Der Janson-Befehl
Stahlstift ersetzt, an dessen anderem Ende ein dünnes Blechplättchen befestigt war, das er mit einer kräftigen Schere aus dem Deckel einer Keksdose herausgeschnitten hatte. Der elektronische Teil - ein Zufallsrauschgenerator - war eine schlichte Anordnung von Transistoren, die er aus einem Radio-Shack-Handy ausgebaut hatte. Wenn man zwei Taschenlampenbatterien an diese Apparatur anschloss, erzeugte sie ein schnell schwingendes Magnetfeld; damit konnte man die Sensoren in Schwingung versetzen, bis sie aktiviert wurden.
Janson schob das Blechplättchen in den Schlitz und wartete. Die Sekunden tickten langsam dahin.
Nichts.
Er schluckte seine Enttäuschung hinunter, überprüfte die Batteriekontakte und schob den Blechstreifen erneut ins Schloss. Wieder verstrichen endlose Sekunden - und dann hörte er plötzlich ein Klicken, das ihm verriet, dass der Schließmagnet sich geöffnet hatte. Die Türriegel glitten schnell und beinahe lautlos zurück.
Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er fast die ganze Zeit den Atem angehalten hatte; er atmete tief durch und öffnete die Tür.
Wenn das Haus bewohnt war, würden irgendwelche internen photoelektrischen Alarme ausgeschaltet sein. Und falls er sich getäuscht hatte, würde es nicht lange dauern, bis er das bemerkte. Janson schloss leise die Tür hinter sich und ging im Halbdunkel durch den langen Korridor.
Nach fast hundert Metern sah er einen Lichtstreifen unter einer Tür zu seiner Linken.
Bei genauerem Hinsehen erwies sich die Tür als eine einfache Schwingtür, die nicht versperrt und auch nicht mit einem Alarmsystem gesichert war. Was für ein Raum lag dahinter? Ein Büro? Ein Konferenzraum?
Er spürte die Angst in seinen Eingeweiden. Jeder seiner animalischen Instinkte signalisierte Gefahr.
Etwas stimmte hier nicht.
Aber er konnte jetzt nicht mehr umkehren, ganz gleich, welchem Risiko er sich gegenüber sah. Er zog seine Pistole aus dem Hosenbund und trat, die Waffe vor sich haltend, in den Raum.
Für Augen, die sich an das düstere Zwielicht im Flur angepasst hatten, war der Raum strahlend hell von Stehlampen, Schreibtischlampen und einem Kandelaber an der Decke beleuchtet - und Janson kniff unwillkürlich die Augen zusammen, als ihn ein Gefühl noch größerer Angst überkam.
Er stand im Türbereich eines eleganten, mit antiken Hölzern vertäfelten Salons, mit schweren Schränken und Sitzmöbeln, die mit Damast und Leder bezogen waren. Und in der Mitte des Raumes saßen acht Männer, die ihn erwartungsvoll ansahen.
Janson spürte, wie ihm alles Blut aus dem Gesicht wich.
Sie hatten auf ihn gewartet.
»Warum zum Teufel haben Sie so lange gebraucht, Mr. Janson?«
Die Frage kam mit einstudierter Leutseligkeit. »Collins sagte, Sie würden es bis acht Uhr schaffen. Jetzt ist es fast halb neun.«
Janson öffnete und schloss die Augen ein paar Mal, als er den Mann ansah, der ihm die Frage stellte, aber was seine Augen ihm zeigten, blieb unverändert.
Er starrte den Präsidenten der Vereinigten Staaten an.
34
Der Präsident der Vereinigten Staaten. Der Direktor von Consular Operations. Und die anderen?
Janson fühlte sich von dem Schock wie erstarrt. Er stand wie angewurzelt da, und sein Verstand arbeitete fieberhaft.
Es konnte nicht sein.
Männer in Anzug und Krawatte hatten in dem luxuriösen Herrenhaus auf ihn gewartet, und Janson erkannte die meisten von ihnen. Da war der Staatssekretär, ein Mann, der in den Medien immer den Eindruck machte, vor Gesundheit zu strotzen, jetzt aber keineswegs so gesund wirkte. Der Unterstaatssekretär für den Internationalen Bereich aus dem Treasury Department, ein dicklicher Wirtschaftsfachmann mit einem Princeton-Diplom. Der gelbgesichtige Vorsitzende des National Intelligence Council. Der stellvertretende Direktor der Defense Intelligence Agency, ein stämmig gebauter Mann mit einem ewigen Dreitagebart. Und außerdem zwei farblos und nervös wirkende Techniker; den Typ erkannte er sofort.
»Nehmen Sie Platz, Paul.«
Ja, es war Derek Collins, und seine schiefergrauen Augen blickten ihn kalt hinter seiner dicken Brille mit dem schwarzen Kunststoffgestell an. »Fühlen Sie sich wie zu Hause.«
Er machte eine vage Handbewegung, die den ganzen Raum einschloss. »Falls man das hier ein Zuhause nennen kann.«
Der Raum war geräumig und doch prunkvoll, im Stil des ausgehenden 17. Jahrhunderts vertäfelt und mit Stuckatu- ren versehen; die auf Hochglanz polierte Mahagoniwandverkleidung leuchtete unter einem
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