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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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sondern erfahrene Veteranen. Das konnte man selbst an der Art und Weise erkennen, wie sie ihre Waffen trugen. Sie wussten, was sie taten. Wenn sie angegriffen wurden und nur Sekunden Zeit hatten, Position zu beziehen, würde einer von ihnen den Gefangenen erledigen. Aus den Protokollen abgehörter Gespräche, die er gelesen hatte, war dies wahrscheinlich ein genereller Befehl.
    Er zoomte auf den jungen Mann mit den Aknenarben und ließ die Kamera dann weiterwandern. Hier waren siebzehn erfahrene Krieger, und wenigstens einer von ihnen verfügte über eine außergewöhnliche Beobachtungsgabe und auch die Fähigkeit, das Beobachtete zu registrieren und zu verarbeiten.
    »Wir sind im Arsch.«
    Xatsaris sprach über sein Lippenmikrofon, ausdruckslos und zur Sache.
    »Ich komme gleich rüber«, sagte Janson und schob die Kamera ein paar Zentimeter tiefer in den Schacht hinein.
    Er spürte, wie sein Magen sich zu einem kleinen, harten Ball zusammenzog.
    Auch seine Glieder schmerzten, weil er zu lange gekauert hatte. In Wahrheit war er für diese Art von Expedition zu alt, wenigstens zehn Jahre zu alt. Warum hatte er sich ausgerechnet diesen Part ausgewählt, den gefährlichsten und anspruchsvollsten von allen? Er hatte sich eingeredet, er sei der Einzige, der dazu bereit sein würde, bereit, das fast Aussichtslose zu wagen; oder besser gesagt, wenn er nicht dazu bereit war, würde das auch kein anderer sein und sollte es auch nicht. Und außerdem hatte er sich eingeredet, dass er seiner Erfahrung wegen am besten geeignet wäre. Er hatte sich eingeredet, nachdem er ja den Plan entwickelt hatte, sei er auch am besten darauf vorbereitet, ihn wenn nötig umzukrempeln. Aber war da vielleicht auch Eitelkeit im Spiel? Wollte er sich selbst beweisen, dass er es immer noch schaffen konnte? Oder drängte es ihn so verzweifelt danach, seine Ehrenschuld bei Peter Novak zu tilgen, dass er deshalb eine Entscheidung getroffen hatte, die am Ende Novaks Leben möglicherweise ebenso in Gefahr brachte wie sein eigenes? Zweifel drängten auf ihn ein, als regnete es Nadeln, und er zwang sich, ruhig zu bleiben. Klar wie Wasser, kalt wie Eis, das war ein Mantra, das er in den langen Tagen und Nächten des Schreckens und der Qualen als Kriegsgefangener in Vietnam immer aufs Neue wiederholt hatte.
    Katsaris stand exakt an der Stelle, wo sich nach den Plänen der zweite Eingang befinden sollte - der Zugang, der die ganze Operation überhaupt erst möglich machen würde.
    »Das Ding ist genau da, wo es sein soll«, sagte Katsaris. »Man kann die Umrisse der Falltür sehen.«
    »Das ist eine gute Nachricht. Ich mag gute Nach-richten.«
    »Der Zugang ist mit Hohlblocksteinen zugemauert.«
    »Das ist eine schlechte Nachricht. Ich mag keine schlechten Nachrichten.«
    »Und das Mauerwerk ist in gutem Zustand. Wahrscheinlich keine dreißig Jahre alt. Die hatten vielleicht einmal Probleme mit Flutwasser und haben das so repariert. Wer weiß das schon? Ich weiß nur, dass es Zugang A nicht mehr gibt.«
    Der Knoten in Jansons Magen krampfte sich noch mehr zusammen. Klar wie Wasser, kalt wie Eis.
    »Kein Problem«, sagte Janson. »Es gibt einen Ausweg.«
    Aber es war ein Problem, und er wusste keinen Ausweg. Das Einzige, was er wusste, war, dass man als Befehlshaber seine Männer nie spüren lassen durfte, dass man in Panik geriet.
    Sie hatten sich mit lückenhaftem Wissen auf die ganze Geschichte eingelassen. Es gab die Information, und die war von Abhörberichten bestätigt, dass Peter Novak in dem Verlies der Kolonialfestung festgehalten wurde. Der gesunde Menschenverstand lieferte einem den Schluss, dass er schwer bewacht sein würde. Die Folgerung daraus war notwendigerweise, dass man nur von oben, aus der Luft, in das Gebäude eindringen konnte. Aber dann? Janson hatte sich nie mit dem Gedanken auseinander gesetzt, das Verlies frontal anzugehen - ein Spießrutenlauf mitten durch die feindlichen Wachen hindurch, womit die Retter ebenso wie der zu Rettende tödlicher Gefahr ausgesetzt wurden. Was den Plan durchführbar machte, war die Aussicht auf simultanes Handeln: Befreiung der Geisel, während die Wachen aktionsunfähig waren. Aber jetzt gab es keinen Hintereingang mehr, den sie nutzen konnten. Und deshalb keinen Plan mit Aussicht auf Erfolg.
    »Komm mit«, sagte Janson. »Ich zeig es dir.«
    Sein Verstand arbeitete fieberhaft, während er und Katsaris zu dem Schacht zurückkehrten. Es gab etwas. Eine Erkenntnis, die zunächst völlig amorph gewesen

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