Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
ihn ihr Blick.
    »Wo?«, fragte sie, und das eine Wort schien sie beträchtliche Anstrengung zu kosten.
    »Wir sind in einem Landhaus, das einem Freund von mir gehört«, sagte er. »In der Lombardei. Brianza nennt sich die Gegend. Der Corner See liegt zehn Meilen nördlich von uns. Es ist ein sehr abgelegener Ort.«
    Während er das sagte, stellte er fest, dass ihre Prellungen jetzt eher noch schlimmer aussahen; aber das war ein Zeichen für die einsetzende Genesung. Und selbst die geröteten Schwellungen konnten ihre Schönheit nicht verdecken.
    »Wie lange ... hier.?«
    »Jetzt sind es drei Tage«, sagte er.
    Ihre Augen füllten sich mit Angst, blickten ungläubig. Und dann lockerten sich ihre Gesichtszüge allmählich, und sie verlor wieder das Bewusstsein.
    Ein paar Stunden später kehrte er an ihr Bett zurück und beobachtete sie eine Weile.
    Sie fragt sich, wo sie ist. Sie fragt sich, weshalb sie hier ist. Janson musste sich selbst die gleiche Frage stellen. Warum hatte er sie mitgenommen? Die Entscheidung war qualvoll gewesen: Bis jetzt hatte klare Vernunft sein Überleben sichergestellt. Dass die Frau ihm potenziell nützlich sein konnte, stand außer Zweifel. Aber die klare, harte Vernunft sagte ihm, dass sie zugleich auch eine tödliche Gefahr darstellen würde - und dass seine Entscheidung, sie mitzunehmen, weitgehend von Gefühlen diktiert gewesen war. Gefühlen, die einem das Leben kosten konnten. Was machte es ihm schon aus, wenn man in Amsterdam auf die Frau Jagd machte und sie schließlich stellte? Sie hatte ja tatsächlich wiederholt versucht, ihn zu töten. Ich muss wissen, was Lüge ist und was nicht, hatte sie gesagt, und er wusste, dass das zumindest keine Lüge war.
    Die Frau hatte Schreckliches erlebt - und noch schrecklicher war für sie ohne Zweifel, dass sie sich einmal für unverwundbar gehalten hatte. Er wusste, wie das war, hatte es am eigenen Leibe erlebt. Was man an ihr verletzt hatte, war nicht so sehr ihr Körper, sondern ihr Selbstwertgefühl.
    Er legte ihr eine frische Kompresse auf die Stirn, und nach einer Weile regte sie sich wieder.
    Diesmal fuhr sie sich mit den Fingerspitzen über das Gesicht, spürte die Schwellungen. Ihr Blick verriet ihm, dass sie sich schämte.
    »Ich nehme an, Sie können sich seit Amsterdam an nicht viel erinnern«, sagte Janson. »Das ist für die Prellungen und die Gehirnerschütterung, die Sie vermutlich haben, ganz typisch. Da hilft nur die Zeit.«
    Er reichte ihr ein Glas Wasser.
    »Ich fühle mich wie Scheiße«, hauchte sie.
    Sie trank gierig.
    »Ich habe Schlimmeres gesehen«, murmelte er.
    Sie bedeckte das Gesicht mit den Händen und rollte sich zur Seite, wandte sich von ihm ab, als ob es ihr peinlich wäre, dass er sie so sah. Ein paar Minuten später fragte sie: »Sind Sie mit dem Mercedes hierher gefahren?«
    »Nein. Der steht noch in Amsterdam. Erinnern Sie sich nicht?«
    »Wir hatten einen Piepser an der Stoßstange angebracht«, erklärte sie. Ihre Augen wanderten über die Decke, die ein kunstvolles Barockgemälde mit zwischen den Wolken herumhüpfenden Cherubinen bedeckte.
    »Das hatte ich mir schon gedacht«, sagte Janson.
    »Ich will nicht, dass die uns finden«, flüsterte sie.
    Janson strich ihr vorsichtig über die Wange. »Erinnern Sie mich daran, dass ich Sie frage, warum Sie das nicht wollen.«
    Ein paar Augenblicke lang sagte sie nichts. Dann setzte sie sich langsam im Bett auf. Ihre Augen blitzten wütend über ihren von Schwellungen gezeichneten Wangen. »Die haben gelogen«, sagte sie leise. »Gelogen«, wiederholte sie, und diesmal klang ihre Stimme wie Stahl.
    »Es wird immer Lügen geben«, sagte Janson.
    »Diese Mistkerle haben mich reingelegt«, fuhr sie fort, und jetzt zitterte sie, entweder weil ihr kalt war oder vor Wut.
    »Nein, ich glaube, ich war derjenige, den man hereingelegt hat«, erklärte Janson ruhig.
    Er füllte ihr Glas nach, sah zu, wie sie es an die aufgesprungenen Lippen führte und das Wasser dann mit einem Zug in sich hineinschüttete.
    »Das läuft auf dasselbe hinaus«, sagte sie. Ihre Stimme klang, als käme sie aus weiter Ferne. »Wenn einem das eigene Team das antut, dann gibt es dafür nur ein Wort. Verrat.«
    »Sie fühlen sich verraten«, sagte Janson.
    Sie hielt sich beide Hände vors Gesicht, und jetzt übersprudelten sich ihre Worte.
    »Die haben mich reingelegt, damit ich Sie töte, aber irgendwie fühle ich mich nicht schuldig. Ich fühle mich hauptsächlich ... wütend, sauer.

Weitere Kostenlose Bücher