Der Janson-Befehl
hatte: »Das einzige Gesetz, das dieser Bursche gebrochen hat, ist das Gesetz der Durchschnittswerte.«
In einem anderen häufig wiederholten Zitat hatte Peter Novak erklärt, weshalb er sich gegenüber der Presse so zugeknöpft gab: »Wenn man mit einem Journalisten zu tun hat, so ist das, als würde man mit einem Dobermann tanzen«, hatte er gewitzelt. »Man weiß nie, ob er einem das Gesicht ableckt oder einem an die Gurgel geht.«
Und in jedem Profil waren Zeugnisse von Eider Statesmen hinsichtlich Novaks Rolle beim Wiederaufbau einer bürgerlichen Gesellschaft und bei der Auflösung von Konflikten verstreut. Bald war es Janson, als würden ganze Absätze journalistischer Prosa ineinander übergehen; Zitate wiederholten sich mit nur geringfügigen Variationen, als stammten sie von derselben Schablone. So schrieb der Londoner Guardian:
»Früher einmal konnte man über Peter Novak einfach hinweggehen«, sagt Walter Horowitz, der ehemalige Botschafter der Vereinigten Staaten in Russland. »Jetzt ist er zu einer wichtigen Figur geworden. Novak ist ein Mensch mit ausgeprägten Vorstellungen und der Bereitschaft, sie zu verwirklichen. Er geht hin und tut es und hat nur wenig Geduldfür die Regierungsbürokratie. Er ist der einzige private Bürger, der seine eigene Außenpolitik vertritt - und sie auch umsetzen kann.«
Horowitz kleidet damit eine Perspektive in Worte, die im außenpolitischen Establishment zunehmend verbreitet ist: dass Regierungen heutzutage nicht mehr über die Mittel oder den Willen verfügen, gewisse Initiativen umzusetzen, und dass Potentaten aus der privaten Wirtschaft, Männer wie Peter Novak, das so entstandene Vakuum ausfüllen.
Der stellvertretende Generalsekretär der UN für Angelegenheiten des Sicherheitsrates und der Politik, Jaako Torvalds, sagt: »Es ist, als würde man mit einer freundlichen, friedlichen, unabhängigen Einheit, wenn nicht gar einer Regierung zusammenarbeiten. In der UN sind wir bemüht, unsere Vorgehensweise in Krisengebieten mit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland - und Peter Novak zu koordinieren.«
Einen ähnlichen Tribut zollte Newsweek:
Was unterscheidet den magyarischen Mogul von anderen? Vielleicht sollte man mit seiner ungemeinen Selbstsicherheit beginnen, jener absoluten Sicherheit, die man sowohl in seinem Auftreten wie auch in allem, was er sagt, spürt. »Ich setze mich nicht mit Staatsangelegenheiten auseinander, weil es mir Spaß macht«, erklärt Novak, dessen perfekt maßgeschneiderte Garderobe in keiner Weise von der körperlichen Kraft ablenkt, die der Mann ausstrahlt. Und doch hat er sich inzwischen mehrmals gegen die Märkte der Welt gestellt und dabei so häufig den Sieg davongetragen, dass das Spiel für ihn inzwischen keine Herausforderung mehr darstellen kann. Mitzuhelfen, in destabilisierten Regionen wie in Bosnien oder den zentralasiatischen Republiken, wieder eine bürgerliche Gesellschaft aufzubauen, stellt selbst für Peter Novak eine Herausforderung dar, wie er sie sich nicht besser wünschen kann.
Stunden später hörte er leise Schritte von nackten Füßen auf Terrakottafliesen. Die Frau trug jetzt einen Frotteebademantel und hatte endlich das Schlafzimmer verlassen. Janson stand auf und hatte das Gefühl, sein Kopf sei von einem Nebel von Namen, Daten und Fakten erfüllt, aus denen er die Erkenntnisse herausdestillieren musste, nach denen er suchte.
»Ist ja recht schick, diese Hütte«, sagte sie.
Janson war für die Unterbrechung dankbar. »Vor dreihundert Jahren stand hier ein Bergkloster. Es wurde fast völlig zerstört, und der Wald ist darüber gewachsen. Mein Freund hat das Gelände gekauft und eine Menge Geld dafür ausgegeben, aus den Überresten ein Landhäuschen zu bauen.«
Für Janson lag der Reiz des Hauses nicht so sehr in seiner luxuriösen Ausstattung wie in seiner ländlich isolierten Lage. Durch die vorderen Fenster konnte man eine schroffe Bergspitze sehen, die aus dem nahe gelegenen Wald herausragte. Grauer, nackter Stein kontrastierte mit dem satten Grün des Waldes - aus der Distanz wirkten die Bäume wie Moos -, und das Ganze zeichnete sich vor einem azurblauen Himmel ab, an dem schwarze Vögel ihre Kreise zogen und immer wieder in die Tiefe stießen, koordinierte Bewegungen, die scheinbar ziellos waren. Eine Pergola aus Gusseisen, mit Weinranken überwuchert, stand ein Stück von dem Gebäude entfernt, nicht weit von einem jahrhundertealten Campanile, einem der wenigen Überreste des
Weitere Kostenlose Bücher