Der Janson-Befehl
unberechenbaren Verhalten einer Gruppe kleiner Kinder aussetzen.
Dreißig Meter über dem Brunnen, an dem Agger und er sich um vier Uhr treffen wollten, fuhr Janson fort, das Areal abzusuchen. Sein Blick wanderte über die Kieswege und das wild wuchernde Gras und die Büsche.
Folgerung: An die Stelle eines unfachmännischen amerikanischen Teams waren lokale Experten getreten, Leute, die das Terrain kannten und schnell reagieren konnten.
Aber wie lauteten ihre Anweisungen?
Er fuhr fort, die Gestalten, die er an der Hügelflanke sah, zu mustern, suchte nach weiteren Anomalien. Der Geschäftsmann war jetzt offenbar eingenickt, das Kinn war ihm auf die Brust gesunken, sodass der unbefangene Beobachter glauben musste, er halte eine nachmittägliche Siesta. Nur seine gelegentlichen Mundbewegungen -gemurmelte Meldungen, und wäre es nur, um die Langeweile im Schach zu halten - verrieten die Illusion.
Die zwei Gestalten, die er identifiziert hatte, der Geschäftsmann mit seiner Zeitung und der Künstler mit seinem Skizzenblock, waren offenkundig Griechen, keine Amerikaner; so viel war deutlich aus ihrer Physiognomie, ihrer Kleidung, ja selbst ihrer Haltung zu erkennen. Und auch aus der Sprache: Janson verstand sich nicht besonders darauf, Lippen zu lesen, aber dass der Mann Griechisch und nicht Englisch sprach, war für ihn klar zu erkennen.
Doch um Himmels willen, weshalb das Schleppnetz? Die schlichte Existenz belastenden Materials erklärte noch nicht die Bereitschaft, diese Erkenntnis als gewichtig zu akzeptieren. Janson war fünfundzwanzig Jahre lang ein Agent in einem der geheimsten Nachrichtendienste Amerikas gewesen; man hatte sein Profil so gründlich überprüft und untersucht, wie man sich das überhaupt nur vorstellen konnte. Wenn er auf das große Geld aus gewesen wäre, hätte er sich das schon vor langer Zeit auf hundert verschiedene Arten beschaffen können. Und doch unterstellte man ihm jetzt, wie es schien, das Schlimmste, verzichtete darauf, bei der Interpretation des Beweismaterials Alternativen in Betracht zu ziehen.
Was hatte sich verändert? Etwas, das er getan hatte oder von dem man vermutete, dass er es getan habe? War es etwas, das er wusste? Jedenfalls war er allem Anschein nach plötzlich zu einer Bedrohung für die Planer in Washington geworden, eine halbe Welt weit von diesem uralten Hügel im Zentrum von Athen entfernt.
Wer war sonst noch da? Die schräg einfallenden Sonnenstrahlen behinderten die Sicht, aber Janson erforschte jeden Zentimeter der ihm sichtbaren Umgebung, teilte das Terrain in ein Rastergitter auf, bis seine Augen zu schmerzen begannen.
Um vier Uhr tauchte ein besorgt wirkender Agger auf; er hatte seine blaue Leinenjacke ausgezogen und trug sie über die Schulter gelegt, sein blau gestreiftes Hemd zeigte Schweißflecken, ohne Zweifel etwas, was dem sehr auf sein Äußeres bedachten Analytiker, der nur selten die klimatisierte Umgebung seines Büros oder seiner Wohnung verließ, unangenehm war.
Jetzt konnte Janson von seinem Standort zwischen den Fichten erkennen, dass Agger sich auf die lange Marmorbank am Brunnen setzte, schwer atmete und sich nach seinem alten Trinkgefährten umsah.
Janson duckte sich.
Der Mann mit dem Zeichenblock: nur Überwachung? Dass der Mann Grieche war, beunruhigte ihn. Die Beobachter auf der Straße waren Amerikaner gewesen, davon hatte er sich überzeugt, Teil der üblichen militärischen Abwehrabteilung, die allen amerikanischen Botschaften zugeteilt wurde. Es waren keine Amateure, aber sie hatten auch keine besondere Professionalität erkennen lassen. Eben das Beste, was man kurzfristig einsetzen konnte, hatte er gefolgert. Der Sektor Athen war nicht vorgewarnt worden, dass er in die Stadt kommen würde; schließlich hatte er selbst die Entscheidung ganz spontan und erst vor zwölf Stunden getroffen.
Aber diese Griechen: Wer waren sie? CIA-Angestellte waren es nicht. Das hier waren Profis, Freiberufler, die einen Auftrag erhalten hatten. Die Art von Männern, mit denen man nichts zu tun haben wollte - bis man sie brauchte. Das bedeutete häufig eine Sanktion, einen Akt, den man keinem offiziellen Angehörigen einer Sicherheitsgruppe anvertrauen wollte.
Aber Janson griff den Dingen voraus, das wusste er: Es gab keinen Anlass für einen Sanktionsbefehl. Jedenfalls jetzt noch nicht.
Janson kroch auf dem Bauch durch das Gestrüpp und hielt sich dabei dicht an eine lange Schutzmauer aus aufgetürmten Schieferplatten. Das Gestrüpp
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