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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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entdeckt. Überhaupt nichts. Keinerlei Beweise.
    »Haben Sie Pasternak gelesen?«, fragte Elizabeth mich.
    »Was halten Sie von Edward Hopper?«, fragte Richard.
    »Finden Sie, dass das M16 durch ein verbessertes Modell ersetzt werden sollte?«, fragte Beck.
    Ich tauchte wieder aus meinen Gedanken auf. Alle drei sahen mich an. Als sehnten sie sich danach, mit jemandem zu reden. Als wären sie einsam. Ich hörte auf die Brandung, die gegen die Felsen toste, und verstand, weshalb sie so fühlten. Sie lebten hier draußen in sehr großer, wenn auch selbst gewählter Einsamkeit. Mir hätte sie nichts ausgemacht, denn mich störte es nicht, drei Wochen lang kein Wort zu reden.
    »Ich habe Doktor Schiwago im Kino gesehen«, sagte ich. »Mir gefällt das Gemälde von Hopper mit der Szene im Nachtcafé.«
    »Nachtschwärmer«, verbesserte mich Richard.
    Ich nickte. »Mir gefällt der Typ, der links außen ganz allein sitzt.«
    »Wissen Sie den Namen des Restaurants noch?«
    »Phillies«, antwortete ich. »Und ich halte das M16 für ein erstklassiges Sturmgewehr.«
    »Wirklich?«, fragte Beck.
    »Es leistet, was ein Sturmgewehr leisten sollte. Viel mehr kann man nicht verlangen.«
    »Hopper war ein Genie«, meinte Richard.
    »Pasternak war ein Genie«, sagte Elizabeth. »Leider hat der Film seinen Roman ins Triviale gezogen. Und er ist nicht gut übersetzt worden. Im Vergleich zu ihm wird Solschenizyn überbewertet.«
    »Ich denke, das M16 ist schon ein verbessertes Modell«, sagte Beck.
    »Edward Hopper ist wie Raymond Chandler«, erklärte Richard. »Er hat die Atmosphäre eines bestimmten Orts zu einem bestimmten Zeitpunkt eingefangen. Chandler war natürlich auch ein Genie. Viel besser als Hammett.«
    »Wie Pasternak besser als Solschenizyn ist?«, fragte seine Mutter.
    So ging es endlos weiter. Der vierzehnte Tag, ein Freitag, war fast vorbei, und ich aß abends Roastbeef mit drei dem Untergang geweihten Menschen, die über Bücher, Bilder und Gewehre redeten. Nicht dies, sondern jenes . Ich blendete sie wieder aus, ging zehn Jahre in die Vergangenheit zurück und hörte Sergeant First Class Dominique Kohl zu.
     
    »Er ist ein echter Pentagon-Insider«, erklärte sie mir bei unserer siebten Begegnung. »Lebt ganz in der Nähe in Virginia. Deshalb liegt sein Boot in Baltimore, denke ich.«
    »Wie alt ist er?«, fragte ich.
    »Vierzig«, sagte sie.
    »Haben Sie seine gesamte Akte eingesehen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die ist größtenteils geheim.«
    Ich nickte. Versuchte, mir über die Chronologie klar zu werden. Ein Vierzigjähriger hätte mit achtzehn oder neunzehn noch in den beiden letzten Kriegsjahren als Wehrpflichtiger nach Vietnam geschickt werden können. Aber ein Mann, der es mit unter vierzig Jahren zum Oberstleutnant brachte, hatte bestimmt studiert, vielleicht sogar promoviert, und war deswegen zurückgestellt worden. Also war er vermutlich nicht in Indochina gewesen, was seine Beförderung normalerweise hätte verzögern müssen. Keine blutigen Kriege, keine schrecklichen Krankheiten.
    »Ich weiß, was Sie denken«, sagte Kohl. »Woher kommt’s, dass er schon zwei Dienstgrade über Ihnen steht?«
    »Tatsächlich habe ich Sie mir im Bikini vorgestellt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, erzählen Sie mir keine Märchen.«
    »Er ist acht Jahre älter als ich.«
    »Er hat einen kometenhaften Aufstieg hingelegt.«
    »Vielleicht ist er gescheiter als ich«, sagte ich.
    »Vermutlich«, antwortete sie. »Aber trotzdem hat er’s erstaunlich schnell erstaunlich weit gebracht.«
    Ich nickte.
    »Klasse«, sagte ich. »Wir sollen uns also mit einem echten Star aus dem Geheimdienstbereich anlegen.«
    »Er hat jede Menge Kontakte zu Ausländern«, sagte sie. »Ich habe ihn mit allen möglichen Leuten gesehen. Israelis, Libanesen, Irakern, Syrern.«
    »Das muss er wohl«, erwiderte ich. »Er ist Nahostspezialist.«
    »Er stammt aus Kalifornien«, sagte sie. »Sein Vater war Eisenbahnarbeiter, seine Mutter Hausfrau. Die Familie hat in einem kleinen Haus in Nordkalifornien gewohnt. Er hat es geerbt, und es ist sein einziger Besitz. Und wir können davon ausgehen, dass er seit dem Studium von seinem Offiziersgehalt gelebt hat.«
    »Okay«, sagte ich.
    »Er besitzt kein eigenes Vermögen, Reacher. Wie kommt’s also, dass er sich in Virginia ein großes Haus mieten kann und eine Jacht besitzt?«
    »Ist’s eine Jacht?«
    »Er hat ein großes Segelboot mit Kajüten. Das ist doch eine Jacht,

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