Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
augenblickliche Trends dürften mutmaßlich anhalten verziert und nutzten raffiniert Adverbien wie zunehmend. Auf diese Weise wurden Trends identifiziert, ohne dass der Verfasser sich dem Risiko aussetzte, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. König Fahd wird es zunehmend schwer fallen, die Kontrolle zu behalten, hatte er im Hinblick auf den saudischen König Monat für Monat aufs Neue prophezeit. Die Tatsache, dass der Potentat Jahr für Jahr an seiner Macht festhielt, bis er schließlich einen Schlaganfall erlitt - ein fast zwei Jahrzehnte dauerndes Regime -, war nur bedingt peinlich; schließlich hatte Agger ja nie gesagt, dass König Fahd die Kontrolle über seinen Staatsapparat innerhalb eines definierten Zeitrahmens verlieren würde. Über Somalia hatte Agger einmal geschrieben: »Lage und Umstände haben sich bis zur Stunde noch nicht in einem Maße entwickelt, dass man momentan mit hinreichender Genauigkeit nähere Angaben über die Nachfolgeregierung oder die von ihr zu gegebener Zeit praktizierte Politik machen könnte.«
    Die Analyse war durchaus zutreffend - Schall und Rauch, durch keinerlei Sinngehalt beeinträchtigt.
    Nelson Agger war ein dünner, schlaksiger Mann mit schütterem Haar, den die Feldagenten häufig unterschätzten; ein mögliches Defizit an Mut glich er mit Erfolg durch sein Geschick in Büropolitik aus. Was immer der Bürokrat auch sonst sein mochte, ein Überlebenstyp war er allemal.
    Außerdem war er ein auf seltsame Weise liebenswerter Mensch. Welche Gründe Janson dazu bewogen hatten, so gut mit ihm auszukommen, war nur schwer zu erklären. Zum Teil hatte das sicherlich damit zu tun, dass Agger sich in Bezug auf die eigene Person keinerlei Illusionen hingab. Er war Zyniker, zweifellos, aber im Gegensatz zu den salbungsvollen Opportunisten, von denen es in Washington wimmelte, machte er daraus nie ein Hehl, zumindest nicht Janson gegenüber. Die wirklich Gefährlichen, davon war Janson aus langer Erfahrung überzeugt, waren die mit den grandiosen Plänen und den eiskalten Augen. Agger hingegen, alles andere als eine Leuchte seines Berufs, tat mehr Gutes, als er Schaden anrichtete.
    Aber wenn Janson mit sich selbst ehrlich war, musste er zugeben, dass ein weiterer Grund in der schlichten Tatsache bestand, dass Agger ihn mochte und zu ihm aufblickte. Schreibtischhengste pflegten gegenüber den Agenten im Feldeinsatz aus einem gewissen Minderwertigkeitskomplex heraus hinsichtlich ihrer eigenen Rolle im System ein hohes Maß an Herablassung an den Tag zu legen. Im Gegensatz dazu machte Agger, der sich selbst als >Wunderknaben ohne Mumm< bezeichnete, aus seiner Bewunderung nie ein Hehl.
    Übrigens auch nicht aus seiner Dankbarkeit. Janson hatte in der Vergangenheit gelegentlich dafür gesorgt, dass Agger der Erste war, der bestimmte nachrichtendienstliche Informationen erhielt. In einigen dieser Fälle hatte Agger demzufolge seine Analyseberichte so gestalten können, dass sie zu dem Zeitpunkt, wo sie durch die entsprechen-den Kanäle geleitet worden waren, prophetisch gewirkt hatten. Das Maß der Mittelmäßigkeit in der nachrichtendienstlichen Analyse war derart, dass ein Beamter nur einige wenige solcher Hilfestellungen brauchte, um sich den Ruf exzellenter Fähigkeiten zu erwerben.
    Nelson Agger war genau der Typ Mensch, der ihm helfen konnte. Worin auch immer Aggers Defizite in der internationalen Welt der Nachrichtendienste bestehen mochten, er hatte ein außergewöhnlich scharfes Ohr für interne Informationen seiner Abteilung - wer gerade in Gunst stand und wer nicht, von wem man annahm, dass er in seiner Leistungsfähigkeit nachließ, und wer sich nach allgemeiner Ansicht auf dem aufsteigenden Ast befand. Ein Tribut an sein politisches Geschick war, dass er zu einer Art Klatschbörse geworden war, ohne dass er selbst je in den Ruf geraten war, Klatsch zu verbreiten. Nelson Agger war der Mann, der Licht ins Dunkel bringen konnte, wenn überhaupt jemand dazu im Stande war. Im Sektor Athen geschah nichts, ohne dass die kleine, eng koordinierte CIA-Station davon erfuhr.
    Janson saß im hinteren Bereich eines Cafes an der Vassilissis Sophias, gegenüber der amerikanischen Botschaft, nippte immer wieder an dem starken, süßen Kaffee, den die Athener so schätzten, und rief die Zentrale der Station über sein Dreiband-Handy an.
    »Handelsprotokolle«, meldete sich eine Stimme, »Mr. Agger, bitte.«
    Ein paar Sekunden, in denen es dreimal klickte; der Anruf würde mitgeschnitten und

Weitere Kostenlose Bücher