Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
zehn Metern zu treffen hätte bereits auf eine eindrucksvolle Schusstechnik hingewiesen. Aber dieses Geschoss war nicht einmal einen halben Meter entfernt von ihm eingeschlagen. Es war verblüffend. Und beängstigend.
    In Bewegung bleiben.
    Angesichts unsichtbarer Verfolger war das seine einzige Chance, den unsichtbaren Schützen das Zielen zu erschweren. Aber Bewegung allein reichte nicht aus. Er musste unberechenbar bleiben, sonst würde ein ausgebildeter Scharfschütze beim Zielen berechnen können, wie weit er »vorhalten« musste. Es war eine ganz schlichte Übung, auf ein Ziel zu feuern, das sich mit gleich bleibender Geschwindigkeit in gleich bleibender Richtung bewegte: Man kalkulierte Entfernung und Geschwindigkeit der Person, hielt dann ein paar Grad links oder rechts von der Gestalt im Zielfernrohr vor und feuerte auf die Stelle, wo das Ziel sein würde, wenn die Kugel dort eintraf; nicht wo es gewesen war, als die Kugel abgefeuert wurde.
    Und dann war da noch die entscheidend wichtige Sache mit dem Scharfschützenraster. Seitliche Bewegung -Quergeschwindigkeit - war eine Sache. Aber eine Bewegung, die die Zielperson zu Fuß auf den Scharfschützen zu oder von ihm weg führte, war beinahe belanglos und würde das Geschoss nicht daran hindern, sein Ziel zu erreichen.
    Janson hatte nicht feststellen können, wie viele Schützen in Position waren oder wo diese Positionen sich befanden. Weil er das Raster nicht kannte, wusste er auch nicht, welche Bewegungen quer dazu verliefen und welche nicht. Die Regeln des Flankenfeuers würden eine axiale Anordnung erfordern; Scharfschützen, die so geschickt waren wie diese, waren sich der Gefahr sehr wohl bewusst, dass eine Kugel einem Mitglied des Teams oder einem Passanten gefährlich werden konnte.
    Die Scharfschützen - wo waren sie? Die beiden letzten Schüsse waren aus dem Südwesten gekommen, wo er mit Ausnahme einer Eichengruppe in ein paar hundert Metern Entfernung nichts Verdächtiges erkennen konnte.
    Er fing an schneller zu laufen, suchte das Areal vor sich ab. Das Unheimliche war, wie normal alles aussah. Der Park war nicht gerade überfüllt, aber keineswegs leer. Hier ein junger Mann, dessen Oberkörper sich rhythmisch zu den Klängen seines Walkman bewegte. Dort eine junge Frau mit einem Kinderwagen, die sich mit einer anderen Frau unterhielt, einer guten Bekannten, wie es aussah. Er konnte aus der Ferne die vergnügten Rufe von Kindern in Paddelbooten hören, die in einem seichten, abgezäunten Teil des Teichs herumtobten. Und immer wieder Liebespaare, Hand in Hand, zwischen den Eichen, den Weiden und den Buchen. Sie befanden sich in ihrer eigenen Welt. Und er in der seinen. Sie teilten sich ein Terrain und wussten nicht, dass etwas nicht stimmte. Wie konnten sie auch?
    Das war das Geniale an der Operation. Die Schüsse waren praktisch lautlos. Die winzigen Einschläge in Baumrinde, Rasen oder Wasser waren zu flüchtig und zu unauffällig, um von jemand bemerkt zu werden, der nicht auf solche Hinweise zu achten gewohnt war.
    Der Regent's Park - jene beschauliche Insel des Friedens inmitten der Großstadt - war zu einem Feld des Todes geworden. Ohne dass jemand das bemerkte.
    Mit Ausnahme natürlich des potenziellen Opfers.
    Wo war Sicherheit zu finden? Die Frage drängte sich Janson immer mehr auf, kreischte förmlich, wurde immer eindringlicher.
    Sein einziger Vorteil war der des Handelnden gegenüber dem des Reagierenden: Er allein kannte seine nächste Bewegung; die Verfolger würden auf das reagieren müssen, was er tat. Aber wenn sie Einfluss auf seine Handlungen nehmen, ihn dazu bringen konnten, sich auf eine reduzierte Zahl von Optionen zu beschränken, auf das zu reagieren, was sie taten, dann würde dieser Vorteil für ihn verloren sein.
    Er huschte hierhin und dorthin, entlang einer Linie, von der er annahm, dass sie schräg zur axialen Anordnung des Scharfschützenteams verlief.
    »Sie üben wohl Dribbeln?«, rief ihm ein amüsiert wirkender älterer Mann zu, dessen weißes Haar sorgfältig nach vorn gekämmt und über der Stirn im Stil Julius Cäsars gestutzt war. »Sieht gar nicht schlecht aus. Eines Tages spielen Sie bestimmt bei Manchester United!«
    Solche Witzeleien machte man mit Menschen, die man für verrückt hielt. Was sonst hätte auch Jansons seltsame, ruckartige Bewegungen erklären können, wie er nach rechts und links hastete, scheinbar ohne Plan und Ziel? Es war die Zickzackbewegung eines flügellahmen Kolibris.
    Plötzlich

Weitere Kostenlose Bücher