.«
    Die Augenbrauen ben Davids zuckten in die Höhe. Er neigte den Kopf zur Seite.
    »Die Christen kommen gewöhnlich zu mir, weil sie Geld benötigen«, sagte er trocken. Seine Stimme war voll und rauh; sie paßte zu seiner Statur.
    »Wenn es einmal soweit ist, werde ich mich Eurer erinnern«, versprach Philipp. »Einstweilen reicht es mir, wenn Ihr mir sagt, ob ein bestimmter Mann Geld bei Euch geliehen hat und welche Unterlagen er als Pfand hinterlegte.«
    »Woher wißt Ihr, daß er sich an mich wandte?«
    »Ich weiß es nicht. Ihr seid eine Möglichkeit von dreien.« »Dann solltet Ihr die anderen beiden Möglichkeiten vorziehen.«
    »Weshalb?«
    »Weil es nicht

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